Veganer Käse im Test: Zu viel Salz, zu viel Mineralöl
Veganer Käse liegt im Trend – doch ein aktueller Test zeigt Probleme. Zwölf Sorten wurden im Labor untersucht. Das Ergebnis: Mehrere Produkte enthalten krebserregende Stoffe.
Zu fett, zu salzig, zu sehr mit Mineralöl belastet – das ist das Ergebnis eines aktuellen Labortests von Ökotest von veganem Käse. Das beauftragte Labor untersuchte zwölf Sorten vegane Käse in Scheiben von Edeka, Rewe & Co. auf bedenkliche Inhaltsstoffe.
Daneben wurden Geruch, Geschmack, Aussehen und Konsistenz untersucht. Kein Produkt erhielt die Bestnote, einige fielen sogar durch. Immerhin schnitten fünf Käse mit "gut" ab und sind damit empfehlenswert.
Ganze viermal wies das Labor aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach. Bei drei Produkten lag der gemessene Wert sogar über dem von der EU vorgeschlagenen Höchstgehalt für Lebensmittel mit höherem Fettanteil.
MOAH können krebserregende Verbindungen enthalten. Noch häufiger fand das Labor gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe. Als Eintragsquelle vermutet Ökotest in der Produktion eingesetzte Schmieröle. Hier sieht es die Hersteller in der Verantwortung, derartige Eintragsquellen auszuschließen.
Immer wieder werden in Produkten mit viel Fett erhöhte Mineralölbestandteile festgestellt. Die Befunde in dem Käse-Test waren daher nicht überraschend. Doch Mineralöl hat nichts in Lebensmitteln zu suchen. Die Stoffe können sich im menschlichen Fettgewebe, der Leber, Milz und den Lymphknoten anreichern und dort eventuell Organe schädigen.
Fast alle veganen Käse im Test waren zu salzig. In Finnland muss Käse ab einem Gehalt von 1,4 Prozent Salz einen Hinweis tragen, der Verbraucher vor dem hohen Salzgehalt warnt. An dieser Regel orientiert sich Ökotest und verteilt Minuspunkte, sobald der Salzgehalt den finnischen Wert überschreitet. Allerdings unterscheiden sich die Salzgehalte im Test teilweise sehr stark.
Ersatzkäse wird industriell verarbeitet
Bei herkömmlichem Käse gerinnt Milcheiweiß durch Milchsäurebakterien oder Labenzyme, wobei sich die festen Bestandteile von den flüssigen absetzen. Bei den pflanzlichen Alternativen hingegen entsteht die feste Konsistenz der Produkte durch Stärke oder Verdickungsmittel.
Aromen erzeugen den Geschmack. Bis zum fertigen Produkt ist ein höherer industrieller Verarbeitungsprozess notwendig. Weich- und Frischkäse-Alternativen durchlaufen einen Fermentationsprozess und eine Reifung ähnlich wie bei herkömmlichem Käse. Hier werden meist weniger Zusatzstoffe benötigt.
Aromen sollen echten Käsegeschmack erzeugen
Im Vergleich zu herkömmlichem Käse enthalten vegane Käse vergleichsweise wenig Protein und Calcium. Um die feste Konsistenz zu erreichen, wird in der Regel Stärke mit Fett gemischt. In oben genanntem Test zum Beispiel waren die Hauptbestandteile Kokosöl, Wasser und Stärke – nichts was nach Käse schmeckt.
Um an den echten Käsegeschmack heranzukommen, setzen die meisten Hersteller Aromen ein. Und überzeugen die veganen Käse im Test denn in Geschmack, Aussehen, Geruch und Konsistenz?
Kaum wertvolle Inhaltsstoffe
Käse-Ersatzprodukte bestehen vorwiegend aus Wasser, Kokosöl oder -fett sowie Stärke. Einige enthalten außerdem Nüsse, Hülsenfrüchte, Gemüse oder Reis. Viele Produkte sind aromatisiert. Dafür enthalten sie nur sehr wenig Protein und kaum Calcium. 2023 nahm die Verbraucherzentrale Hamburg im Rahmen einer Stichprobe 17 Produkte unter die Lupe und verglich sie mit Käseprodukten aus Milch.
Bei dreizehn von 17 überprüften Produkten wurde Kokosöl verwendet. Bei vier Produkten wurden Nüsse und bei zwei Kichererbsen zubereitet. Jeweils einmal bildeten Reis, Blumenkohl und Palmöl, Rapsöl und Stärke sowie Kokosöl und Nuss die Grundlage für den pflanzlichen Käseersatz.
Bei Nusszubereitungen wird gern versucht, den geringen Anteil an Nüssen zu kaschieren. So stecken in den 53 Prozent Walnusserzeugnis nur zwei Prozent Walnüsse. Damit steckt nur ein Gramm Walnüsse in 100 Gramm Käseersatz.
