Warum es falsch ist, dass Habeck die Industrie schont

Das sogenannte Fracking ist ein umweltschädliches Verfahren, um schwer förderbares Gas aus der Erde zu pumpen. Die FDP möchte Fracking in Deutschland einführen, um Energielücken zu schließen. Bild: greensefa / CC BY 2.0

Energie und Klima – kompakt: Von liberalen Fracking-Fans, Waldbränden und einer „Energieinsel“ in der Nordsee.

Das innenpolitisch wichtigste Thema der zurückliegenden Wochen war sicherlich, dass die Berliner Ampelkoalition weitere Schritte erwägt, die Nutzung fossiler Kraftstoffe auszuweiten oder zumindest so umzuschichten, dass der Treibhausgasausstoß erhöht würde.

Die FDP fordert die Aufhebung des Fracking-Verbots, um die inländische Gasförderung auszudehnen, und behauptet, dass dabei keine Umweltschäden entstehen könnten. Jedenfalls nicht, wenn „moderne Sicherheitsstandards“ eingehalten würden.

Fragt sich nur, weshalb in den USA so viele Methan-Emissionen in den Fördergebieten nachgewiesen wurden. Methan ist ein weitaus schädlicheres Treibhausgas als Kohlendioxid (CO₂), auch wenn es in der Atmosphäre im Vergleich zum CO₂ sehr rasch wieder abgebaut wird.

Während Letzteres nach Ende der Emissionen mehrere Jahrtausende brauchen würde, bis sich seine Konzentration wieder auf dem vorindustriellen Niveau eingependelt haben wird, ist Methan bereits nach 11 Jahren zur Hälfte zersetzt. Eines seiner Abbauprodukte ist allerdings CO₂.

Doch wie es aussieht, hat der FDP-Vorstoß zunächst vor allem etwas mit Aufmerksamkeitsökonomie zu tun. Zum einen, weil beide Koalitionspartner sofort ihr Nein vernehmen ließen, zum zweiten, weil dafür nicht nur Bundes-, sondern auch Landesgesetze geändert werden müssten und zum dritten, weil entsprechende Investitionen aus diesem und anderen Gründen, nicht zuletzt wegen Widerständen in den gegebenenfalls betroffenen Regionen, eine eher langwierige Angelegenheit wären.

Fracking wird also mit Sicherheit nichts an den gegenwärtigen Versorgungsproblemen ändern. Vielleicht sollte Deutschland einfach dafür sorgen, dass Russland seine Turbine zurückbekommt, mit der es bisher Gas durch die Nord-Stream-1-Pipeline gepumpt hatte. (Telepolis hatte am gestrigen Dienstag über den Sachverhalt berichtet.)

Im gleichen Beitrag hatten wir bereits vermeldet, dass das Bundeswirtschaftsministerium den verstärkten Einsatz von Kohlekraftwerken vorbereitet, schon am 8. Juli soll ein entsprechendes Gesetz im Bundesrat behandelt werden „und dann zügig in Kraft treten“.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte an, von diesem Gesetz dann auch sofort Gebrauch machen zu wollen. Oberste Priorität sei, die Gasspeicher zu füllen. Dass der Ersatz von Erdgas durch Kohle bei der Verstromung eine Zunahme der Treibhausgasemissionen bedeutet, wird nicht verhehlt, aber in Kauf genommen.

Unerwähnt bleibt allerdings, dass die besonders Emission-intensiven Braunkohlekraftwerke, die mobilisiert werden sollen, lange nicht so flexibel wie Gaskraftwerke sind. Deren Anpassungsfähigkeit wird jedoch für den Ausgleich der wetter- und tageszeitlich bedingten Schwankungen von Nachfrage sowie der Produktion der Windkraft- und Solaranlagen benötigt.

Außerdem vermeidet Habeck eine Diskussion über den Erdgasbedarf der Industrie. Dort wird Erdgas in großem Umfang als Wasserstofflieferant benötigt. Ein Methan-Molekül besteht aus einem Kohlenstoff und vier Wasserstoffatomen.

Der Wasserstoff wird in der Industrie im erheblichen Umfang in der Kunststofferzeugung verwendet, die sicherlich zum Teil sinnvollen Produkten zum Beispiel in der Medizin dient, aber auch der Herstellung gewaltiger Mengen unnötigen Plastikmülls.

Dessen Eindämmung ist ohnehin unter anderem angesichts der Verbreitung von Mikroplastik, das inzwischen selbst in den entlegensten Regionen der Arktis und in den tiefsten Tiefen der Meere gefunden wird, geboten.

Doch für die Bundesregierung scheint der Industriebedarf sakrosankt, ihn zu reglementieren wird nicht einmal öffentlich in Erwägung gezogen. Ein neuer Anreizmechanismus, der industrielle Abnehmer für das Einsparen von Gas belohnen soll, ist das einzige, was dem grünen Minister und seiner Behörde einfällt.

