Vernichtende Kritik an Heizungsgesetz: Schwachstellen und fehlende soziale Sicherheit

Klimaschutz und Soziales werden gegeneinander ausgespielt. Mit der erzielten Einigung sind vor allem Umwelt- und Sozialverbände unzufrieden. Hier ihre Gründe.

Die Ampel-Regierungsparteien haben es zumindest geschafft, dass sich Umweltbewegte und Sozialverbände einig sind – in der Unzufriedenheit mit der erzielten Einigung zum Gebäudeenergiegesetz, das den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen regeln soll.

Nach der 1. Lesung zu der Gesetzesnovelle fordert ein breites Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden deutliche Nachbesserungen an dem Entwurf.

Stand der Dinge: Ursprünglich sollten neu eingebaute Heizungen ab dem kommenden Jahr mit mindestens 65 Erneuerbarer Energie betrieben werden. Das soll nun ab dem 1. Januar 2024 erst mal nur für Neubauten gelten. Für Bestandsbauten gilt eine Übergangsfrist bis 2028 – bis dahin sollen die Kommunen eine Wärmeplanung vorlegen; mit dem Ziel, das Fernwärmenetz auszubauen und auf Erneuerbare umzustellen.

Bestehende Öl- und Gasheizungen bleiben erlaubt und dürfen repariert werden – auch der Einbau neuer Gasheizungen bleibt erlaubt, wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind. Möglich bleibt auch das Heizen mit Holz oder Pellets. Hinzu kommen Ausnahmen für ältere Hauseigentümer und "soziale Härtefälle". Auch eine finanzielle Förderung für den Heizungstausch ist geplant, deren Größenordnung ist allerdings noch nicht geklärt.

Kritik: "weichgespült", aber nicht sozial

Nachdem in der politisch-medialen Debatte wochenlang Klimaschutz und Soziales gegeneinander ausgespielt wurden, kommt nun nach Meinung der Fachverbände beides zu kurz:

"Das Heizungsgesetz ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Es ist weichgespült, wird viel zu spät wirksam und ist in vielen Punkten unklar", urteilte am Donnerstag Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Die getroffenen Vereinbarungen öffnen Tür und Tor für den Weiterbetrieb von Gasheizungen bis 2045. Die FDP wird damit zum parlamentarischen Sprachrohr der Gas-Lobby – Mensch und Umwelt wird das teuer zu stehen kommen.


Olaf Bandt, BUND

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger sieht auch den Freibrief für die weitere Verbrennung von Holz mit Blick auf den Klima- und Biodiversitätsschutz kritisch. Auch sei nicht klar, "wann so viel grüner Wasserstoff verfügbar ist, wie alle hoffen", meint er mit Blick auf "umrüstbare" Heizanlagen. Bei heute noch preiswerten Gasheizungen drohen durch Kostenanstiege bei CO2-Zertifikaten unkalkulierbare Preissteigerungen, gibt er zu bedenken.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, befürchtet zudem, dass wohlhabende Immobilienbesitzer die Kosten der Wärmewende auf Mieterinnen und Mieter abwälzen:

Die Ampel bleibt weiter konkrete Antworten zur sozialen Ausgestaltung schuldig. Für eine soziale Wärmewende braucht es jetzt zügig eine verbindliche Einigung auf einen umfassenden Schutz vor höheren Kosten für die Mieter.


Ulrich Schneider, Paritätischer Gesamtverband

Die Modernisierungsumlage müsse daher grundlegend reformiert werden: "Wer ein Haus besitzt, aber wenig Geld hat, muss zielgerichtet nach Einkommen und Vermögen unterstützt werden", so Schneider.

Kurz-, mittel- und langfristige Existenzängste

"Die Folgen des Klimawandels sind für Menschen mit geringem Einkommen, Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder für Ältere viel stärker als für andere", weiß Michaela Engelmeier, Vorstandschefin des Sozialverbands Deutschland (SoVD). "Wir brauchen einen tiefgreifenden Wandel." Es komme aber auf das "Wie" an.

Die Maßnahmen der Koalition lösen bei vielen Ängste und Sorgen aus. Ängste vor dem Verlust der Wohnung oder des Arbeitsplatzes. Sorgen vor steigenden Preisen und vor dem Verlust der Mobilität auf dem Land wegen des Auslaufens von Autos mit Verbrennermotoren bei schlecht ausgebautem ÖPNV.


Michaela Engelmeier, SoVD

Nötig seien deshalb sozialer Ausgleich und "Sicherheitsgarantien des Staates", damit "alle Menschen am umweltbewussten Leben teilhaben" könnten.

Selbst Grünen-Chefin Ricarda Lang sagt inzwischen, das "Gehänge rund um das Heizungsgesetz" sei "kein Glanzstück" gewesen. Sie sieht daher sogar eine Mitverantwortung der Regierungsparteien für die hohen Umfragewerte der AfD: "Da müssen wir uns auch als Ampel selbst an die eigene Nase fassen", sagte sie am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Im ZDF-"Politbarometer" lag die AfD zuletzt mit 18 Prozent hinter der CDU/CSU (28 Prozent) und der SPD (19 Prozent), aber vor den Grünen (16 Prozent), wie der Sender am Freitag mitteilte.