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Vereinte Nationen rufen zum Schutz der Ozeane auf

Larsen-C-Schelfeis bricht. Bild: Nasa

Die Energie- und Klimawochenschau: Deutsche Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz, Ozeane im Klimawandel und ein bevorstehender Eisabbruch in der Antarktis

Während die weltweite Empörung über Donald Trumps Absage an den Klimaschutz groß ist und Bundeskanzlerin Angela Merkel behauptet, Trumps Entscheidung werde den Klimaschutz nicht aufhalten, hat das Umweltbundesamt die ernüchternden Fakten auf den Tisch gelegt.

Laut dem aktuellen Umweltbericht [1] ist es mit dem deutschen Klimaschutz nämlich nicht allzuweit her. Das ist keine Überraschung und zeigt, dass auch in den letzten Jahren wenig unternommen wurde, um die Klimaziele für 2020 noch einzuhalten. Aktuell hat Deutschland rund 28 Prozent seines Emissionsminderungsziels von insgesamt 40 Prozent bis 2020 erreicht, es bleiben aber nur gut drei Jahre für die restlichen 12 Prozent.

Auch beim Energiesparziel gibt es erhebliche Diskrepanzen: Seit 2008 ist der Primärenergieverbrauch jährlich im Schnitt um 0,9 Prozent gesunken, sollte aber eigentlich um 3,7 Prozent zurückgehen. Eine geplante Energieeffizienzsteigerung von 2,1 Prozent pro Jahr wird bei erreichten 1,3 Prozent ebenfalls verfehlt. Im Verkehrssektor hat es seit 1990 keine Emissionsminderungen gegeben, der Endenergieverbrauch stagniert auf hohem Niveau.

"Der Verkehrssektor liegt nach neuesten Berechnungen sogar leicht über dem Niveau von 1990. Die Effizienzsteigerungen bei Fahrzeugen sind durch den Trend zu größeren Fahrzeugen und das Verkehrswachstum auf der Straße verpufft", so die Präsidentin des Umweltbundesamts Maria Krautzberger. Das UBA bemängelt außerdem gesundheitliche Belastungen durch Feinstaub und Stickoxide.

Berliner Kreis der CDU gegen EEG und für Kohle und staatliche Deregulierung

Aufwind spüren hierzulande scheinbar die Klimawandelleugner. Der Berliner Kreis der CDU forderte in der vergangenen Woche, die Treibhausgasemissionen nicht länger zu begrenzen und sich stattdessen an die Klimaveränderung anzupassen. Das Papier mit dem Titel "Klima- und energiepolitische Forderungen" [2] wurde vergangenen Dienstag veröffentlicht. Es finden sich darin die althergebrachten Argumente, dass der Klimawandel nicht ausschließlich und klar erwiesen auf menschengemachte Treibhausgasemissionen zurückgeführt werden könne. Anstatt ein Mehr an Klimaforschung zu fordern, um den Zusammenhang besser zu verstehen, möchte der Berliner Kreis hingegen die Arbeit des Weltklimarats IPCC reduzieren, Berichte sollten nur noch alle zehn Jahre vorgelegt werden und die Aktivitäten auf eine "wissenschaftliche Politikberatung" beschränkt werden.

Der Vorwurf, die jetzige Arbeit des IPCC sei zu sehr politisiert, wird mit in dem Papier nicht näher genannten Fehlern des Klimarats begründet. Damit dürfte wahrscheinlich eine alte Debatte gemeint sein, die sich auf einen falschen Wert [3] im Vierten Sachstandsbericht aus dem Jahr 2007 bezieht, der längst korrigiert wurde.

Bezogen auf die deutsche Klimapolitik folgt der Berliner Kreis der etwas widersprüchlichen Argumentation, dass der menschengemachte Klimawandel zwar nicht stattfindet, dass andererseits eine Emissionsminderung entsprechend des Zwei-Grad-Ziels sowieso nicht zu erreichen sei und man deshalb eine Politik der Anpassung und nicht der Abmilderung des Klimawandels betreiben solle. Noch dazu werden positive Aspekte der Erderwärmung angeführt, etwa eine eisfreie Nordpassage inklusive neuer Fischfangmöglichkeiten und neuer Möglichkeiten des Rohstoffabbaus. (Dass die Fischpopulation der Meere unter anderem aufgrund des Klimawandels rückläufig ist, bleibt an dieser Stelle unberücksichtigt.)

In einer am 5. Juni erfolgten Richtigstellung zu den aktuellen Presseberichten über das Papier will sich der Berliner Kreis allerdings nicht als Klimawandelleugner verstanden wissen: "In dem Papier wird weder bezweifelt, dass es Klimawandel gibt, noch, dass der Mensch daran Anteile hat. Und erst Recht nicht fordern wir ein Ende von Klimaschutz. Im Gegenteil, wir sind für Klima- und Umweltschutz und europäische und globale Anstrengungen."

Die konkreten Forderungen lauten allerdings ungefähr folgendermaßen: Abschaffung des EEG, Fortführung konventioneller Energieerzeugung aus Kohle und Gas und eine weitgehende staatliche Deregulierung, dafür "mehr soziale Marktwirtschaft". Wie diese aussehen soll, wird nicht ausgeführt, es wird lediglich ein globaler Preis oder eine Besteuerung von CO2-Emissionen vorgeschlagen, wozu ebenfalls kein genaueres Konzept vorgelegt wird.

