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Von der aufgeklärten Intoleranz zum pauschalen Hass

Wieder diskutieren westliche Intellektuelle über den richtigen Umgang mit islamischen Migranten. Sollten sie eines Tages zum bewaffneten Kampf aufrufen, stünden Freiwillige längst bereit - in Weblogs wie "Politically Incorrect" feiern sie den neuen Rassismus

In den vergangenen Wochen ist unter westlichen Intellektuellen erneut eine Debatte über den richtigen Umgang mit Islam und Islamismus ausgebrochen. Auslöser waren die Buchreportage "Murder in Amsterdam" des britisch-niederländischen Autors Ian Buruma und deren Empfehlung in der New York Review of Books [1] durch Timothy Garton Ash. Nachdem beide davor gewarnt hatten, dem Fundamentalismus der Religion mit einem "Fundamentalismus der Aufklärung" zu begegnen, erregte sich der französische Philosoph Pascal Bruckner über einen "Rassismus der Antirassisten" [2] und attackierte den Multikulturalismus, in dem er eine "legale Form der Apartheid" sieht. Wieder einmal wird auf der einen Seite vor einer pauschalen Feinderklärung in Richtung Islam gewarnt und Besonnenheit gefordert, während man auf der anderen einen neuen Faschismus heraufziehen sieht, dem man nicht mit "Appeasement" begegnen dürfe. Derweil können es abseits akademischer Diskussionen manche schon jetzt nicht erwarten, sämtliche Muslime in die Wüste zu schicken (zu einer Stellungnahme des Autors über die Reaktionen auf seinen Artikel siehe: Argumentation, Schlammschlacht, Gewalt [3]).

Vernunft und Freiheit dulden keine Kompromisse, betont [4] der schwedische Schriftsteller Lars Gustafsson in seinem Beitrag zu der bei signandsight.com [5] und perlentaucher.de [6] geführten Debatte. Jeder Mensch müsse eine klare Antwort geben und sich für oder gegen sie entscheiden. In diesem Sinne regt er die Formulierung einer "Logik der Toleranz" an, deren Grundsätze so lauten sollten:

Die Toleranz gegenüber der Intoleranz führt zur Intoleranz.
Die Intoleranz gegenüber der Intoleranz führt zur Toleranz.

Wenn Gustafsson anmerkt, die beiden Sätze seien "von einem zukünftigen Philosophen noch auszuarbeiten", spricht er damit indirekt eine Gefahr an, die die Vertreter der "aufgeklärten Intoleranz" entweder ignorieren oder übersehen: Die Konfrontation von Kulturkreisen, sei es in Gestalt von Staaten oder von Individuen in den Straßen einer Stadt, spielt sich letztlich nicht zwischen Philosophen ab. Die plakativen Stereotype etwa, die Pascal Bruckner ausgibt, scheinen weniger geeignet, eine aufgeklärte Debatte zu befördern, als ein finsteres Feindbild Islam zu festigen:

Je mehr man vor dem Radikalismus der Bärtigen zurückweicht, desto schärfer wird ihr Ton. Appeasementpolitik macht sie nur hungriger.Die Hoffnung, dass Wohlwollen die Rohlinge entwaffnen wird, entbehrt jeder Grundlage.

Pascal Bruckner

"Bärtige" und "Rohlinge", die bewaffnet sind und mit ihrem Hunger offenbar Raubtieren gleichen. Was macht man mit Raubtieren, die einen anfallen? Bruckner scheint vor lauter Schwärmerei über die Tradition der Aufklärung zu vergessen, welche antiaufklärerischen Kräfte im Westen selbst zu Hause sind, denen vor allem die fremdenfeindliche Komponente solcher Stereotype möglicherweise gerade recht kommt.

Warum kümmert sich die Bundesrepublik eigentlich um diese Bazille? (...) Und der Michel zahlt das ganze Schauspiel und wahrscheinlich die Stütze bis zum Lebensende des Herrn K." "Ich würde sogar so weit gehen, ihn als Parasit zu bezeichnen. Liege ich da etwa falsch? Bin ich jetzt ein Rassist? Nur weil ich mich darüber ärgere, solchen Abschaum auch noch durchfüttern zu müssen?" "Unerhört ist, daß diese Läusezucht noch zur Chefsache erklärt wird." "An Stelle der Amis hätte ich dem Herrn Kurnaz eher einen Messerhaarschnitt und eine Rasur verpaßt. Porentief. Am Besten mit der Maschinenpistole.

