Veto-Heuchelei: Warum die UN unfähig sind, Gaza- und Ukraine-Krieg zu deeskalieren

Seite 2: USA blockieren israelkritische Resolutionen

Auch Invasionen stören sie offenbar nicht grundsätzlich. Beide äußerten ihre uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung mit der israelischen Regierung, sich "selbst zu verteidigen" – während die israelische Regierung plant, in den Gazastreifen mit seiner Armee einzumarschieren.

Doch Selenskyjs Statement trifft einen wichtigen Punkt: Das System des UN-Sicherheitssystems ist extrem unfair, undemokratisch, unterminiert den Weltfrieden und gehört daher geändert.

15 Länder gehören dem Sicherheitsrat an. Zehn sind rotierende Mitglieder, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gewählt werden und dem Rat für einen Zeitraum von zwei Jahren angehören. Die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sind die sogenannten ständigen Mitglieder.

Wenn eines der ständigen Mitglieder sein Veto gegen eine Resolution einlegt, wird sie nicht angenommen, egal, wie viele Länder dafür stimmen. Das bedeutet, dass die Vetomächte sich selbst sowie ihre Verbündeten und "Schützlinge" immunisieren können vor jeglichen Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats.

Diese Macht wurde in der Vergangenheit auch reichlich genutzt. Seit Anfang der 1970er-Jahre waren die USA führend mit ihren Vetos. Ab 2011 blockte insbesondere Russland Resolutionen zu Syrien und der Ukraine.

Das erste Veto der USA zum Schutz Israels erfolgte 1972. Seitdem haben die USA etwa vier Dutzend weitere israelkritische Resolutionen mit ihrem Veto blockiert.

Das war einmal anders. Im Oktober 1956 legten Großbritannien und Frankreich ihr Veto gegen einen Resolutionsentwurf der Vereinigten Staaten ein, in dem Israel aufgefordert wurde, seinen Angriff auf Ägypten während der Suez-Krise einzustellen. Seit dem Sechstagekrieg Israels 1967 haben sich die USA dann aber uneingeschränkt hinter Israel gestellt und blockieren seitdem jede Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die meisten in der Generalversammlung, die Israel auffordern, internationalem Recht zu folgen.

Heute gibt es einige Initiativen, die Struktur des Sicherheitsrats zu ändern, gar zu demokratisieren. Frankreich und Marokko schlugen vor, dass die fünf Vetomächte ihr Einspruchsrecht in Fällen von Massen-Gräueltaten freiwillig aufgeben sollten.

Aber Reformen hängen am Willen der Vetomächte. Und die werden kaum dazu bereit sein, diese Macht abzugeben, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg als Siegermächte bei Verhandlungen in San Francisco 1945 für sich beanspruchten.

Brasiliens UN-Vertreter sagte nach dem Veto der USA: "Leider war der Rat wieder einmal nicht in der Lage, eine Resolution zum israelisch-palästinensischen Konflikt anzunehmen. Wieder einmal herrschte Schweigen und Untätigkeit. Das ist für niemanden von wirklichem, langfristigem Interesse."