Wahl in Thüringen: Neue Plagiatsvorwürfe gegen CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt

Stefan Weber. Bild: privat

Plagiatsjäger Stefan Weber legt nach: Über 200 angemahnte Plagiate. TU Chemnitz prüft Dissertation. CDU spricht von Verleumdung

In der Schlussphase des Wahlkampfes, drei Tage vor der Landtagswahl in Thüringen, erhebt der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber aktuell neue Plagiatsanschuldigungen gegen den Spitzenkandidaten der CDU, Mario Voigt.

Laut Weber und seinem Team sollen in Voigts Dissertation sowie in weiteren Publikationen zahlreiche Plagiate zu finden sein. Stefan Weber, bekannt als Plagiatsgutachter, dokumentiert auf seinem Blog 140 Plagiatsfragmente in der Buchfassung von Voigts Dissertation. Der Titel der Dissertation lautet "Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf. George W. Bush gegen John F. Kerry".

Eingereicht hatte sie Voigt an der Philosophischen Fakultät der TU Chemnitz vor 17 Jahren.

Der Vorwurf: "140 Plagiatsstellen" in der Dissertation

Ausgangsbasis für die Recherche von Weber und seinem Team ist die veröffentlichte Fassung der Dissertation im polisphere Verlag, 2010. Dort fanden die Rechercheure, wie auf dem Blog und in einem "vorläufigen Endbericht" von 114 Seiten dargestellt, 140 Plagiatsstellen.

Die angemahnten Plagiatsstellen beginnen in der Darstellung der "Plagiatsprüfer" bereits im Dankeswort, wo Voigt nach Worten von Weber "eine Textschablone" benötige.

Dem folgen eine Menge von Stellen, die mit einem Markerstift kenntlich gemacht werden. Als "besonders bitter" markiert Weber, dass man "vier Plagiatsfragmente" im Schlussteil der Dissertation gefunden habe. "Wo, wenn nicht dort, hätte man sich eigene Gedanken Mario Voigts erwartet?", fragt er.

Zwar würden die Werke, die als Vorlage für Plagiate hauptsächlich aufgefallen sind, "zumindest im Literaturverzeichnis angeführt". Sie würden "aber eben nicht – wie erforderlich – direkt an allen jeweiligen Stellen der Übernahmen im Fließtext" angeführt.

Des Weiteren soll Voigt, so der Vorwurf, "absatzweise auf neun Seiten der Buchfassung seiner Dissertation das Online-Lexikon Wikipedia plagiiert (haben), "ohne jede Nennung im Literaturverzeichnis oder im Fließtext".

TU Chemnitz prüft die Vorwürfe

Es liegt nun an den Prüfern der TU Chemnitz, wie diese angemahnten Stellen zu bewerten sind.

Die Plagiatsanzeige gegen Voigt hatte Weber vor gut zwei Wochen, am 14. August, eingebracht. Zugrunde lag eine "gutachterliche Dokumentation", die zu dem Zeitpunkt noch lediglich 46 Stellen umfasste.

"Die TU Chemnitz prüft die Vorwürfe, die Partei spricht von Verleumdung", war zwei Tage später in der Zeit zu lesen.

CDU zitiert anderen Gutachter und spricht von Verleumdung

Zitiert wurde Mitte August der thüringische CDU-Generalsekretär Christian Herrgott mit einer politischen Stellungnahme, in deren Zentrum der Vorwurf der Verleumdung gegen Weber steht.

Es erstaunt uns keineswegs, dass wenige Tage vor der wichtigsten Wahl in der Geschichte des Freistaats Thüringen derartige bereits in der Vergangenheit entkräftete Vorwürfe gegen Mario Voigt lanciert werden." Es gehe "ganz offensichtlich" darum, Voigt zu "verleumden".

Die Zeit, 16. August 2024

Laut einem MDR-Bericht, ebenfalls vom 16. August, teilte Christian Herrgott genauer mit, dass Voigt "im Frühjahr 2024 (…) seine Arbeit dem Journalisten, Juristen und Plagiatsexperten Dr. Jochen Zenthöfer zur Verfügung gestellt" habe.

Demnach sei Zenthöfer in seiner schriftlichen Analyse zur Schlussfolgerung gekommen: "Es gibt keine Hinweise auf Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis in ihrer Dissertation."

Weber: Plagiate nicht nur in der Dissertation

Nun sind es noch weniger Tage zur Wahl und Weber tischt neu auf. Es gehe ja nicht nur um die Dissertation.

Voigt soll laut Plagiatsjäger auch in fünf weiteren Publikationen, veröffentlicht zwischen 2004 und 2018, 60 Plagiate verwendet haben, die man in einem 44-seitigem Bericht darstellt.

Bitter sind weiter Plagiate in einem programmatischen Aufsatz namens "Die Volkspartei der Mitte" über die CDU. Mario Voigt schreckte nicht einmal davor zurück, ausgerechnet aus dem Buch "Die verlogene Gesellschaft" (sic!) eines Parteikollegen zu plagiieren.

Stefan Weber, Blog für wissenschaftliche Redlichkeit

Die Technische Universität Chemnitz bestätigte, dass sie den Fall prüfe und ein Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten eingeleitet hat.

Trotz der Zurückweisung der Vorwürfe durch die CDU beharrt Weber auf seinen Anschuldigungen. Er betont, dass es wichtig sei, die Lebensläufe und schriftlichen Äußerungen der Kandidaten während eines Wahlkampfes genau zu überprüfen.