Diese Bemerkungen zur Affäre um den in Afghanistan und Guantanamo gefolterten Murat Kurnaz, die in der jungen Welt vom 25. Januar wiedergegeben [7] wurden, stammen mitnichten aus einem obskuren Internetforum betrunkener Skinheads aus der hintersten Provinz, sondern aus Kommentaren im populären Weblog Politically Incorrect [8] (PI). Die junge Welt fährt fort:

Der Weg aus den oberen Etagen der Gesellschaft zum Dreck dieser Art ist kurz. Wer möchte, gelangt zu Politically Incorrect über einen Link von der Homepage des Spiegel-Journalisten Henryk M. Broder [9] oder umgekehrt – direkt von PI zu Broder.

Auch würde man bei Neonazis nicht lesen, was sich PI aufs Banner schreibt: "Pro-amerikanisch", "Pro-israelisch" und "für Grundgesetz und Menschenrechte". Aber eben auch und vor allem: "Gegen die Islamisierung Europas". Letzteres entspricht exakt der Losung, die Bruckner ausgibt, wenn er sich über die "Abwiegler" echauffiert, die "Europa dem Islam anpassen wollen statt umgekehrt". Was die Ausrichtung gegen den Mainstream angeht, zeigt nicht nur die Nähe zum Star der politischen Inkorrektheit, Henryk M. Broder (diesjähriger Preisträger des Frankfurter Ludwig-Börne-Preises, einziger Juror "Focus"-Chefredakteur Helmut Markwort), dass PI eine Strömung des Zeitgeists aufgreift und radikalisiert, die vom Mainstream gar nicht so weit entfernt ist. Schließlich künden zahlreiche Empfehlungen von Büchern prominenter deutscher und internationaler Autoren davon, dass man mit seinen Thesen dort nicht allein steht (und dass Amazon nichts gegen dieses Vertriebsorgan einzuwenden hat). Eine umfangreiche Linkliste verweist auf eine ansehnliche Gemeinde von mehr oder weniger Gleichgesinnten. Sogar die gewöhnlich um politische Neutralität bemühte Suchmaschine Google erteilt PI ihre Weihen – das Blog ist eine der Nachrichtenquellen von Google News.

Dies lässt sich bequem nachprüfen, indem man dort eine Suche nach dem Wort Dhimmi [10] startet. Als "Dhimmi" bezeichnet man im Islam laut Wikipedia [11] "Monotheisten, die mit eingeschränktem Rechtsstatus geduldet und staatlicherseits geschützt werden". Bei PI ist es ein Schimpfwort für Westler, die in den Augen der Betreiber vor der "Islamisierung Europas" kapitulieren. Unfreiwillig satirisch wird es, wenn der türkische Hinweis auf einer Würstchendose, dass der Inhalt keine Schweinefleisch enthalte, eine Nachricht [12] über das "Dhimmitum" des Herstellers wert ist, dessen Produkte "deutsche Kunden (...) zukünftig besser meiden sollten", was ein Kommentator trefflich mit "Kauft nicht beim Dhimmi" auf den Punkt bringt.

Bei den zitierten Hasstiraden und Gewaltphantasien handelt es sich nicht um Ausnahmen, zumal sie von einer Stammleserschaft stammen und Erstkommentare freigeschaltet werden müssen. Nachdem ein Polizist von mutmaßlich muslimischen Jugendlichen zusammengeschlagen wurde und PI berichtete, gab ein Kommentator der Polizei den Rat [13]:

Gummiknüppel heraus und feste drauf. Hilft das immer noch nicht, Dienstwaffe ziehen, warnen, Warnschuss und dann gezielt neue Nasenlöcher stanzen ...

