Warum EU und Ukraine Trumps Friedensplan annehmen sollten
Der auf dem Tisch liegende Friedensplan ergibt durchaus Sinn, findet unser Gastautor
(Bild: Rawpixel.com/Shutterstock.com)
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Trumps Ukraine-Plan stößt aufgrund seiner Zugeständnisse an Russland auf Kritik. Doch ihn abzulehnen könnte fatale Folgen haben. Ein Gastbeitrag.
Der Großteil des nun von der Trump-Administration skizzierten Friedensplans für die Ukraine ist nicht neu, beruht auf gesundem Menschenverstand und wurde von Kiew tatsächlich bereits stillschweigend akzeptiert.
Ukrainische Offizielle haben eingeräumt, dass die ukrainische Armee in absehbarer Zeit keine Chance hat, die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Aussage von Vizepräsident J.D. Vance, wonach der US-Plan die "territorialen Linien [...] ungefähr dort einfrieren würde, wo sie heute sind", anerkennt lediglich eine offensichtliche Tatsache.
Zugeständnisse nicht so groß, wie sie scheinen
Auf der anderen Seite hat Putin, indem er Berichten zufolge einer Waffenruhe entlang der gegenwärtigen Frontlinie zugestimmt haben soll, seine Bereitschaft signalisiert, auf Russlands Forderung zu verzichten, die Ukraine solle sich aus jenen Teilen der von Russland beanspruchten Provinzen zurückziehen, die sich noch unter ukrainischer Kontrolle befinden.
Auch dies entspricht dem gesunden Menschenverstand. Die Ukrainer würden diesen Gebietsverzicht niemals akzeptieren, und angesichts des langsamen russischen Vormarschs bis dato wäre die Eroberung dieser Gebiete im Kontext des von den USA unterstützten ukrainischen Widerstands ein langer und schrecklich blutiger Prozess, aus dem Russland nur verwüstete Ödlandschaften gewinnen würde.
Selbst ohne ein US-Veto ist eine Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine nicht realistisch, da alle derzeitigen Nato-Mitglieder deutlich gemacht haben, dass sie nicht bereit sind, zur Verteidigung der Ukraine zu kämpfen, und weil mehrere europäische Länder außerdem Kiews Mitgliedschaft blockieren werden.
Tatsächlich hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj während der Friedensverhandlungen zu Kriegsbeginn selbst erklärt, dass — da alle führenden Nato-Regierungen (darunter die Biden-Administration) sich geweigert hätten, einen Nato-Beitritt innerhalb von fünf Jahren zuzusagen — ein Neutralitätsabkommen mit Sicherheitsgarantien der beste Weg für die Ukraine sei.
Gleichzeitig enthält der Trump-Plan ein großes Überraschungselement: das Angebot, die russische Souveränität über die Krim anzuerkennen. Anders als die Neutralität und die de-facto- (nicht de-jure-) Anerkennung der russischen Kontrolle über die anderen Gebiete stellt dies ein wirklich bedeutendes Zugeständnis an Russland dar.
Allerdings ist dieses Zugeständnis nicht so groß, wie es die westlichen Medien nahelegen, da es nicht die anderen vier Provinzen im Osten der Ukraine einschließt, die Russland behauptet, annektiert zu haben.
Die Frage der Krim
Ebenso ist noch unklar, ob die Trump-Administration nur eine formelle Anerkennung der russischen Souveränität über die Krim selbst anbietet oder ob sie — und Moskau — auch darauf bestehen, dass dies die Ukraine tun muss, was für die Selenskyj-Regierung politisch höchstwahrscheinlich unmöglich wäre. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, erklärte, Trumps Anerkennung von Russlands Souveränität über die Krim gelte nur für die USA; man verlange nicht, dass die Ukraine diesem Schritt folge.
Angesichts dieser Unklarheit war es unklug und unbedacht von Selenskyj, umgehend zu erklären, dass "es hier nichts zu besprechen gibt". Vielleicht muss er gar nicht darüber sprechen — doch eine derart öffentliche Zurückweisung ist kein geeignetes Mittel, um die Sympathie der Trump-Administration zu bewahren.
Es gibt durchaus eine rechtliche, moralische und historische Grundlage dafür, zumindest von US-Seite die Krim anders zu behandeln, weil die Halbinsel 1954 per sowjetischem Dekret ohne jegliche Form der Befragung der lokalen Bevölkerung von der Russischen Sowjetrepublik an die Ukrainische Sowjetrepublik übertragen wurde.
Auch scheint die Abstimmung der Krim-Bevölkerung für den Anschluss an Russland im Jahr 2014 weitgehend glaubwürdig gewesen zu sein, während die von Russland in den anderen vier Provinzen während des Krieges durchgeführten "Referenden" zu Recht als vollkommen unzuverlässig gelten.