Wahlprogramme 2025: Diese Partei kostet Sie bis zu 1.520 Euro

Christian Kliver
Illustration: zwei Personen, eine mit leeren Flaschen, eine mit viel Geld

Die Wahlprogramme liegen vor. Ein neues Gutachten hat ihre finanziellen Folgen untersucht. Wer davon profitiert, hängt stark vom Einkommen ab.

Ein neues Gutachten des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim unter der Leitung von Prof. Dr. Holger Stichnoth hat die finanziellen Auswirkungen der Reformvorschläge der Parteien zur Bundestagswahl 2025 untersucht. Der Fokus lag dabei auf Plänen für die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag, die Vermögensteuer, das Bürgergeld, den Mindestlohn und ein Klimageld, wie die Forscher in ihrem Gutachten darlegen.

Ergebnisse nach Bruttoeinkommensklassen

Die Analyse zeigt, dass die geplanten Reformen sehr unterschiedlich auf die Bruttoeinkommensklassen wirken würden. Die Vorschläge der Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sehen für niedrige und mittlere Einkommen die stärksten Entlastungen vor.

Dabei profitieren bei der Linken vor allem die untersten Einkommensgruppen, während bei BSW die Entlastungen gleichmäßiger über die Klassen verteilt sind. Dazu die Forscher:

Ein Alleinverdiener-Ehepaar mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen wäre finanziell bessergestellt, wenn die Wahlprogramme von SPD, Grünen, Linken, BSW oder Union jeweils umgesetzt würden. Bei einem Bruttoeinkommen von 40.000 Euro jährlich stünden dieser Familie gerundet 6.150 (Linke), 1.010 (BSW), 870 (Grüne), 860 (SPD) bzw. 300 Euro (Union) mehr als bisher zur Verfügung.

SPD und Grüne entlasten ebenfalls die unteren und mittleren Einkommen spürbar, belasten aber hohe Einkommen stärker. Die FDP setzt auf eine Entlastung quer durch alle Einkommensbereiche, mit den höchsten absoluten Entlastungen für hohe Einkommen. Union und AfD planen moderate Entlastungen für die meisten Einkommensklassen.

Würden die Wahlprogramme von FDP oder AfD umgesetzt, hätte diese Familie weniger Geld zur Verfügung: Beim AfD-Programm wären es jährlich 440 Euro weniger, beim FDP-Programm 1.520 Euro weniger. Bei der FDP liegt das an Reformplänen beim Bürgergeld. Bei der AfD ergibt sich das aus einer komplizierten Interaktion aus Steuererleichterungen und den Anrechnungsregeln beim Wohngeld. Bei einer tatsächlichen Umsetzung würden diese Schlechterstellungen vermutlich vermieden. Schon bei den etwas höheren Einkommen von 60.000 Euro pro Jahr ergeben sich bei AfD und FDP deutliche Besserstellungen.

Folgen für Einkommensverteilung und Armutsrisiko

Wie die Forscher berichten, würde die Einkommensungleichheit gemessen am Gini-Koeffizienten bei Umsetzung der Vorschläge von Linke und BSW am stärksten sinken. Auch SPD und Grüne könnten die Ungleichheit etwas reduzieren, während FDP, Union und AfD sie leicht erhöhen würden. Bei der Armutsrisikoquote zeigt sich ein ähnliches Bild: Linke und BSW erreichen hier die größten Rückgänge.

Fazit der Forscher

"Mit unseren Simulationen möchten wir einen Beitrag zur Transparenz und Verständlichkeit der Wahlprogramme leisten", betont Prof. Stichnoth. Das Gutachten bewerte die Reformpläne nicht politisch, sondern analysiere ihre Auswirkungen nach bestem Wissen und Gewissen.

Eine detaillierte Veröffentlichung der fiskalischen Gesamtwirkungen der Vorschläge auf die öffentlichen Haushalte kündigen die Forscher für die nächsten Tage an. Telepolis wird dann über die Erkenntnisse im Detail berichten.

Methodik und Datengrundlage

Für die Berechnungen nutzte das Forscherteam das Steuer-Transfer-Mikrosimulationsmodell EviSTA des ZEW. Als Datengrundlage diente das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) in der Version v36 aus dem Erhebungsjahr 2019.

"Die retrospektiven Daten haben den Vorteil, dass alle Einkommensbestandteile berücksichtigt und dadurch in der Hochrechnung die Aggregate der Einkommensteuer und Sozialversicherung besser getroffen werden als bei einer Stichtagsbetrachtung", erläutert Prof. Stichnoth die Vorgehensweise.