Ein anderer meinte [14], es müsse "endlich eine Anpassung der Polizeimethoden an die gestiegene Gefährdung stattfinden. Lieber hau ich 10 Blagen zu Krüppeln als selbst dran zu glauben." Nach einem anderen Fall, in dem muslimische Jugendliche als Gewalttäter aufgetreten sind, wird empfohlen [15]: "Einen nehmen und damit die anderen erschlagen", oder auch [16]: "Okay, langsam wird es Zeit für Selbstjustiz. (...) Für solche Typen ist keine Strafe zu hart. Wenn die Staatsanwaltschaft sie nicht verteilt (sic), sind wir als Bürger gefragt." Ein anderer setzt "Jugendliche" in Anführungsstriche, als könne man nicht so sicher sein, womit man es zu tun hat, und empfiehlt [17]:

Diese "Jugendlichen" müssen in Camps gesteckt werden, wo sie mal den Ernst des Lebens erfahren. Dort wird ihnen der Kopf gewaschen, dass der ganze Mohammed- und Ehre-Quatsch verloren geht und dann sollte man sie in Pflegefamilien oder Heime übergeben. So könnte man eventuell noch was Brauchbares aus denen machen.

Der Hass richtet sich radikal und pauschal gegen Moslems. Einer meint [18], die "Kulturbereicherer" - eine bei PI gebräuchliche ironische Bezeichnung für Moslems – würden "normalerweise nicht zuschlagen sondern das Messer ziehen ohne Vorwarnung". Häufig ist vom "Kinderficker" [19] oder "Kinderschänder" [20] Mohammed die Rede, einem "Gewaltunhold" [21], der "den totalen Krieg gewünscht" habe [22]. Einer klagt [23], er habe "mittlerweile schon eine körperliche Abneigung gegen Moslems. Wenn ich ein Kopftuch nur sehe, wird mir übel." Ein anderer meint apodiktisch [24]: "Der Islam hat keine Toleranz verdient.". Wieder ein anderer erklärt [25] noch schlichter: "Der Islam verkörpert nahezu perfekt die Vorstellung des Bösen."

Moslems seien ein "Mob" [26], den man sich "vom Hals schaffen" müsse, "Gesindel" [27], "Hinternhochbeter" [28], "Kulturverwüstlinge" [29] und "Migrationmüll" [30] (sic), Allah, der "Möchtegern-Gott aus der Wüste" [31], "lügt und betrügt, wo es nur geht" [32], der Islam ist eine "verfassungsfeindliche Weltanschauung" [33], ein "Gesellschaftssystem" [34], das "strukturell intolerant, diskriminierend und gewalttätig" ist, oder auch eine "Gehirnwäsche-Großsekte" [35].

Dabei ist ausdrücklich der Islam gemeint – nicht der Islamismus oder der islamische Fundamentalismus. Der Begriff Islamismus sei eine politisch korrekte Wendung, heißt [36] es, die ignoriere, "dass die sogenannten Islamisten diejenigen sind, die den Koran buchstabengetreu umsetzen". Daher sei es der "wahre" Islam, der radikal, oppressiv und gewalttätig ist. Hinweise auf den sozialen Kontext, in dem sich Gewalt und Unterdrückung abspielen, werden als Gutmenschentum lächerlich gemacht. Die Frage nach Ursachen gilt schon als Einknicken. Die Gewalttätigkeit, die nur als Erscheinungsform und Niederschlag von Gruppenkonflikten sinnvoll verstanden werden kann, wird in einem erzrassistischen Kurzschluss zur unveränderlichen Wesenseigenschaft der als feindlich wahrgenommenen Gruppe umgedeutet. PI-Ideologie [37]: "die einen haben Zivilisation und Kultur und die anderen nicht".

Antiislamischer Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, die sich als Aufklärung verkleidet und sich ungeniert der rechten Stereotypen bedient

Dieser antiislamische Rassismus ist im Unterschied zum klassischen, etwa zum deutschnationalen Rechtsextremismus, entschieden gesellschaftsfähiger und vermag es sogar, sich als zukunftsweisend, als fortschrittlich darzustellen (wenngleich es nicht überraschen kann, dass seine Versuche, sich gar zum originären Gegner des Rechtsextremismus zu stilisieren, doch arg bemüht wirken [38]. Dies gelingt ihm, indem er Stereotype der radikalen Rechten – Überfremdung, kriminelle Ausländer, das Scheitern von "Multikulti" - mit den Glaubensbekenntnissen eines angeblich US-amerikanisch geprägten Liberalismus kombiniert. Er erhält dadurch den Anschein von Modernität und vor allem ein Alibi – wer proisraelisch ist, kann ja kein Rassist sein; wer als Deutscher proamerikanisch ist, kann ja kein Nationalist sein; wer sich zu bürgerlichen Freiheiten und zur Tradition der Aufklärung bekennt, ist totalitärer oder faschistischer Umtriebe von vornherein unverdächtig.