Dafür kamen zwei Produkte sogar ganz ohne Zusatzstoffe aus: "Italienische Kräuter" von Dr. Mannah’s und "Vega Lecker Mozzalina" von Rücker. Die pflanzlichen Alternativen sind stets teurer als der günstigste normale No-Name-Käse, bleiben aber preislich häufig unter Marken-Käse.
Veganer Käse punktet mit Öko-Bilanz und Tierwohl
Aus dem aktuellen Ernährungsreport der Bundesregierung geht hervor, dass etwas mehr als die Hälfte der Befragten mindestens einmal vegetarische und vegane Alternativprodukte gekauft haben. 39 Prozent der Befragten kaufen sie sogar öfter. Deren Anteil ist in den vergangenen fünf Jahren um zehn Prozentpunkte gestiegen.
Die Gründe: Aus Neugier, weil "es eben schmeckt", aus "Tierschutzgründen" oder weil es "gut für Klima oder Umwelt" ist. Tatsächlich schneidet veganer Käse auf Kokosölbasis im Hinblick auf seine Klimabilanz besser ab als herkömmlicher Käse, glaubt man einer Untersuchung des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg.
Je kürzer die Liste der Zutaten, umso besser
Beim Kauf lohnt sich in jedem Fall ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Die Zutatenliste sollte keine synthetischen Zusatzstoffe enthalten. Am besten sollte der Vegan-Käse mit einem Bio-Siegel zertifiziert sein. Übrigens dürfen Hersteller von veganem Käse ihr Produkt nicht "veganer Käse" nennen. Denn laut einer EU-Verordnung ist das Wort Milch auf Produktverpackungen ausschließlich der Milch vorbehalten, die aus den Eutern eines Tieres gemolken wird.
Nur Käse, der aus dieser Milch hergestellt wird, darf so heißen. Ausnahmen gelten für Produkte, deren Art aufgrund ihrer traditionellen Verwendung genau bekannt ist oder wenn die Bezeichnung eindeutig eine Eigenschaft beschreibt – wie bei Kokosmilch. Dementsprechend hießen die oben getesteten Produkte auch "Genießerscheiben" oder "Natur Scheiben".
Ersatzkäse aus dem Gentech-Labor
Der Grad der industriellen Verarbeitung lässt sich bei Ersatzkäse weiter steigern. Etwa mit Käse aus künstlich hergestellten Proteinen, der den Ersatzkäse-Markt revolutionieren soll und von einem Start-up namens Formo 2019 erstmalig auf den Markt gebracht wurde.
Die Grundidee ist es, Proteine aus Mikroorganismen herzustellen, die dieselbe DNA tragen wie das Milchprotein. Bei der Präzisionsfermentation handelt es sich – ähnlich wie bei der Bierherstellung – um einen Stoffwechselprozess. Dabei werden Mikroorganismen mit einer pflanzlichen Nährlösung gefüttert.
Das Formo-Team nahm den Pilz Koji, gab diesem Zucker und andere Mineralstoffe, pflanzte ihnen per Gentechnik die in Kuh-DNS enthaltenen Baupläne für das Protein Kasein ein – und die Organismen produzierten los. Was am Ende in Pulverform im Käse landet, sei schlicht naturidentisches Milcheiweiß.
Doch damit ist es nicht getan. Denn Milch hat noch weitere Bestandteile, etwa Fette. Die müsse man durch pflanzliche Stoffe ersetzen, was nicht ganz so einfach sei, räumt Produktentwicklerin Jo-Anne Petri ein.
Für viele Käsesorten eignet sich das Protein nicht
Feta, Frischkäse, Blauschimmel- und Weißschimmelkäse kann das Unternehmen auf diese Weise produzieren. Was es nicht produzieren kann, ist Käse, der bei Hitze schmilzt und Fäden zieht, denn der muss aus dem Milchprotein Kasein gemacht sein. Doch auch das werde man bald herstellen können, geben sich die Biotechnologen zuversichtlich.
Bis zu 97 Prozent Kohlendioxid meinen die Produktentwickler einzusparen – im Vergleich zur Herstellung von Tierkäse. Auch werde bis zu 90 Prozent weniger Wasser verbraucht, Land werde kaum genutzt – und Tiere gar nicht.
Obendrein soll sich das Laborprodukt in Aussehen, Geschmack und Substanz von seinem Vorbild, dem traditionell hergestellten Käse, nicht wesentlich unterscheiden. Und nicht zuletzt soll der Ersatz-Käse von Formo "für alle erschwinglich" und "nachhaltig" sein.
Dabei drängen sich Fragen auf. Etwa: Wenn Käse immer künstlicher wird – wie gesund ist das für den Menschen und wie nachhaltig ist das tatsächlich für die Natur? Was wird aus dem Berufsstand des Käsers (etwa in der Schweiz) und den traditionellen – regional sehr unterschiedlichen – Rezepturen?
Doch letztlich werden wohl die Konsumenten entscheiden, ob sich der gentechnisch hergestellte Käse durchsetzen wird.