Warum darf sich 2015 nicht wiederholen?

Geflüchtete nach der Ankunft auf der griechischen Insel Chios, 2015. Bild: Tim Lüddemann, CC BY-NC-SA 2.0

Vor sechs Jahren haben viele Menschen in Deutschland Notsuchenden eine großartige Willkommenskultur bereitet. Bei CDU und CSU scheint das nicht erwünscht

"2015 darf sich nicht wiederholen" – dieser Satz war in den letzten Tagen von Armin Laschet (CDU), von Alice Weidel (AfD), vom baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobel (CDU) und von weiteren führenden CDU-Politikern wie Julia Klöckner (CDU), Paul Ziemiak (CDU) und auch vom CSU-Chef Markus Söder (CSU) zu hören oder zu lesen.

2015 – was war denn da so schlimm?

2015 war das Jahr, an dem Deutschland beinahe eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den berühmten Satz gesagt hat: "Wir schaffen das".

Und tatsächlich haben hunderttausende Deutsche als Unternehmer, als Sprachlehrer und als Menschen, die eine Wohnung zur Verfügung stellen und den Geflüchteten Hilfe anbieten eine großartige Willkommenskultur bereitet, über welche die halbe Welt gestaunt hat.

Die Bilder davon sind noch im kollektiven Gedächtnis. Der spätere Präsident Frankreichs, Emmanuel Macron, sagte damals gegenüber der Süddeutschen Zeitung:

Kanzlerin Merkel und die ganze deutsche Gesellschaft waren auf der Höhe unserer gemeinsamen Werte. Sie haben unsere kollektive Würde gerettet, indem sie notleidende Flüchtlinge aufgenommen, untergebracht und ausgebildet haben.

Emmanuel Macron

Doch warum schämen sich jetzt plötzlich so viele deutsche Politiker wegen "2015"? Warum darf sich "2015 nicht wiederholen"? Droht Deutschland Unheil?

Ist Migration ein Unglück?

Die meisten der damaligen Flüchtlinge sprechen inzwischen gut Deutsch, haben einen Job, zahlen Steuern und arbeiten für ihren und unseren Wohlstand in Arbeitsplätzen, die viele Deutsche nicht mehr haben wollen.

Das Abendland ist tatsächlich nicht untergegangen. Die meisten Geflüchteten sind gut integriert. Warum aber dann diese lächerliche und feige Aussage führender deutscher Politiker, dass sich "2015 nicht wiederholen darf"?

Es ist Wahlkampf und dabei reden Politiker und Politikerinnen oft nicht nur schrecklich dummes Zeug, sondern biedern sich auch gerne mit populistischen und ausländerfeindlichen Thesen ihren Wählerinnen und Wählern an.

Die Spiegel-Kollegin Margarete Stokowski schreibt zu Recht:

2015 war das Jahr, in dem die Zivilgesellschaft vieles von dem geleistet hat, was die Politik nicht konnte oder nicht wollte. Was sich nicht wiederholen darf, ist, dass Politiker:innen flüchtende Menschen wie Atommüll behandeln, von dem sie nicht wissen wohin.

Margarete Stokowski

Mit dem fatalen, falschen und feigen Satz "2015 darf sich nicht wiederholen" lenken führende Politiker auch von ihrem aktuellen Versagen in der Afghanistan-Politik ab.

Das ist dreifach schändlich: Schändlich gegenüber den Geflüchteten von 2015, schändlich gegenüber den deutschen Flüchtlingshelfern von 2015 und schändlich gegenüber jenen Afghanen, die von dieser Bundesregierung in diesen Tagen sträflich vergessen und den Taliban preisgegeben wurden.

Der Satz "2015 darf sich nicht wiederholen" ist ausländerfeindlich, rassistisch und eine Beleidigung vieler Opfer. Man kann sich für diese Politik nur noch schämen.