Sieht man genauer hin, kann dies jedoch nicht über den rassistischen Mechanismus hinwegtäuschen, Handlungsweisen, die man an bestimmten Individuen beobachtet hat und verurteilt, zu deren Wesenseigenschaften umzudeuten, um dann diese Wesenseigenschaften der ganzen Großgruppe zu unterstellen, als deren Vertreter man den anderen ansieht. Die Sorgfalt, mit der hier Fälle gesammelt werden, in denen Moslems sich einer Untat schuldig gemacht haben, dient dem alleinigen Zweck, jeden einzelnen als Beleg für die Gefährlichkeit und Minderwertigkeit der ganzen Gruppe anzuführen.

Aus der alten Rechten vertraut ist auch das Wettern gegen "Multikulti" und das Verteufeln der politischen Linken. Dabei steht aus PI-Perspektive der ganze mediale Mainstream links [39]. Ebenso altbekannt ist der von Ressentiment und Abwehr aufgeladenen Vorwurf, deutsche Interessen würden nicht (mehr) wahrgenommen. Wenn dabei das "deutsche" wahlweise durch "westliche", "europäische" oder auch "christliche" ersetzt wird, ändert das nichts an der Konstruktion eines als rein und harmonisch gedachten "Wir" gegen ein Verunreinigung und Bedrohung bedeutendes "Sie". Häufig geht das Bedrohungsszenario bis hin zum Verschwörungsdenken, wenn suggeriert wird, Medien und Politik seien vom Islam indoktriniert oder gar unterwandert, und wenn hinter den – hier einhellig abgelehnten – Rechtsextremismus-Studien der letzten Zeit entsprechende Machenschaften vermutet [40]:

Indizien sprechen vielmehr für einen zielgerichteten Plan, sprich Eurabia.

Verschwörungen wittert man indes nicht nur in Europa. In Bezug auf den US-Präsidentschaftsbewerber Barrack Obama heißt [41] es:

diesen Obama, ich weiss nicht. Ist wie erwaehnt ein Konvertit - war mal Moslem - ist er wirklich konvertiert ? Oder ist dies nur Taeuschung, um dann nach dem Wahlsieg zu sagen: April April ...

All das hindert die Vertreter dieser Strömung indes nicht, sich als antifaschistische Kraft darzustellen, indem sie sich mit dem Bekenntnis zum Liberalismus von angeblich totalitären Staatsideen der Linken und des Islam abgrenzen, und als antirassistische Kraft, indem sie beiden Feindgruppen Antisemitismus vorhalten bzw. unterstellen. So wird auch die Unterdrückung der Frauen und der Homosexuellen im Islam angeprangert, wobei man sich selbst als liberal im Sinne der Aufklärung darstellt. Hier geht die eher rechtskonservative Strömung, die sich bei PI exponiert, eine weitere merkwürdige Diskurskoalition ein, nämlich mit den ursprünglich aus dem linksextremen Spektrum stammenden sogenannten Antideutschen. Auch diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie den USA und Israel Nibelungentreue schwören und damit einhergehend dazu neigen, alles Muslimische zum Abschuss freizugeben - immer im Dienste der Aufklärung und Demokratie.

Aufklärung bzw. Liberalismus sind dabei die der eigenen Gruppe zugeschriebenen Eigenschaften, die den Anspruch auf eine wesensmäßige Überlegenheit begründen sollen. Eine Paradoxie: Man schreibt der als feindlich angesehenen kulturellen Großgruppe einen gleichsam naturgegebenen Rassismus – den Antisemitismus – zu, ohne zu merken, dass diese pauschale Zuschreibung selbst ein rassistischer Kurzschluss ist. Und während die Antideutschen vielfach durchaus ihren Adorno gelesen haben, verkommt das Bekenntnis zu Aufklärung und Liberalismus im außerakademischen Diskurs, wie man ihn bei PI findet, oft zum Lippenbekenntnis, das benutzt wird, um Islam- oder allgemein Fremdenfeindlichkeit zu legitimieren. Die empanzipativen Ziele, die scheinbar propagiert werden – Gleichberechtigung der Frauen, Akzeptanz von Homosexualität und Bekämpfung des Antisemitismus – werden ausschließlich als Kampfmittel gegen den Islam benutzt. Die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen, die sich im Westen findet und nichts mit dem Islam zu tun hat, ist für PI kein Thema.

