Unternehmen im Zweifel bei New Work – sollte mit KI oder agil gesteuert werden?
Künstliche Intelligenz wird immer besser. Doch im Arbeitsalltag könnte agiles Arbeiten überlegen sein. Ist menschliche Arbeit wirklich ersetzbar?
Neue Produkte liefern besseren Service – das ist das Credo der Tech-Konzerne. Es überrascht deshalb nicht, wenn die neueste Version von ChatGPT entsprechend angekündigt wird.
GPT-4o: Ein nächster Schritt in der KI-Technologie
GPT-4o als neuer Sprachassistent höre genauer zu und antworte viel schneller als bisherige Angebote. Dies bringe fortgeschrittene künstliche Intelligenz (KI) zu Jedem, kündigt Mira Murati, Technikchefin des US-Unternehmens OpenAI an. "Microsoft, Meta, Google, Amazon – die großen Internetkonzerne liefern sich ein Wettrennen um die besten KI-Modelle", meldet die Wirtschaftswoche.
Die Digitalisierung eröffne Industrieunternehmen neue Möglichkeiten, "die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern", erklärt der Softwareanbieter Fabasoft Approve: "Durch den Einsatz von KI werden vielschichtige Prozesse automatisiert, was zu einer Steigerung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen führt".
Kritische Stimmen zur KI-Entwicklung
Es häufen sich aber auch kritische Stimmen zur KI-Entwicklung. "Genauso schnell wie der Hype sich aufgebaut hat, ist bei einigen das Pendel umgeschwungen", fragt Kacper Potega, Senior Vice President Product & UX beim Job-Netzwerk Xing. KI könne Arbeit "aber effizienter machen. Nicht als Ersatz, sondern als Begleiter", so der Technik-Experte.
Ein IT-Unternehmen stellt die Frage, ob menschliche Arbeit durch KI ersetzbar ist oder Menschen durch agile Interaktion und Kommunikation der Technik überlegen sind. "Wir erleben derzeit einen Wettbewerb zwischen Unternehmen, Regierungen und sogar Kontinenten, welche Branchen und Anwendungen den größten praktischen Nutzen aus der Nutzung von KI ziehen können", so Lasse Girs, KI-Spezialist bei der IT-Beratungsfirma Solita.
In einem realen Kundenprojekt arbeiten zwei unabhängige Teams mit verschiedenen Mitteln an derselben digitalen Lösung. So soll der KI-Einsatz in verschiedenen Phasen der Softwareentwicklung erforscht werden. "Unser Gen AI Twin-Projekt ist selbst auf globaler Ebene eine Seltenheit, und wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Bei der Einführung neuer Modelle und KI-Tools wird es zweifelsohne sowohl Durchbrüche als auch Enttäuschungen geben", ergänzt Girs.
Agile Steuerung als Herausforderung für Beschäftigte
Projekte werden zunehmend über agile Teams organisiert. Das Konzept der Agilität umfasst kurze, überschaubare Planungs- und Umsetzungszyklen. Damit soll eine schnelle Anpassung auf veränderte Rahmenbedingungen möglich sein. Für die Belegschaften ist dies eine Herausforderung. Fehler sollen bereits im Frühstadium korrigiert werden.
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Die Methode "Kanaban" findet bei vielen dieser Teams Anwendung, denn sie kann als erster Schritt in die Agilität eingesetzt werden. Kanban kann mit "Signalkarte" übersetzt werden. Ein Prozess soll in kleinen Schritten verändert werden. Die Logik dabei: Indem viele kleine Änderungen durchgeführt werden, statt einer großen, soll das Risiko für jede einzelne Maßnahme reduziert werden. Kanban lässt sich deshalb einfach einführen und basiert auf den Eckpunkten "Visualisieren, Messen, Optimieren":
Bei der Einführung von Kanban werden bestehende Prozesse und Probleme visualisiert. Das "Kanban Board" ist das Herzstück, etwa ein Whiteboard mit Karteikarten. Jede Karte auf dem Board repräsentiert dabei eine Aufgabe.
Wichtig ist dabei, die Arbeitsmenge zu begrenzen, weshalb die Anzahl der Aufgaben, hier Tickets genannt, begrenzt ist. Bottlenecks sind Stellen, an denen sich viele Tickets stauen, weil etwa Abstimmungen eine Weiterbearbeitung verzögern. Das Team klärt, wie etwas verbessert werden kann und welche Zusagen etwa Kunden gemacht werden können.
Einen vorgegebenen Weg, eine Beschreibung einzelner Projektschritte im Vorfeld durch das Management gibt es nicht. Der Druck, diesen "Weg" zu finden, lastet auf dem Projektteam. Es herrscht für alle Beteiligte Zeitdruck, den dem Kunden gegenüber wurden Zusagen gemacht, das Management setzt Termine.
Das Schätzdilemma und der Druck auf agile Teams
Für die Teammitglieder offenbart sich ein "Schätzdilemma": Enormer Druck entsteht wegen der hohen Transparenzanforderungen. Denn im Planungsstadium müssen die Programmierer ihre Arbeitsweise offenlegen. Vor allem die Einschätzung, wie viel Zeit für einzelne Programmierschritte benötigt wird, belastet viele Beschäftigte.
Wichtig bei agilen Projektteams ist ein iterativ-inkrementeller Prozess mit kurzen Rückkopplungsschleifen:
- Iteration beschreibt einen Prozess mehrfachen Wiederholens gleicher oder ähnlicher Handlungen. Der Begriff stammt vom lateinischen Wort "iterare": "wiederholen".
- Bei einem inkrementellen Prozess wird Software in Einzelteilen entwickelt, lateinisch "incrementare" bedeutet "vergrößern".
Der Druck in agilen Teams auf einzelne, vielleicht schwächere Beschäftigte kann erheblich sein. Für manche scheint die Alternative zum Personalabbau per KI ein Arbeiten unter erheblichem Zeitdruck sein.
KI erleichtert das Anfangen
Der Vorteil von KI sei klar, denn sie erleichtert das Anfangen, so Kacper Potega. "Diese Erkenntnis wenden mittlerweile viele Unternehmen in ihrer Produktentwicklung an". Die Technik erstelle erste Texte, Zahlenreihen oder Präsentationen, die der Mensch dann überarbeite oder weiterführe. Iterieren sei einfacher als Anfangen, begründet er.
So können bei Xing Recruiter Nachrichten an Kandidaten per KI erstellen lassen. Diese Information werde aber nicht so verschickt, sondern sie überarbeite der Verantwortliche, um Fehler zu vermeiden und seinen eigenen Stil einzubringen. "Die KI lernt auf diese Weise die Vorlieben des Recruiters kennen. So wird jede darauffolgende generierte Nachricht ein Stückchen besser", beschreibt Potega die Vorteile.