Wächst die Unterstützung für ukrainischen Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium?
Debatte um Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium. Nato und EU-Politiker diskutieren mögliche Konsequenzen. Ändert der Westen seine Haltung?
Soll die Ukraine mit westlichen Waffen auf russisches Territorium schießen dürfen, oder nicht? Die Debatte um eine mögliche Antwort gewinnt an Fahrt. Die EU-Verteidigungsminister diskutieren, ob dies eine Eskalation bedeuten könnte und ob mit einer russischen Gegenreaktion zu rechnen ist.
Debatte um mögliche Eskalation durch Waffenlieferungen an die Ukraine
Unterdessen wächst auch der Druck aus den Reihen der Nato. Die Parlamentarische Versammlung des Bündnisses, die sich aus Abgeordneten der Mitgliedstaaten zusammensetzt, forderte die Nato-Mitglieder kürzlich auf, Angriffe mit westlichen Waffen auf russisches Territorium zuzulassen.
Ähnlich äußerten sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sowie die Verteidigungsminister Polens, Litauens, Lettlands und Schwedens.
Die New York Times (NYT) berichtet, dass sich diese Forderungen an die USA richten, den größten Waffenlieferanten der Ukraine. Die US-Regierung hat wiederholt betont, dass der Einsatz amerikanischer Waffen auf russischem Territorium aus Angst vor einer Eskalation des Konflikts verboten sei. Innerhalb der Biden-Administration wird jedoch bereits über eine Abkehr von dieser Position diskutiert.
Ukraine fordert Lockerung des Verbots für Waffeneinsatz auf russischem Boden
Vor allem die Ukraine drängt auf eine Lockerung des Verbots. Die Regierung in Kiew argumentiert, dass das Verbot des Einsatzes westlicher Waffen auf russischem Territorium eine effektive Verteidigung gegen russische Angriffe erschwere. Diese würden oft von russischem Territorium aus gestartet, sodass die russischen Streitkräfte ohne Risiko agieren könnten.
"Wir hatten Informationen von unseren Geheimdiensten, dass Russland Truppen jenseits der Grenze stationiert, aber wir konnten sie nicht angreifen, um diese Offensive zu verhindern", sagte Jehor Tschernjew, stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsausschusses des ukrainischen Parlaments, in einem Interview mit der NYT.
Russische Truppenkonzentration an der ukrainischen Grenze
Ukrainische Offizielle befürchten, dass sich ein ähnliches Szenario wiederholen könnte. Sie berichten, dass Russland im Norden, jenseits der Grenze in der ukrainischen Region Sumy, rund 10.000 Soldaten zusammengezogen hat, um eine mögliche Bodenoffensive vorzubereiten. Präsident Wolodymyr Selenskyj fragte laut NYT, warum die Ukraine die russischen Truppen nicht bereits auf russischem Territorium angreifen könne.
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Der lettische Präsident Edgars Rinkevics erklärte gegenüber CNN, dass Russlands jüngste Vorstöße im Nordosten "das Ergebnis unserer Unfähigkeit sind, die Ukraine mit Waffen zu beliefern" und der Einsatz dieser Waffen "für Angriffe auf militärische Ziele in Russland" beschränkt sei.
Auch die Verteidigungsminister Estlands und der Niederlande unterstützen die Forderung, der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium zu erlauben.
Deutschland hält sich zurück, Kreml warnt vor Eskalation
Deutschland hält sich aus Sorge vor einer möglichen Eskalation dagegen zurück. Der Sprecher von Bundeskanzler Olaf Scholz, Steffen Hebestreit, sagte, ein angegriffener Staat dürfe sich grundsätzlich auch mit Schlägen gegen Ziele außerhalb seiner Grenzen verteidigen, da dies völkerrechtlich zulässig sei.
Der Kreml warnte, der Einsatz westlicher Waffen auf russischem Boden würde zu einer Eskalation des Krieges und zu Vergeltungsschlägen führen. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete Forderungen, die Ukraine solle Waffen auf Russland abfeuern, als "absolut unverantwortlich und provokativ".
Einige Länder erwägen nun, Militärpersonal in die Ukraine zu entsenden, um bei der Ausbildung der ukrainischen Truppen zu helfen. Dies wirft die weitergehende Frage auf, wie sie reagieren würden, wenn westliche Ausbilder von Russland angegriffen würden.