So fühlt sich manch ein Kommentator doch nicht ganz wohl mit dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, dessen Homosexualität als Beleg dafür angeführt [42] wird, dass in der Hauptstadt "der gesunde Menschenverstand verloren gegangen" sei, und Anlass ist, ihn als Oberbürgermeisterin zu bezeichnen [43]. In Bezug auf den in Potsdam krankenhausreif geprügelten Deutsch-Äthiopier Ermyas M. wird konzediert [44]: "DIE GEWALT GING VOM NEGER AUS", der wohl deshalb auch an derselben Stelle als "wildgewordener Affe" bezeichnet werden darf. Unter mehrmaligem Hinweis auf die Geschlechterapartheid im Islam argumentiert ein Beitrag, der Bau einer Moschee sei grundgesetzwidrig. Keine Erwähnung findet dabei, dass das Grundgesetz die Freiheit der Religionsausübung garantiert, was wohl zumindest in Betracht gezogen werden müsste, wenn man es gegen einen Moscheenbau ins Feld führen will. Einzelne Bestimmungen des Grundgesetzes werden herbeizitiert, wenn sie als Waffe gegen Moslems tauglich sind, aber auch nur dann.

Der Titel "Politically Incorrect" unterstellt, dass der sonstige öffentliche Diskurs von politischer Korrektheit geprägt und mithin unehrlich, verfälscht, (selbst-)zensiert sei. Betrachtet man die Kommentare auf dieser Plattform, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich bei dem, was der dort verhasste Mainstream-Diskurs unterdrückt, weniger um den Geist der Aufklärung als um fremdenfeindliche Reflexe und Ressentiments handelt, die in den Artikulationsformen à la NPD verpönt sind, aber in Gestalt eines als "proamerikanisch" ausgegebenen Kampfs um westliche Werte wieder einen ungeahnten Freilauf haben. Diese Unterdrückung von Ressentiments und ihr Ausbruch sind in stereotypen Formeln wie dem verstohlenen "Man wird ja wohl noch sagen dürfen ..." bzw. dem auffahrenden "Endlich sagt es mal einer!" ebenfalls altbekannt. Von einem gemäßigten Liberalismus aus gesehen, mag man die Inhalte von PI daher tatsächlich als politisch inkorrekt charakterisieren; von den Rechtsaußenpositionen allerdings, die dort durchscheinen, sind sie das Gegenteil: alter Extremismus in neuer, nämlich politisch korrekter Form.

Es geht nicht darum, den Antisemitismus, den Sexismus, den Totalitarismus, wie sie in islamisch geprägten Gesellschaften vorhanden sind, zu leugnen oder zu verharmlosen - eine solche Leugnung oder Verharmlosung wird auch mindestens so oft einfach unterstellt, wie sie tatsächlich versucht wird. In diesem Zusammenhang schreibt Ian Buruma:

Gewalt gegen Frauen, oder auch Männer, ist nicht tolerierbar und sollte vom Gesetz bestraft werden. Ich würde die Beschneidung von Kindern nicht verteidigen, ganz zu schweigen vom Verprügeln der Ehefrauen, egal, wie rational das begründet wird. Ehrenmorde sind Morde und müssen als solche behandelt werden. Aber das sind Fragen der Strafverfolgung. Viel verzwickter ist die Frage, wie man verhindert, dass gewalttätige Ideologien die durchschnittlichen Muslime anstecken und so die freien Gesellschaften bedrohen. Öffentliche Äußerungen wie die von Hirsi Ali, wonach der Islam generell rückständig und sein Prophet "pervers" sei, sind meiner Ansicht nach nicht hilfreich.

Die mit diesem Thema befassten Intellektuellen müssen sich gleichermaßen fragen, ob es hilfreich sein kann, pauschal Intoleranz und Konfrontation zu propagieren. Es ist äußerst zweifelhaft, ob die Geister, die man damit heraufbeschwört, geeignet sind, dem Ideal der Aufklärung einen Dienst zu erweisen - und dieser Zweifel betrifft die Geister beider Seiten.

