Warum im deutschen US-Lazarett amerikanische Ukraine-Kämpfer behandelt werden

Das U.S. Regional Medical Center in Landstuhl bei einer Notfallübung. Bild: U.S. Army

Hunderte US-Veteranen kämpfen in der Ukraine. Die Versorgung dort ist katastrophal, also kommen Verwundete nach Landstuhl. Über das nächste Russisch Roulette.

Wie die New York Times berichtet, werden im US-Militärkrankenhaus in Landstuhl in Rheinland-Pfalz, dem größten Lazarett der US Army außerhalb der Vereinigten Staaten, verletzte US-Amerikaner und andere Kämpfer aus der Ukraine medizinisch behandelt. Man habe mit den Behandlungen "unauffällig" begonnen, heißt es in dem Bericht.

Das ist deswegen bemerkenswert, da die USA damit in eine Zwickmühle geraten, wie es die New York Times (NYT) ausdrückt:

Die Biden-Regierung hat zu Beginn des Krieges geschworen, keine amerikanischen Truppen in der Ukraine einzusetzen, und die US-Amerikaner davor gewarnt, sich einzumischen. Jetzt muss sie selbst diejenigen behandeln, die sie aufgefordert hatte, sich fernzuhalten.

Beim Pentagon zeigt man sich auf Nachfrage überrascht, wenn auch nicht besorgt darüber, dass in Landstuhl regelmäßig verletzte Kämpfer auch aus den USA behandelt werden. Gemäß einer Richtlinie des US-Verteidigungsministeriums vom letzten Sommer ist Landstuhl befugt, bis zu 18 verwundete Angehörige der ukrainischen Streitkräfte gleichzeitig zu versorgen. Abgeordneten im US-Kongress fordern jetzt sogar, dass die Zahl weiter erhöht werden müsse.

Nun zeigt sich aber, dass in Landstuhl nicht nur Ukrainer, sondern auch US-Amerikaner, die in der Ukraine kämpfen, behandelt werden. Im Bericht ist von derzeit 14 Verletzten die Rede.

Nach Ausbruch des Krieges sind Hunderte US-Amerikaner, viele davon Veteranen, in die Ukraine gezogen, um an der Seite der Ukrainer zu kämpfen. Noch heute sind dort wahrscheinlich weiter Hunderte, die in Milizen oder im ukrainischen Militär dienen.

Wie viele verletzt wurden, ist unklar. Rund 20 sollen getötet worden sein.

Auch in deutschen zivilen Krankenhäuser sind ukrainische Kämpfer behandelt worden. So spricht Wolfgang Böcker vom Klinikum der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität von "zehn jungen Soldaten, die wir operiert und danach weiter versorgt haben". Er erklärte dabei, dass er auch russische Kämpfer behandeln würde.

Für die US-Freiwilligen, die in der Ukraine kämpfen, scheint es jedoch schwieriger zu sein, Krankenhäuser zu finden, die sie aufnehmen. So suchte das ehemalige Mitglied der US-Spezialeinheit Green Berets, David Bramlette, der seit Dezember eine Angriffseinheit in der Ukraine leitete und für die humanitäre R.T. Weatherman Foundation arbeitet, für seine verwundeten Kameraden medizinische Versorgung in Europa.

Doch er wurde nicht fündig bei den zivilen Krankenhäusern. Man verwies ihn schließlich auf Landstuhl.

Medizinische Versorgung in der Ukraine sehr schlecht

Die Aussagen der Verwundeten von Landstuhl zeigen zudem, dass es um die medizinische Versorgungslage für die ukrainischen Kämpfer offensichtlich sehr schlecht bestellt ist.

Evakuierungshelikopter für Verwundete auf dem Schlachtfeld gäbe es nicht. Die Krankenhäuser in der Ukraine seien überlastet, die Versorgung könne nur lückenhaft gewährleistet werden. Die Wunden würden nur notdürftig versorgt.

Die sanitären Einrichtungen und Antibiotika lägen zudem unter dem US-Standard. Operationen seien manchmal nur für die schwersten Fälle vorgesehen. Ein Air-Force-Veteran berichtet der NYT:

Ich wurde in einer Schubkarre abtransportiert. Ich bin während der Operation aufgewacht, weil ich nicht genug Narkosemittel bekommen habe. Die Ukrainer tun ihr Bestes, aber es gibt so viele Verwundete.

Ein anderer, der von einem Granatsplitter in den Beinen, im Arm und Nacken getroffen wurde, ergänzte, dass es drei Wochen gedauert habe, bis man ihm in der Ukraine sagte, er würde erst in einem Monat eine Operation bekommen können. In Deutschland bekam er sie in zwei Tagen.

Die Frage, die sich stellt, ist: Warum ist die medizinische Versorgung, eineinhalb Jahre nach Kriegsbeginn, in der Ukraine derart mangelhaft? Wie viele der westlichen Unterstützungsgelder – es sind allein weit über hundert Milliarden Dollar von den USA – gehen eigentlich in die medizinische Versorgung für die Ukraine-Kämpfer? Und wenn es doch offensichtlich zu wenig ist: Warum wird dafür nicht mehr getan?

Zudem birgt die Versorgung von US-Kombattanten in einem US-Militärkrankenhaus in Deutschland Risiken. In der NYT heißt es:

Russland hat wiederholt davor gewarnt, dass eine stärkere Beteiligung der USA einen größeren Krieg auslösen könnte. Man muss kein besonders kreativer russischer Propagandist sein, um die amerikanischen Freiwilligen, die mit amerikanischen Waffen ausgerüstet sind und in einem Krankenhaus der amerikanischen Armee behandelt werden, de facto als US-Truppen vor Ort darzustellen.

Wie bei den vielen roten Linien, die die USA immer wieder überschritten haben, seien es nun Raketen, Panzer, Pilotentrainings und Angriffe auf russisches Territorium, wird von US-Seite jedoch erneut beruhigt, dass der russische Präsident Wladimir Putin ja in keinem der Fälle bisher reagiert habe.

Das mag sein. Es ist aber sehr gefährlich angesichts der Eskalationsspiralen, die bis zum Atomkrieg reichen, an immer mehr Fronten Russisch Roulette zu spielen. Denn, wie Connor Echols vom Quincy Institute in den USA herausstellt, drängen die russischen Hardliner Putin zur Eskalation, während die USA immer weitere rote Linien überschreiten.

Vielleicht wäre es da eine bessere Idee, den Ukrainern das Geld zu geben, um die Versorgung im eigenen Land gewährleisten zu können.