Vor dem Schulanfang: Warum das "Elterntaxi" Kinder gefährdet
Besonders der Schulweg ist für Kinder und Jugendliche gefährlich. Das liegt am Verkehrschaos vor Schulen. Wie "Fahrradbusse" das ändern könnten.
Ein eigentlich sehr wichtiger Aspekt der Verkehrspolitik wird in unserer autozentrierten Gesellschaft gerne übersehen: Lange nicht alle Menschen sind in der Lage, einen Pkw zu steuern oder sich ein eigenes Auto zu leisten. Das sind neben viel Alten, neben anderen körperlich beeinträchtigten Menschen und solchen mit sehr niedrigem Einkommen vor allem die Kinder und Jugendlichen.
Zugleich sind Letztere aber besonders den Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt: als Fußgänger, als Fahrradfahrer oder als unbeteiligte Mitfahrer. 22.300 Kinder unter 15 Jahren sind 2021 im Straßenverkehr verunglückt, hieß es im vergangenen Jahr beim Bundesstatistikamt destatis. (Neuere Zahlen stehen bisher nicht zur Verfügung.) Diese immer noch erschreckend hohe Zahl sei ein historischer Tiefstand gewesen, der auf den Lockdown und verminderten Verkehr während der Corona-Pandemie zurückgeführt wurde.
Getötet wurden 2021 im Straßenverkehr 49 Kinder, eines mehr als im Vorjahr. Über die Zahl der Unfallopfer mit bleibenden oder lang anhaltenden Schäden gibt es keine Angaben. Die meisten der Verunglückten (38 Prozent) waren mit dem Fahrrad unterwegs gewesen. 33 Prozent saßen in einem Auto und 21 Prozent gingen zu Fuß. Ältere Kinder verunglückten hauptsächlich auf dem Fahrrad und kleinere im Auto.
Letzteres ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das bei einem, meist wohlhabenderen, Teil der Elternschaft so beliebte "Elterntaxi" vielleicht gar nicht die sicherste Wahl für den Schulweg des Kindes ist. Schon gar nicht für die anderen Kinder.
Die Statistik zeigt nämlich sehr deutlich, dass Kinder in keinem Zeitraum so oft Opfer von Unfällen werden, wie zwischen sieben und acht Uhr morgens, also vor Schulbeginn. Und daran könnte das allmorgendliche Chaos vor vielen Schulen einen Anteil haben.
Daher nimmt der Landesverband Nord des Verkehrsclubs Deutschland (VCD Nord) die dieser Tage in vielen Bundesländern zu Ende gehenden Sommerferien zum Anlass, zum Verzicht auf das "Elterntaxi" aufzurufen, also darauf, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen. Diese würden "täglich für ein unübersichtliches Verkehrschaos vor den Schulen" sorgen, das schnell gefährlich werden könne.
Eine Umfrage habe ergeben, dass an einer von 1.000 Kindern und Jugendlichen besuchten Schule mit 170 Autos zu rechnen sei, die zu Stoßzeiten gleichzeitig vorfahren. Dass es dabei chaotisch, unübersichtlich und brenzlig zugehen muss, wissen vermutlich viele Kinder und Eltern aus eigener Erfahrung.
Der VCD Nord schlägt daher vor, lieber Lauf- oder Fahrradgemeinschaften, sogenannte Fahrradbusse, zu bilden, um mit diesen gemeinsam zur Schule zu gelangen. Letztere sollten von Eltern begleitet werden. Der Verband organisiert ein entsprechendes Projekt nach spanischem Vorbild im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld/Ottensen.