Anmerkung: Es ist nicht auszuschließen, dass die verlinkten Kommentare bei PI nach erscheinen dieses Artikels überarbeitet werden oder verschwinden. In diesem Fall wird man selbst aussagekräftige Beispiele finden - notfalls im Blog Telegehirn [45]


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3410321

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.nybooks.com/articles/19371
[2] http://www.perlentaucher.de/artikel/3594.html
[3] https://www.heise.de/tp/features/Argumentation-Schlammschlacht-Gewalt-3410431.html
[4] http://www.perlentaucher.de/artikel/3699.html
[5] http://www.signandsight.com/features/1167.html
[6] http://www.perlentaucher.de/artikel/3642.html
[7] http://www.jungewelt.de/2007/01-25/008.php
[8] http://www.politicallyincorrect.de/
[9] http://www.henryk-broder.de/startseite/startseite.html
[10] http://news.google.de/news?q=dhimmi
[11] http://de.wikipedia.org/wiki/Dhimmi
[12] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/mekkameica_in_deutschland.html
[13] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/die_multikulturelle_bereicheru.html#comment-21189
[14] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/die_multikulturelle_bereicheru.html#comment-21221
[15] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/migranten_prugeln_kolner_ins_k_1.html#comment-21891
[16] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/migranten_prugeln_kolner_ins_k_1.html#comment-21878
[17] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/die_multikulturelle_bereicheru.html#comment-21193
[18] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/ermyas_m_medienstar_wie_murat.html#comment-19174
[19] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/schwimmbad_in_manchester_nicht.html#comment-20896
[20] http://www.politicallyincorrect.de/2007/01/witze_uber_moslems_zum_totlach.html#comment-15167
[21] http://www.politicallyincorrect.de/2007/01/witze_uber_moslems_zum_totlach.html#comment-15282
[22] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/kabarettist_muss_nach_morddroh.html#comment-20912
[23] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/schwimmbad_in_manchester_nicht.html#comment-20944
[24] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/kabarettist_muss_nach_morddroh.html#comment-20914
[25] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/yusuf_islam_doch_fatwa_gegen_r.html#comment-21691
[26] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/ronald_pofalla_begriff_leitkul.html#comment-23747
[27] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/ermyas_m_medienstar_wie_murat.html#comment-19181
[28] http://www.politicallyincorrect.de/2007/01/witze_uber_moslems_zum_totlach.html#comment-15172
[29] http://www.politicallyincorrect.de/2007/01/witze_uber_moslems_zum_totlach.html#comment-15282
[30] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/migranten_prugeln_kolner_ins_k_1.html#comment-21882
[31] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/yusuf_islam_doch_fatwa_gegen_r.html#comment-21680
[32] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/usa_imam_husham_alhusainy_spri.html#comment-20277
[33] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/klassenzimmer_nach_dem_kopftuc_1.html#comment-21430
[34] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/kabarettist_muss_nach_morddroh.html
[35] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/yusuf_islam_doch_fatwa_gegen_r.html#comment-21680
[36] http://www.politicallyincorrect.de/2006/12/moslems_und_rechtsextreme_in_a_1.html
[37] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/spdlandtagsabgeordneten_strobl.html
[38] http://www.politicallyincorrect.de/2006/12/moslems_und_rechtsextreme_in_a_1.html
[39] http://www.politicallyincorrect.de/about.html
[40] http://www.politicallyincorrect.de/2006/12/jeder_zweite_deutsche_ist_frem.html#comment-6639
[41] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/usa_imam_husham_alhusainy_spri.html#comment-20312
[42] http://www.politicallyincorrect.de/2006/12/jeder_zweite_deutsche_ist_frem.html#comment-6673
[43] http://www.politicallyincorrect.de/2006/12/jeder_zweite_deutsche_ist_frem.html#comment-6649
[44] http://www.politicallyincorrect.de/2007/02/ermyas_m_medienstar_wie_murat.html#comment-19159
[45] http://telegehirn.wordpress.com/2007/01/25/mal-wieder-offener-rassismus-bei-politicallyincorrectde-teil-1/