Karibikstaaten forschen gemeinsam zum Klimawandel

Zynisch müssen solche Diskussionen, ob es einen Klimawandel gibt und ob er nicht auch seine guten Seiten hat, unter anderem für die Bewohner der Karibik klingen, die schon jetzt massiv vom Klimawandel betroffen sind. Der Regionale Fischereimechanismus der Karibik CRFM arbeitet derzeit an einem Klimabericht, der Ende des Jahres veröffentlicht werden soll. Insbesondere geht es um Strategien für den Fischereisektor.

Doch der Klimawandel bedroht nicht nur den Fischfang, der neben dem Tourismus eine wichtige Lebensgrundlage der Menschen in der Karibik ist, sondern letztlich die Bewohnbarkeit von Inseln und Küstengebieten. Die Temperaturen an der Meeresoberfläche könnten in dieser Region bis 2080 um zwei bis drei Grad (gegenüber 1976 - 2005) steigen. Heizt sich die Meeresoberfläche stärker auf, kann das zu heftigeren Wirbelstürmen sowie zu häufigeren Korallenbleichen führen. Starke Stürme schädigen die Korallenriffe zusätzlich und damit ginge wiederum Lebensraum von Fischen sowie eine wichtige Barriere im Küstenschutz verloren. Schon jetzt erodieren zwei Drittel der Strände in der Karibik mit Verlustraten von 0,25 bis 9 Meter pro Jahr.

An der Anpassung an den Klimawandel führt für diese Staaten schon heute kein Weg vorbei. Dazu gehört beispielsweise der Schutz der Küsten durch die Erhaltung natürlicher Barrieren [4] wie Mangroven, Salzmarschen und Korallenriffe.

Um den Schutz von marinen und Küstenökosystemen geht es unter anderem auch bei der UN-Ozeankonferenz, die diese Woche in New York stattfindet. Kernfrage ist, wie das Nachhaltigkeitsziel 14 - also der Erhalt und die nachhaltige Nutzung der Ozeane und marinen Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung - implementiert werden kann. Ergebnis der Konferenz soll ein gemeinschaftlicher Aufruf zum Handeln sein. Ein Entwurf [5] lässt sich bereits auf den Seiten der UN einsehen Darin heißt es bezogen auf den Klimawandel und den Handlungsbedarf: "We are particularly alarmed by the adverse impacts of climate change on the ocean, including the rise in ocean temperatures, ocean and coastal acidification, deoxygenation, sea-level rise, the decrease in polar ice coverage, coastal erosion and extreme weather events. We acknowledge the need to address the adverse impacts that impair the crucial ability of the ocean to act as climate regulator, source of marine biodiversity, and as key provider of food and nutrition, tourism and ecosystem services, and as an engine for sustainable economic development and growth. We recognise, in this regard, the particular importance of the Paris Agreement adopted under the UN Framework Convention on Climate Change."

Als Gegenmaßnahme ist die Staatengemeinschaft gefordert, Abmilderungs- und Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Widerstandsfähigkeit gegen Ozeanversauerung, Meeresspiegelanstieg und steigende Meerestemperaturen zu verbessern. Dazu gehört es, die Zerstörung von Kohlenstoff speichernden Meeresökosystemen zu verhindern. Begleitet wird die Konferenz von freiwilligen Verpflichtungen zum Schutz der Ozeane. Anders als beim Klimaabkommen werden diese nicht nur von Regierungen, sondern auch von Nichtregierungsorganisationen, Privatunternehmen, akademischen Institutionen und anderen abgegeben.

Larsen-C-Schelfeis kurz vor dem Abbruch. Bild: Nasa

Larsen-C-Schelfeis kurz vor dem Abbruch

Wir hatten an dieser Stelle bereits über den Riss im antarktischen Larsen-C-Schelfeis berichtet [6]. Dieser hat sich zwischen dem 25. und dem 31. Mai erneut sprunghaft um 17 Kilometer verlängert, so dass der potenzielle Eisberg nun nur noch auf einer Länge von 13 Kilometern mit dem übrigen Schelfeis verbunden ist.

Nach Einschätzung [7] der Wissenschaftler des britischen Antarktisforschungsprojekts MIDAs steht das Eis also kurz vor dem Kalben. Glücklicherweise hätte das Ereignis keine direkten Auswirkungen auf den Meeresspiegel. Allerdings ist das Schelfeis eine wichtige Barriere gegen das Abfließen des Inlandeises, mit der Kalbung würden rund 10 Prozent der Schelfeisfläche verloren gehen und sich die Landschaft der antarktischen Halbinsel erheblich verändern.

Der Eisverlust könnte ein erster Schritt zur Destabilisierung von Larsen C sein. Es ist möglich, dass die Schelfeisfläche sich eines Tages wie das benachbarte Larsen-B-Schelfeis im Jahr 2002 komplett auflöst, was wiederum längerfristig zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen könnte. Denn dann würden die Gletscher ungehindert ins Meer abfließen.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3735210

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/daten-zur-umwelt-2017-mehr-engagement-fuer-den
[2] http://www.lengsfeld-mitte.de/lokal_1_1_199_Klima-und-energiepolitische-Forderungen-des-Berliner-Kreises.html
[3] http://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-der-ipcc-hat-das-abschmelzen-der-himalaya-gletscher-uebertrieben
[4] http://www.crfm.int/index.php?option=com_k2&view=item&id=565:caribbean-marine-climate-change-report-card-2017-highlights-threats-to-fisheries&Itemid=179
[5] http://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/15259Final_Draft_Call_for_Action_PGA_Letter.pdf
[6] https://www.heise.de/-3592722.html
[7] http://www.projectmidas.org/blog/another-step-closer/