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Währung: China gegen Krypto, für den digitalen Renminbi

Eine undurchsichtige libertäre Krypto-Wirtschaft ist das Letzte, was die Kommunistische Partei derzeit gebrauchen kann. Bargeld ist weitgehend abgelöst. Beim digitalen Bezahlen ist das Land uns um Jahre voraus.

Adios Krypto

China war bis vor Kurzem Bitcoin-Eldorado, zeitweise wurden achtzig Prozent aller Bitcoins [1] weltweit hier geschürft. Seit Mai 2021 geht China in einer konzertierten Aktion von Behörden, Zentralbank und Aufsichtsbehörden gegen die Krypto-Industrie vor [2]. Dies geschieht aus zwei Gründen. Da ist zum einen ist der hohe Energieverbrauch der in erster Linie mit Kohlestrom befeuerten Serverfarmen.

In den Augen der chinesischen Entwicklungs- und Reformkommission gefährdet das Mining, also der energieintensive Rechenprozess, durch den u.a. Bitcoins erstellt werden, die Klimaziele des Landes.

Außerdem macht man sich in China – aber nicht nur dort – Sorgen, dass privat betriebene, zudem undurchsichtige und spekulative digitale Währungen die nationalen Finanz- und Geldsysteme untergraben könnten.

China experimentiert zwar gerne und lässt Start-ups und Geschäftsideen zunächst freien Lauf, fackelt aber auch nicht lange, wenn die Ergebnisse nicht stimmen bzw. der staatlichen Politik zuwiderlaufen. Und eine undurchsichtige libertäre Krypto-Wirtschaft ist das Letzte, was die Kommunistische Partei derzeit gebrauchen kann.

Die wichtigsten Kryptowährungen (0 Bilder) [3]

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Das heißt jetzt aber nicht, dass China zum Bargeld zurückkehrt. China ist weltweit führend, was E-Commerce, digitales Bezahlen und Finanzapplikationen angeht. In China gibt es mehr Handy-Verträge als Einwohner [5], und 98 Prozent der Bevölkerung haben mindestens ein 4G-Netz in Reichweite.

Das extrem digital affine Land ist uns, was digitales Bezahlen angeht, uns um Jahre voraus. Der Anteil der Smartphone-Nutzer [6], die standardmäßig mit dem Handy bezahlen, liegt bei 87,3 Prozent gegenüber 19 Prozent in Deutschland.

Die beiden Alltags-Apps WeChat Pay und Alipay der beiden großen Digitalkonzerne Tencent und Alibaba haben Bargeld weitgehend abgelöst. Da liegt es nahe, eine digitale Währung zu entwickeln.

Der digitale Renminbi

Die von der Partei- und Staatsführung favorisierte Alternative: Der digitale Renminbi (e-CNY), eine digitale Währung, die von Chinas Zentralbank, der People's Bank of China, ausgegeben wird. Beobachter sehen das Vorgehen gegen die Kryptowährungen auch als Versuch, das Projekt digitalen Yuan zu schützen [7], der sich in einem fortgeschrittenen Pilotstadium befindet.

Digitale Währungen sind elektronische Varianten von Zentralbankwährungen, die ohne physische Form von Banknoten und Münzen auskommen, sich aber auf eine reale Währung beziehen. So auch beim digitalen Renminbi.

Digitale Währungen sind zentralisiert, was bedeutet, dass Transaktionen innerhalb des Netzwerks an einem zentralen Ort wie einer Bank reguliert werden. Anders liegt der Fall bei Kryptowährungen, diese beruhen auf dem dezentralen Blockchain-Speicherformat.

2014 begann Chinas Zentralbank, die People's Bank of China (PBOC), mit einer digitalen Version des Renminbi zu experimentieren. Der digitale RMB ist gesetzliches Zahlungsmittel und hat den gleichen Wert wie andere Formen des Renminbi, wie Scheine und Münzen in Yuan. Seit Anfang 2021 begannen erste öffentliche Tests, China ist damit die erste große Volkswirtschaft, die offiziell über eine digitale Währung verfügt.

Die populären Bezahl-Apps von Alibaba und Tencent sind ebenfalls dazu übergegangen, den digitalen Renminbi zu integrieren. Die potenziell über eine Milliarde Nutzerinnen könnten einen gewaltigen Popularisierungsschub für Chinas e-CNY nach sich ziehen. Paul Mackel, Global Head of Foreign Exchange Research der Bank HSBC schätzt die Entwicklung folgendermaßen ein:

Die sinkende Bargeldnutzung und das private Duopol im Mobile Payment sind für die chinesische Zentralbank wichtige Gründe, um die Entwicklung des digitalen Renminbi zu forcieren. Kann er effizient und bequem genutzt werden, könnte das auch der Internationalisierung des Renminbi einen Schub verleihen.

