Warum der militärisch-industrielle Komplex in Feierlaune ist

Seite 2: Repression ermöglicht, Demokratie verweigert

Im Laufe der Jahre haben US-Waffenhersteller, die weit davon entfernt sind, eine Schutzmacht für die Demokratie zu sein, oft dazu beigetragen, die Demokratie weltweit zu untergraben und gleichzeitig immer mehr Unterdrückung und Konflikte zu ermöglichen – eine Tatsache, die in der jüngsten Mainstream-Berichterstattung über die Branche weitgehend ignoriert wird.

In einem Bericht für das Quincy Institute aus dem Jahr 2022 stellte ich beispielsweise fest, dass von den 46 damals weltweit aktiven Konflikten 34 eine oder mehrere Parteien beteiligt waren, die von den Vereinigten Staaten bewaffnet wurden. In einigen Fällen waren die US-amerikanischen Waffenlieferungen bescheiden, aber in vielen anderen Konflikten waren diese Waffen von zentraler Bedeutung für die militärischen Fähigkeiten einer oder mehrerer der Kriegsparteien.

Solche Waffenverkäufe dienen auch nicht der Förderung der Demokratie gegenüber der Autokratie, einem Leitmotiv der Außenpolitik der Biden-Regierung. Im Jahr 2021, dem letzten Jahr, für das vollständige Statistiken vorliegen, bewaffneten die USA 31 Länder, die von Freedom House, einer gemeinnützigen Organisation, die die weltweite Entwicklung von Demokratie, politischer Freiheit und Menschenrechten verfolgt, als "nicht frei" eingestuft wurden.

Das ungeheuerlichste Beispiel aus jüngster Zeit, bei dem die US-amerikanische Rüstungsindustrie eindeutig schuldig ist, wenn es um die schwindelerregende Zahl ziviler Todesopfer geht, ist die Intervention der von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführten Koalition im Jemen, die im März 2015 begann und noch nicht wirklich beendet ist.

Obwohl der aktive militärische Teil des Konflikts inzwischen relativ ruht, verursacht eine teilweise Blockade des Landes weiterhin unnötiges Leid für Millionen von Jemeniten. Durch die Bombardierungen, die Kämpfe vor Ort und die Auswirkungen der Blockade sind fast 400.000 Menschen ums Leben gekommen.

Die saudischen Luftangriffe, bei denen Flugzeuge und Waffen aus amerikanischer Produktion zum Einsatz kamen, verursachten den Großteil der zivilen Todesopfer der direkten Militäraktion.

Der US-Kongress unternahm historische Anstrengungen, um bestimmte Waffenverkäufe an Saudi-Arabien zu blockieren und die US-Rolle in dem Konflikt durch eine Kriegsbefehlsresolution einzuschränken, doch Präsident Donald Trump legte sein Veto ein.

In der Zwischenzeit wurden Bomben, die von Raytheon und Lockheed Martin geliefert wurden, standardmäßig gegen Zivilisten eingesetzt und zerstörten Wohnviertel, Fabriken, Krankenhäuser, eine Hochzeit und sogar einen Schulbus.

Auf die Frage, ob sie sich für den Einsatz ihrer Waffen verantwortlich fühlen, geben sich die Rüstungskonzerne in der Regel als passive Zuschauer und argumentieren, dass sie lediglich die in Washington festgelegten Richtlinien befolgen.

Auf dem Höhepunkt des Jemenkrieges fragte Amnesty International Firmen, die militärische Ausrüstung und Dienstleistungen an die saudi-arabische Koalition lieferten, ob sie sicherstellten, dass ihre Waffen nicht für unfassbare Menschenrechtsverletzungen eingesetzt würden. Lockheed Martin antwortete wie sonst auch mit der Feststellung, dass "Rüstungsexporte von der US-Regierung reguliert und sowohl von der Exekutive als auch vom Kongress genehmigt werden, um sicherzustellen, dass sie die nationale Sicherheit und die außenpolitischen Ziele der USA unterstützen."

Raytheon erklärte lediglich, dass seine Verkäufe "von präzisionsgelenkter Munition an Saudi-Arabien in Übereinstimmung mit dem US-Recht erfolgt sind und weiterhin erfolgen".

Wie die Rüstungsindustrie die Politik prägt

Natürlich sind Waffenfirmen nicht nur den US-Gesetzen unterworfen, sondern versuchen auch, diese aktiv mitzugestalten, indem sie erhebliche Anstrengungen unternehmen, um gesetzgeberische Bemühungen zur Einschränkung von Waffenverkäufen zu blockieren.

Raytheon hat in der Regel hinter den Kulissen große Anstrengungen unternommen, um einen bedeutenden Verkauf von präzisionsgelenkten Bomben an Saudi-Arabien aufrechtzuerhalten. Im Mai 2018 besuchte der damalige Vorstandsvorsitzende Thomas Kennedy sogar persönlich das Büro des Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats, Robert Menendez, um ihn (erfolglos) zu drängen, die Blockade gegen den Verkauf aufzugeben.

Das Unternehmen pflegte auch enge Beziehungen zur Trump-Administration, einschließlich des Handelsberaters des Präsidenten, Peter Navarro, um seine Unterstützung für die Fortsetzung der Verkäufe an das saudische Regime auch nach der Ermordung des prominenten saudischen Journalisten und US-Bürgers Jamal Khashoggi sicherzustellen.

