Von Pjöngjang an die Front: Sind nordkoreanische Soldaten am Ukraine-Krieg beteiligt?
Nordkorea und Russland vertiefen militärische Kooperation. Berichte über nordkoreanische Truppen in der Ukraine verdichten sich. Was steckt dahinter?
Die Berichte über den Einsatz nordkoreanischer Soldaten an der Seite russischer Truppen in der Ukraine verdichten sich. Wie CNN berichtet, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 14. Oktober unter Berufung auf Informationen des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Russland plane, Nordkorea direkt in den umfassenden Krieg gegen die Ukraine einzubeziehen.
Dabei gehe es nicht nur um den Transfer von Waffen, sondern auch um die Verstärkung russische Einheiten durch nordkoreanische Truppenverbände, so Selenskyj.
Was sicher bekannt ist
Sowohl Moskau als auch Pjöngjang haben ihren Willen zur Verstärkung der militärischen Kooperation öffentlich bekundet. Am 19. Juni unterzeichneten der russische Präsident Wladimir Putin und der nordkoreanische Anführer Kim Jong-un ein strategisches Verteidigungsabkommen.
Lesen Sie auch
Im Rahmen dieses Bündnisses kündigte das nordkoreanische Militär an, dass eine Ingenieureinheit im folgenden Monat den russischen Streitkräften im Gebiet Donezk beitreten würde. Bislang gibt es jedoch keine Bild- oder Videobeweise, die belegen, dass dies tatsächlich erfolgt ist. Auch ist unklar, ob die angeblich getöteten sechs nordkoreanischen Offiziere Teil dieser Einheit waren.
Sind nordkoreanische Offiziere in der Ukraine gefallen?
Die Berichte über den Tod von sechs nordkoreanischen Offizieren in der Ukraine wurden bisher nur von einer Geheimdienstquelle bestätigt. Der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Yong-Hyun sagte Anfang des Monats, dass die Berichte wahrscheinlich zuträfen.
Am 4. Oktober berichteten russische Militärblogger, dass nordkoreanisches Militärpersonal im Rahmen eines "Erfahrungsaustausch"-Programms die Frontlinien besucht und Einblicke in die Vorbereitung von Verteidigungsstellungen und Angriffstechniken erhalten habe.
Rüstungskooperation reicht schon länger zurück
Unabhängig von der physischen Präsenz nordkoreanischer Truppen in der Ukraine gibt es zahlreiche Hinweise auf eine Vertiefung der militärischen Beziehungen zwischen Moskau und Pjöngjang.
Nach der Invasion in der Ukraine und angesichts schwindender Munitionsbestände ist Russland zunehmend auf Waffenlieferungen aus Nordkorea angewiesen. Im Juni besuchte Putin Pjöngjang und unterzeichnete ein Partnerschaftsabkommen, das gegenseitigen Beistand im Falle eines Angriffs zusichert.
Internationale Reaktionen
Der Verdacht, dass Nordkorea Truppen nach Russland und möglicherweise in die Ukraine entsendet, wird international mit Sorge beobachtet. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete Ende Juli, Nordkorea habe Container mit angeblich mehr als fünf Millionen Artilleriegranaten nach Russland geliefert.
Die sich mehrenden Hinweise auf eine mögliche militärische Beteiligung werfen Fragen nach der Rolle Pjöngjangs in dem Konflikt auf. Während offizielle Quellen in Nordkorea und Russland die Berichte als "Fake News" abtun, sehen westliche Beobachter und südkoreanische Geheimdienste darin eine ernstzunehmende Entwicklung.
Dabei wird spekuliert, dass Nordkorea mit einem solchen Einsatz reale Kampferfahrung gewinnen möchte. Der Kyev Indipendent weist darauf hin, dass hierbei für die ukrainische Armee auch eine Chance liege, da die nordkoreanischen Truppen deutlich weniger kampferprobt als russische Einheiten seien.