Die Volkswährung und der US-Dollar

Der Renminbi (RMB) ist seit der Staatsgründung im Jahr 1949 die offizielle Währung der Volksrepublik China. Der Renminbi (die Volkswährung in Mandarin) ist der Name Chinas offizielle Währung, die alte Bezeichnung Yuan hingegen ist die Einheit, Beträge auf Rechnungen werden also in Yuan angegeben.

Um das Jahr 2010 begann die chinesische Regierung, die internationale Verwendung des Renminbi (RMB) zu fördern. Der Renminbi (RMB) wurde mittlerweile zur fünftwichtigsten Währung im internationalen Zahlungsverkehr (hinter dem US-Dollar, dem Euro, dem japanischen Yen und dem britischen Pfund Sterling).

Laut Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications stiegen Renminbi-Transaktionen 2022 weltweit auf einen historischen Höchststand von 3,2 Prozent der weltweiten Währungsreserven – weit entfernt von den 59 Prozent für den US-Dollar.

Die chinesische Führung steckt hier in einem Dilemma. Einerseits möchte sie am internationalen Finanzmarkt und seinen Institutionen teilhaben, gleichzeitig begibt sie sich damit auf ein Terrain, das von der US-dominierten Nachkriegsordnung geprägt ist.

Denn der IWF und die Weltbank sind Institutionen, die 1944 auf Initiative der USA gegründet wurden. China ist sich wohl bewusst, dass sie an einem System teilhaben wollen, das die US-dominierte Nachkriegsordnung mit den USA zum Weltpolizisten und den Dollar zur Leitwährung hat, und es damit akzeptiert.

Als Teil der Bemühungen, die Verwendung des Renminbi zu internationalisieren, rief Chinas Zentralbank 2012 CIPS ins Leben. Das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS) ist ein Zahlungssystem, das Zahlungen in chinesischen Yuan abwickelt und Clearing- und Abrechnungsdienste für seine Teilnehmer für grenzüberschreitenden RMB-Zahlungsverkehr anbietet.

Laut P. S. Srinivas vom Ostasieninstitut von Singapurs Nationaluniversität stützt sich CIPS beim grenzüberschreitenden Messaging immer noch weitgehend auf Swift, dem US- und EU-dominierten System. CIPS habe aber das Potenzial, mit einem eigenen Messaging-System zu arbeiten, und so eine alternative Struktur zu Swift zu werden.

Ausblick

Der Renminbi ist bereits zur wichtigsten Währung eines Entwicklungslandes im internationalen Zahlungsverkehr geworden. Trotzdem bleibt er im Vergleich zu den Währungen der ehemaligen Kolonialmächte und insbesondere gegenüber dem US-Dollar noch eine Nischenoption.

Im Digitalsektor allerdings ist erhebliches Potenzial für eine weltweite Führungsrolle vorhanden. China ist Vorreiter bei der Einführung einer digitalen Währung, die potenzielle Nutzerbasis ist weltweit einmalig, und beim Zusammenspiel von staatlichen Vorgaben und digitalwirtschaftlicher Umsetzung ist China erfahren.

Nach Huawei und TikTok – zwei technologischen Erfolgsgeschichten außerhalb der Landesgrenzen – könnte als nächstes der digitale Renminbi zum Exporterfolg aus der Volksrepublik werden – erst recht in Gegenden, wo der US-Dollar als imperialistisches Zeichen gilt, was so gut wie die gesamte ehemals als Dritte Welt bezeichneten Länder umfasst.


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Links in diesem Artikel:
[1] https://finance.yahoo.com/news/china-t-seem-stop-bitcoin-145000983.html
[2] https://www.reuters.com/world/china/china-central-bank-vows-crackdown-cryptocurrency-trading-2021-09-24/
[3] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6140569.html?back=7321809;back=7321809
[4] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6140569.html?back=7321809;back=7321809
[5] https://www.statista.com/statistics/278204/china-mobile-users-by-month/
[6] file://C://Users//Timo//OneDrive//Texts%202022//2022%2011%2001%20Telepolis%20Crypto%20oder%20Renminbi//•%09https://www.statista.com//statistics//244501//share-of-mobile-phone-users-accessing-proximity-mobile-payments-country
[7] https://www.reuters.com/world/china/china-central-bank-vows-crackdown-cryptocurrency-trading-2021-09-24/