Die Liste der großen Menschenrechtsverletzer, die von den USA mit Waffen beliefert werden, ist lang und umfasst (aber nicht nur) Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Ägypten, die Türkei, Nigeria und die Philippinen. Solche Verkäufe können verheerende Folgen für die Menschen haben. Außerdem unterstützen sie Regime, die ihre Regionen nur allzu oft destabilisieren und die Vereinigten Staaten direkt in Konflikte verwickeln können.

Die von den USA gelieferten Waffen fallen auch viel zu oft in die Hände von Washingtons Gegnern. Man denke nur an die Art und Weise, wie die Vereinigten Arabischen Emirate Kleinwaffen und gepanzerte Fahrzeuge, die von US-Waffenherstellern produziert wurden, ohne erkennbare Konsequenzen an extremistische Milizen im Jemen weitergegeben haben, obwohl solche Handlungen eindeutig gegen amerikanische Waffenexportgesetze verstoßen.

Manchmal bekämpfen sich die Empfänger solcher Waffen sogar gegenseitig, wie 2019, als die Türkei von den USA gelieferte F-16-Kampfflugzeuge einsetzte, um von den USA unterstützte syrische Streitkräfte zu bombardieren, die am Kampf gegen die Terroristen des Islamischen Staats beteiligt sind.

Solche Beispiele unterstreichen die Notwendigkeit, US-Waffenexporte viel sorgfältiger zu prüfen. Stattdessen hat die Rüstungsindustrie ein zunehmend "gestrafftes" Genehmigungsverfahren für solche Waffenverkäufe eingefordert und für zahlreiche Maßnahmen geworben, die es noch erleichtern würden, ausländische Regime zu bewaffnen, unabhängig von ihrer Menschenrechtsbilanz oder ihrer Unterstützung für die Interessen, die Washington theoretisch fördert.

Dazu gehört eine "Exportkontrollreform-Initiative", die von der Industrie während der Obama- und der Trump-Administration stark gefördert wurde und schließlich zu einer weiteren Lockerung der Kontrolle von Waffenexporten führte. Sie hat in der Tat den Weg für Verkäufe geebnet, die in Zukunft in den USA produzierte Waffen in die Hände von Tyrannen, Terroristen und kriminellen Organisationen bringen könnten.

Jetzt fördert die Industrie Bemühungen, die Waffen durch "Reformen" des Foreign Military Sales Programms, bei dem das Pentagon im Wesentlichen als Waffenvermittler zwischen diesen Waffenkonzernen und ausländischen Regierungen fungiert, noch schneller zu verkaufen.

Zügelung des Komplexes

Der Drang, die Waffenexporte immer schneller zu steigern und damit die ohnehin schon gewaltige Waffenproduktionsbasis des Landes weiter zu vergrößern, wird nur zu noch mehr Preistreiberei seitens der Rüstungskonzerne führen. Es sollte ein Gebot der Stunde sein, sich vor einer solchen Zukunft zu schützen, anstatt sie anzuheizen.

Angebliche Sicherheitsbedenken, ob in der Ukraine, in Israel oder anderswo, sollten einer strengen Kontrolle durch den Kongress nicht im Wege stehen. Selbst auf dem Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs, als die Sicherheit der USA auf eine harte Probe gestellt wurde, richtete der damalige Senator Harry Truman einen Ausschuss ein, um die Profitausschlachtung im Krieg zu unterbinden.

Unsere Steuergelder werden vergeudet, um immer mehr Waffen herzustellen und ins Ausland zu verkaufen. Schlimmer noch, auf einen Waffentransfer, der einem legitimen Verteidigungszweck dient, kommt einer oder mehrere, die Konflikte und Unterdrückung schüren und dabei nur das Risiko erhöhen, dass dieses Land in noch kostspieligere fremde Konflikte verwickelt wird, während die großen Waffenkonzerne und ihre Führungskräfte ein Vermögen machen.

Ein möglicher Weg, um den unsinnigen Verkauf zumindest zu reduzieren, wäre, die Art und Weise, wie der Kongress Waffenexporte prüft, "umzukrempeln". Nach geltendem Recht ist eine Veto-Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses erforderlich, um einen fragwürdigen Verkauf zu blockieren.

Dieser Standard – vielleicht nach dem Gesagten keine Überraschung - wurde nie (ja, nie!) erfüllt, dank der jährlichen Wahlkampfunterstützung in Millionenhöhe, die die Waffenfirmen unseren Kongressabgeordneten bieten.

Eine Umkehrung der Verfahrensweise würde bedeuten, dass alle größeren Verkäufe an Schlüsselnationen der gänzlichen Zustimmung des Kongresses bedürfen, was die Chancen, gefährliche Geschäfte zu stoppen, bevor sie zustande kommen, erheblich erhöhen würde.

Die Lobpreisung der US-Waffenindustrie als "Arsenal der Demokratie" verschleiert die zahlreichen Möglichkeiten, wie sie unsere Sicherheit untergräbt und unsere Steuergelder verschwendet.

Sollte es nicht langsam an der Zeit sein, den militärisch-industriellen Komplex einer stärkeren demokratischen Kontrolle zu unterwerfen, anstatt ihn zu romantisieren? Schließlich hängen so viele Leben von ihm ab.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit TomDispatch. Das englische Original finden Sie hier. Übersetzung: David Goeßmann.

William D. Hartung ist Senior Research Fellow am Quincy Institute for Responsible Statecraft und Autor von u.a. "Pathways to Pentagon Spending Reductions: Removing the Obstacles".