Zahlreiche Waldbrände

Ausnahmsweise kam der Regen am Montag mal zur rechten Zeit. Das ist auch in hiesigen Breitengraden längst nicht mehr die Regel. Besonders weitere Teile Ostdeutschlands leiden seit Jahren unter einem Mangel an Niederschlägen, der immer wieder zu weitverbreiteter Dürre führt. Entsprechend erbärmlich sehen inzwischen viele Wälder aus.

Doch zu Wochenbeginn gab es endlich auch in Brandenburg zur Abwechslung mal wieder reichlich Regen, der rechtzeitig kam, um die schweren Waldbrände südwestlich von Berlin bei Treuenbrietzen und Beelitz – Letzteres für seinen Spargel bekannt – einzudämmen.

Die dortigen Brände hatten am Wochenende für einige Schlagzeilen gesorgt, da sie mit Rekordtemperaturen einhergingen, sich sehr rasch ausbreiteten. Einige Dörfer und Siedlungen mussten vorsorglich evakuiert werden.

Jeweils 200 Hektar (zwei Quadratkilometer) hatten an zwei nicht weit voneinander entfernten Orten gebrannt. Am Montagabend waren die Feuer jedoch gelöscht. Vorerst, denn es verblieben noch Glutnester im Boden, die weiter beobachtet werden mussten. Auch das ein Zeichen für die große Trockenheit in der Region.

Die politischen Verantwortlichen, vor allem Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), beeilten sich, an die Brandherde zu reisen, um sich mit den Feuerwehrleuten ablichten zu lassen. Dabei fehlte es nicht an klugen Reden, was für Lehren gezogen wurden und noch zu ziehen sind, nur eine Vokabel wurde vermieden: Klimawandel. Über den Elefanten im Raum will keiner reden, wie ein Kommentator des RBBs anmerkt.

Die brandenburgischen Waldbrände waren allerdings bei weitem nicht die einzigen, die am Wochenende deutsche Feuerwehren in Atem hielten. Weitere Brände gab es unter anderem in Niesky in der ostsächsischen Oberlausitz, in Elsterberg/Kötten in Nordsachsen, in der Nähe des hessischen Offenbach, unweit davon im Odenwaldkreis, im äußersten Süden von Rheinland-Pfalz, in Bad Teinach im Norden Baden-Württembergs, am anderen Ende des gleichen Bundeslandes an der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Donaueschingen und schließlich im äußersten Süden Bayerns in Eschenlohe unweit von Oberammergau.

Energieinseln und Kohlebagger

Ansonsten wäre noch von einem neuen Druckluftspeicher in China zu berichten, dem ersten seiner Art für das Land der Mitte. In diesen wird Luft mit überschüssigem Strom in eine Kaverne gepresst. Entlässt man sie, kann mit ihr eine Turbine angetrieben werden. Wichtig zur Erhöhung des sonst eher schlechten Wirkungsgrades ist, dass die beim Verpressen anfallende Wärme ebenfalls gespeichert oder anderweitig genutzt wird.

Dann wäre da noch die sogenannte Energieinsel, die Dänemark vor seiner Nordseeküste bauen will. Kostenpunkt (ohne Leitungen und Windkraftanlagen): zehn Milliarden dänische Kronen (1,34 Milliarden Euro). 2028 soll die Insel fertig sein und ab 2033 Strom liefern.

Um die künstliche Insel herum sollen bis 2040 Windkraftanlagen mit insgesamt zehn Gigawatt Leistung entstehen. Zugleich soll sie einen Teil des Stroms in Wasserstoff umwandeln, als Knotenpunkt zwischen den Nordseeanrainerstaaten dienen und wie jetzt vereinbart wurde auch eine wichtige Rolle für das Internet in Nordeuropa spielen. Unter anderem ist geplant, Rechenzentren auf der Insel zu errichten.

Ähnliche Pläne werden bereits seit längerem auch in den Niederlanden und in Belgien diskutiert, aber dort sind die Planungen nicht so weit fortgeschritten wie in Dänemark. Belgien, das dringend Ersatz für seine altersschwachen Atomkraftwerke braucht, hat mit Dänemark bereits ein Memorandum über die Abnahme von Strom von der Energieinsel abgeschlossen.

Schließlich ist da noch die Frage, ob die kleine Siedlung Lützerath im Rheinland, an die sich inzwischen die Bagger des Braunkohletagebaus Garzweiler 2 herangefressen haben, abgerissen wird. Die Grünen signalisieren, dass sie für eine Koalition mit der CDU in Düsseldorf auch für dieses Opfer bereit wären, allerdings hat sich dort längst ein Protestcamp etabliert. Gerade wurde eine bisher von rund 5000 Personen unterschriebene Erklärung veröffentlicht, mit der die Unterzeichner:innen erklären, sich am Tag X der Räumung dem Abriss Lützeraths entgegenzustellen. Im Herbst könnte es so weit sein.