Warum dieser AfD-Parteitag die EU verändern könnte – und wie
Seite 2: Die AfD für mehr Europa
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Auf dem Magdeburger Parteitag wurde aber nicht nur die Forderung nach einem Austritt aus der EU wieder einkassiert. Trotz markiger Worte über ein zu schaffendes "Europa der Nationen", über "notwendigen Bürokratieabbau", einen "Kampf gegen Zentralisierung" und gegen einen "EU-Superstaat" ist auffällig, dass die Partei gleich in mehreren Bereichen für ein mehr an Europa plädiert.
Zu nennen ist hier der von Alice Weidel vehement geforderte Beschluss über den Beitritt zur europäischen Partei "Identität und Demokratie". In dieser sind bereits andere rechte Parteien organisiert.
Die wichtigsten sind der belgische Vlaams Belang, die französische Partei Ressemblement National und die italienische Lega. Neben der Vernetzung verspricht sich die AfD von dem Beitritt zusätzliche Finanzmittel aus dem EU-Haushalt. Verschwiegen wurde auf dem Parteitag allerdings, dass solche Zahlungen voraussetzen, dass sich die Partei "Identität und Demokratie", und damit auch die AfD, ausdrücklich zum europäischen Integrationsprozess bekennen.
Bemerkenswert auch, dass die AfD in der ihr so wichtigen Frage der Migration künftig auf die EU und nicht mehr allein auf nationale Antworten setzt. Wie Politiker aus CDU/CSU und FDP auch, fordert sie nun auch sie eine "Festung Europa":
Zum Schutz unserer Freiheit, unserer Lebensweise und Identität muss die irreguläre und illegale Masseneinwanderung aus kulturfremden Regionen nach Europa beendet werden. Der Schutz der Außengrenzen des Europäischen Bundes wird als Aufgabe aller Mitgliedstaaten verstanden. Er umfasst die Errichtung wirksamer physischer Barrieren, eine moderne technische Überwachung und den Einsatz von Grenzschutzpersonal. Er wird durchgeführt von nationalen Behörden im Zusammenwirken mit der Agentur für die Grenz- und Küstenwache des Bundes. Alle mit dem Außengrenzschutz verbundenen Kosten werden von der Gemeinschaft getragen.
Gefordert wird damit nichts anderes als eine weitere Vergemeinschaftung der Flüchtlings- und Migrationspolitik der Union. Zumindest in dieser Frage plädiert die AfD also für ein Mehr an Europa!
Auf dem Weg zu einem rechten Regierungsbündnis
Alice Weidel hatte bereits 2017 als Ziel der AfD ausgegeben, "bis 2021 regierungsfähig" zu sein. Daraus wurde bekanntlich nichts, auch weil die Forderung nach Auflösung der EU bzw. nach einem Austritt Deutschlands, wie sie im Bundestagswahlprogramm der AfD für 2021 noch erhoben wurde, mit CDU/CSU und FDP nicht zu machen ist. Diese Position wurde nun in Magdeburg erfolgreich abgeräumt. Und in der Frage des Euros lagen die Haltungen der drei Rechtsparteien bereits zuvor nicht weit auseinander.
Es scheint sich daher für Deutschland eine ähnliche Entwicklung abzuzeichnen, wie sie in anderen europäischen Ländern bereits Realität geworden ist. Überall verdanken die neuen, radikalen Rechtsparteien einer Absage an die EU bzw. an den Euro ihren Aufstieg.
Sie machen sich dabei die berechtigten Ängste der Lohnabhängigen vor einer zügellosen Globalisierung zunutze, Ängste, die neoliberale Sozialdemokraten schon seit Langem ignorieren. Auch die Linken haben längst ihren Frieden mit der EU geschlossen und können mit der unter Arbeitern und Angestellten verbreiteten Ablehnung der europäischen Integration nichts anfangen.
Das ist regelmäßig die Chance der radikalen Rechten. Sie fordern plakativ den Austritt des Landes aus der EU, zumindest aber aus der Eurozone. Sobald sie aber in die Nähe der Regierungsbeteiligung kommen, werden diese Positionen bis zur Unkenntlichkeit verwässert und schließlich ganz aufgegeben.
So geschieht es gegenwärtig in Frankreich in der Partei Ressemblement National, deren bisherige Vorsitzende Marine Le Pen gute Chancen hat Macrons Nachfolgerin als Präsidentin Frankreichs zu werden. So ist es in Finnland und Schweden, wo die neuen Rechtsparteien inzwischen der Regierung angehören bzw. sie stützen.
Am augenfälligsten ist dieser Wandel aber in Italien, wo Matteo Salvini von der Lega lange Zeit die Karte des Austritts Italiens aus der Eurozone spielte und damit seine Partei zur Stärksten Italiens machen konnte. Bis er schließlich Innenminister wurde, dann war es mit der Euroablehnung plötzlich vorbei.
Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni führte ihre neofaschistische Partei Fratelli d’Italia mit nationalistischen Parolen 2022 zum Sieg ("Italien den Italienern!"). Heute hingegen ist von einer kritischen Haltung des Landes gegenüber der EU oder auch nur dem Euro gegenüber keine Rede mehr!
In Deutschland steht Alice Weidel für eine solche Entwicklung. Sie war auf dem Magdeburger Parteitag die treibende Kraft für einen Beitritt der AfD in die europäische Partei "Identität und Demokratie", und aus ihrer Ablehnung einer Auflösung der EU bzw. einem Austritt Deutschlands aus der Union hat sie nie einen Hehl gemacht.
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