Veggie-Streit: Kuhmilch oder Haferdrink – was ist besser fürs Klima?

Optisch kaum zu unterscheiden: Kuhmilch und Haferdrink. Symbolbild: Ekaterina Ershova auf Pixabay (Public Domain)

Klimawandel, knappe Flächen, wachsende Weltbevölkerung sind Gründe dafür, warum sich die Ernährungssituation weltweit zuspitzt. Ist vor diesem Szenario die Haltung von Nutztieren noch zu rechtfertigen?

Fleischproduktion schadet dem Klima. Zu diesem Schluss kommt eine jüngere Studie des WWF Dem zufolge entfällt rund ein Viertel des Klimafußabdrucks einer durchschnittlichen Person in Deutschland auf ihre Ernährung. Tierische Produkte – vor allem Fleisch – haben daran einen Anteil von fast 70 Prozent. Am klimaschädlichsten ist Rindfleisch, aber auch Milchprodukte schlagen stärker zu Buche als die meisten pflanzlichen Lebensmittel wie zum Beispiel Kartoffeln, Tofu, Gurken, Tomaten, Spinat, Karotten und Zwiebeln.

Bei vegetarischer Ernährung würde sich unser Flächenbedarf um 46 Prozent reduzieren, bei veganer Ernährung sogar um die Hälfte, bei einer "flexitarischen" Ernährung immerhin um 18 Prozent. Analog dazu nähmen auch die ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen deutlich ab.

Eine vegane Ernährung würde etwa um die Hälfte der CO2-Äquvalente gegenüber der normalen Ernährung einsparen. Dies hätte denselben Effekt, als würde man ein Auto ein halbes Jahr lang stehen lassen. Verfüttert man zehn Eimer voll Futter an Nutztiere, so erhält man dafür etwa neun Eimer voll mit Gülle, viel Körperwärme und Klimagase – und nur eine relativ kleine Menge des gewünschten Tierproduktes, rechnet das Vegane Portal Vegpool.de vor. Vegane Ernährung hingegen nutzt die Ressourcen direkt.

Inwieweit sich die Tierhaltung auf das Klima auswirkt, darin gehen die Meinungen allerdings auseinander. Der Klimawandel falle mit der Industrialisierung und nicht mit den Methan-Ausstößen der Tierhaltung zusammen, erklärt etwa Prof. Wilhelm Windisch, Tierernährungsexperte an der Technischen Universität München.

So entfallen rund sechs Prozent des jährlichen Gesamtausstoßes an CO2-Äquivalenten auf Methan, davon rund zwei Prozent auf den Verkehr bzw. die Abfallwirtschaft. Vier Prozent gehen auf die Landwirtschaft zurück: Die eine Hälfte stammt aus dem Pflanzenanbau, die andere aus der Nutztierhaltung inklusive Güllelagerung.

Würde man alle Nutztiere abschaffen, sei der Effekt für die Umwelt so klein, dass er kaum messbar wäre, ist der Wissenschaftler überzeugt. Allerdings: Der Anbau von Tierfutter verbraucht gigantische Flächen. So werden, um Futteranbauflächen zu gewinnen, ökologisch wertvolle Regenwälder vernichtet und das globale Artensterben beschleunigt. Statt auf Ackerflächen Getreide für Tiere anzubauen, könnten dort direkt Lebensmittel kultiviert werden.

Zudem fallen in industriellen Tierhaltungen oft derartig große Güllemengen an, dass sie in andere Regionen gekarrt werden, um dort die Felder zu düngen – auch Gülletourismus genannt. Inzwischen jedoch wird Gülle, bedingt durch die Verknappung und Verteuerung der Düngemittel, wieder neu bewertet.

Inwieweit konkurrieren Menschen und Nutztiere um Flächen und Nahrung?

Nutztiere sind Nahrungskonkurrenten des Menschen, denn Getreide wird auch als Kraftfutter an Rinder und Schweine verfüttert. Zudem werden Futterpflanzen wie Mais oder Leguminosen auf Äckern kultiviert, die dann der Produktion menschlicher Nahrung nicht mehr zur Verfügung stehen.

So weit, so bekannt und so einleuchtend. Doch was geschieht, wenn die Wiederkäuer Gras fressen? Dann wandeln sie für den Menschen nicht nutzbare Nährstoffe in Nahrungsmittel um. In diesem Fall entfällt die Konkurrenz zwischen menschlicher und tierischer Ernährung. Wissenschaftler der Agroscope und der Berner Fachhochschule HAFL untersuchten im Rahmen eines Forschungsprojektes Flächen- und Nahrungsmittelkonkurrenz in der Milchproduktion.

Sie bestimmten die so genannte Feed-Food-Competition mit den beiden Indikatoren Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz:

• Nahrungsmittelkonkurrenz zeigt auf, welchen Beitrag die Milchproduktion zur Ernährung des Menschen leistet - im Vergleich zu den eingesetzten Futtermitteln, die den Menschen auch als Nahrung dienen könnten.

• Flächenkonkurrenz weist darauf hin, welchen Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung ein Anbau von Kulturen für die menschliche Ernährung im Vergleich zur Milchproduktion auf den genutzten Flächen leisten könnte.

Die untersuchten Betriebe produzierten mehr Energie und Protein in Form von Milch und Fleisch für die menschliche Ernährung als in den eingesetzten Futtermitteln für den Menschen nutzbar gewesen wäre. In der Summe war die Nahrungsmittelkonkurrenz deutlich geringer als die Flächenkonkurrenz. Mit einem verringerten Kraftfuttereinsatz bzw. das Verfüttern von Nebenprodukten wie Rapsextraktionsschrot, Futterkartoffeln oder Biertreber lässt sich die Nahrungsmittelkonkurrenz senken, schlussfolgern die Autoren.

Ganz anders bei der Flächenkonkurrenz: Auf ackerfähigen Flächen ließe sich deutlich mehr Energie und Protein produzieren, wenn Nahrungsmittel angebaut würden. Die Wissenschaftler empfehlen daher Futterbau auf ackerfähigen Parzellen zu vermeiden.

Hier kommt es vor allem auf den Standort an: In Hanglagen, wo Ackerbau nicht möglich ist, konkurrieren Flächen kaum miteinander. Durch gesteigerte Futterverwertung und eine längere Nutzungsdauer der Kühe hingegen lässt sich Flächenkonkurrenz vermindern.