Vietnam 2.0
Von den Verbrechen des Westens in Afghanistan und der Not, die bleibt
Die kopflose Flucht der Nato-Truppen aus Afghanistan und die Not, die sie dort zurücklassen, sind nur das letzte Kapitel einer verheerenden Geschichte, die im Oktober 2001 begonnen hat.
Damals verkündete die US-Regierung, auch unterstützt von der rot-grünen Koalition in Berlin unter dem SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass der Terror des 11. September durch einen Krieg in Afghanistan beantwortet werden sollte. Dabei war keiner der Attentäter Afghane.
Und die damalige Taliban-Regierung bot den USA sogar eine Auslieferung von Osama bin-Laden an - ein Angebot, das die US-Regierung mit unerfüllbaren Forderungen beantwortete.1
Über Saudi-Arabien, das Herkunftsland von 15 der 19 Terroristen, wurde praktisch kein Wort verloren. Im Gegenteil: Mitglieder der Bin-Laden Familie wurden aus den USA in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ausgeflogen, damit sie nicht verhört werden konnten.
Nachdem im Jahr 2016 geschwärzte Teile der Untersuchungskommission zum 11. September freigegeben wurden, stellte sich heraus, dass hochrangige Mitglieder der saudischen US-Botschaft vor den Anschlägen Kontakte zu den Terroristen unterhalten hatten. Konsequenzen? Keine. Es sind ja unsere Verbündeten.
So wurde Afghanistan angegriffen, nachdem bereits das britische Kolonialreich und die Sowjetunion dort nur Leid und Elend gebracht hatten und schließlich geschlagen abziehen mussten.
Im Kalten Krieg hatten die USA und Saudi-Arabien am Hindukusch im großen Stil Islamisten gegen die Sowjetunion unterstützt. Nun wurden die islamistischen Warlords der "Nordallianz" zu den neuen Verbündeten.
Auch Bundeswehr arbeitete mit Warlords
Der Einsatz der Bundeswehr, der die US-Truppen flankierte, wurde in den Mythos gehüllt, es handele sich um eine humanitäre Intervention. Dabei arbeitete die Bundeswehr ebenfalls mit den Warlords Hand in Hand.
Das berichtete zum Beispiel im Gespräch mit Kontext TV der renommierte investigative Journalist Marc Thörner, der damals als einziger deutscher Reporter vor Ort nicht in die Bundeswehr eingebettet war, sondern unabhängig berichtete.
Die Verbrechen, die von der Bundeswehr auf diese Weise gedeckt wurden, und die "Aufstandsbekämpfung aus der kolonialen Mottenkiste" würden, so Thörner, die Bevölkerung immer weiter gegen den Westen aufbringen und den Fundamentalismus stärken. Das Ergebnis sehen wir heute: den Triumph der Taliban im ganzen Land.
Sowohl die US-Truppen als auch die Bundeswehr und anderer Verbündete stützten nicht nur Kriegsverbrecher vor Ort, sondern verübten auch selbst schwere Verbrechen. Keiner der Täter wurde dafür je vor Gericht verurteilt.
Beispiel Kundus: Hier bombardierte die Bundeswehr im September 2009 einen überwiegend zivilen Treck, mit über einhundert Toten und Schwerverletzten, darunter Kinder. Die Verfahren gegen die Hauptverantwortlichen, Oberst Georg Klein und Verteidigungsminister Jung (CDU), endeten mit Freisprüchen.
2010 veröffentlichte Wikileaks 76.000 bis dahin geheime Dokumente über den Krieg, die Hinweise auf Hunderte weitere Kriegsverbrechen enthielten.
Doch statt diesen Verbrechen nachzugehen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, wurde der Bote, Julian Assange, verfolgt. Heute sitzt er, lebensgefährlich erkrankt, in einem britischen Untersuchungsgefängnis und muss fürchten, an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm lebenslange Haft unter unmenschlichen Bedingungen droht.
Der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, kam nach eingehender Untersuchung des Falles zu dem Schluss, dass Assange von westlichen Regierungen systematisch gefoltert worden sei und weiterhin gefoltert wird.
Die großen Medien, die mit den Leaks ihres Journalistenkollegen viel Aufmerksamkeit ernteten und Geld verdienten, haben ihn inzwischen weitgehend fallengelassen. Und damit auch die Verteidigung der Pressefreiheit, die gerade bei Fragen von Krieg und Frieden so entscheidend ist.
Der Journalist gefoltert und die Kriegsverbrecher auf freiem Fuß. So sehen die westlichen Werte in der Praxis aus.
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