Was ist das Besondere an den Bodenschätzen der Ukraine?
(Bild: Joaquin Corbalan P / Shutterstock.com)
Die Ukraine birgt einen Schatz an Bodenschätzen. Lithium, Graphit und Seltene Erden etwa sind für die Energiewende unverzichtbar. Doch es gibt noch mehr.
Die Bodenschätze der Ukraine sind zu einem zentralen Thema der globalen Geopolitik geworden, und US-Präsident Donald Trump strebt einen Deal mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an, um Zugang zu diesen Bodenschätzen zu erhalten. Aber worum handelt es sich bei diesen Bodenschätzen genau und warum sind sie so begehrt?
Die Ukraine ist bekannt für ihre riesigen landwirtschaftlichen Flächen und ihr industrielles Erbe, aber unter der Oberfläche liegt eine der bemerkenswertesten geologischen Formationen der Welt, der "Ukrainische Schild".
Dieses massive, freiliegende kristalline Gestein, das vor über 2,5 Milliarden Jahren entstanden ist, erstreckt sich über einen Großteil der Ukraine. Es stellt einen der ältesten und stabilsten Kontinentalblöcke der Erde dar. Die Formation hat im Laufe der Zeit mehrere Episoden der Gebirgsbildung, der Bildung und Bewegung von Magma und anderen Veränderungen durchlaufen.
Diese Prozesse schufen günstige geologische Bedingungen für die Bildung mehrerer Mineralvorkommen, darunter Lithium, Graphit, Mangan, Titan und Seltenerdelemente. All diese sind heute für die moderne Industrie und die globale Energiewende von entscheidender Bedeutung.
Die Ukraine verfügt über Vorkommen von 22 der 34 kritischen Mineralien, die von der Europäischen Union als wesentlich für die Energiesicherheit eingestuft wurden. Damit gehört die Ukraine zu den ressourcenreichsten Nationen der Welt.
Internationaler Wettlauf
Während die Welt um die Dekarbonisierung kämpft, steigt die Nachfrage nach kritischen Mineralien sprunghaft an. Elektrofahrzeuge, Windturbinen, Solarmodule und Energiespeichersysteme benötigen Lithium, Kobalt und Seltenerdelemente, die in der Ukraine im Überfluss vorhanden sind.
Der Preis für Lithium ist von 1.500 US-Dollar pro Tonne in den 1990er Jahren auf etwa 20.000 US-Dollar pro Tonne in den vergangenen Jahren gestiegen. Es wird erwartet, dass die Nachfrage bis 2040 um fast das 40-fache steigen wird.
Laut der Internationalen Energieagentur wird die Zahl der Elektrofahrzeuge bis 2030 voraussichtlich auf über 125 Millionen steigen. Ein ähnliches Wachstum wird für andere Batteriemetalle erwartet. Jedes Elektrofahrzeug benötigt deutlich mehr Lithium als herkömmliche Elektronik. So benötigt etwa eine Tesla-Model-S-Batterie etwa 63 kg hochreines Lithium.
Die Ukraine verfügt über drei große Lithiumvorkommen. Dazu gehören Shevchenkivske in der Region Donezk sowie Polokhivske und Stankuvatske in der zentral gelegenen Region Kirowograd – alle innerhalb des Ukrainischen Schildes. Trotz des beträchtlichen Mineralpotenzials sind viele der Mineralvorkommen der Ukraine aufgrund des Krieges mit Russland, der den Bergbau unterbrochen und die Infrastruktur beschädigt hat, weitgehend unerforscht geblieben.
Die Lithiumlagerstätte Shevchenkivske enthält hohe Konzentrationen von Spodumen – dem wichtigsten lithiumhaltigen Mineral, das in der Batterieproduktion verwendet wird. Die Reserven werden auf 13,8 Millionen Tonnen Lithiumerze geschätzt. Allerdings sind für die Förderung Explorationsinvestitionen in Höhe von schätzungsweise 10 bis 20 Millionen US-Dollar erforderlich, bevor mit dem Abbau begonnen werden kann.
Die Polokhivske-Lagerstätte mit einem geschätzten Lithiumvorkommen von etwa 270.000 Tonnen gilt als einer der besten Lithiumstandorte in Europa. Dies liegt an den günstigen geologischen Bedingungen, die die Gewinnung wirtschaftlicher machen.
Aber Lithium ist nur ein Element der Bodenschätze der Ukraine. Laut der US-amerikanischen geologischen Landesaufnahme ist die Ukraine weltweit der drittgrößte Produzent des Minerals Rutil – mit einem Anteil von 15,7 Prozent an der weltweiten Gesamtproduktion. Sie ist der sechstgrößte Produzent von Eisenerz (3,2 Prozent der Gesamtproduktion) und Titan (5,8 Prozent) sowie der siebtgrößte Produzent von Manganerz (3,1 Prozent).
Die Ukraine verfügt auch über die größten Uranreserven Europas, die für Kernkraft und Waffen von entscheidender Bedeutung sind. Sie verfügt über bedeutende Vorkommen an Seltenerdelementen, darunter Neodym und Dysprosium, die für die Herstellung von Smartphones bis zu Windturbinen und Elektromotoren benötigt werden.
Ferner verfügt die Ukraine über die weltweit größten nachgewiesenen Reserven an Manganerzen. Es gibt etwa 2,4 Milliarden Tonnen davon, die sich hauptsächlich im Nikopol-Becken am Südhang des Ukrainischen Schildes befinden.
Die strategische Bedeutung der Mineralien der Ukraine hat in der internationalen Diplomatie Anerkennung gefunden. Jüngste bilaterale Verhandlungen zwischen der Ukraine und den USA unterstreichen die geopolitische Bedeutung dieser Ressourcen.
Ein vorgeschlagenes Abkommen über Mineralien würde vorsehen, dass die Ukraine 50 Prozent der künftigen Einnahmen aus staatlichen Mineralressourcen, Öl und Gas sowie anderen abbaubaren Materialien in einen Investitionsfonds für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg einzahlt. Der Fonds würde gemeinsam von Kiew und Washington verwaltet werden.
Was ist mit den eigenen Mineralien der USA?
Das Interesse der USA an ukrainischen Mineralien spiegelt eine umfassendere geopolitische Besorgnis über die steigende Nachfrage, volatile Preisbewegungen und Schwachstellen in der Lieferkette wider.
Obwohl die USA über viele der gleichen kritischen Mineralien wie die Ukraine verfügen, haben sie den Bergbau und die Raffination aufgrund von Umweltvorschriften, hohen Arbeitskosten und attraktiveren ausländischen Märkten in der Vergangenheit ausgelagert.
Dies hat zu einer Abhängigkeit von Importen geführt, insbesondere aus China, das die Produktion und Verarbeitung kritischer Mineralien dominiert. Durch den Zugang zu den Mineralien der Ukraine im Austausch für militärischen Schutz können die USA vermeiden, diese Mineralien von China kaufen zu müssen.
Die Strategie der US-Bundesregierung sieht in der Tat vor, der Diversifizierung durch Partnerschaften zur Sicherung der Mineralversorgung Vorrang einzuräumen, um eine stabilere und widerstandsfähigere Lieferkette zu schaffen.
Die kritischen Mineralien der USA sind über verschiedene geologische Provinzen verteilt, darunter die Appalachen, der Kordilleren-Gürtel und der präkambrische Schild, der in Teilen des Mittleren Westens freigelegt ist.
Die USA verfügen zwar über beträchtliche Lithiumressourcen, insbesondere im Clayton Valley in Nevada und im Kings Mountain in North Carolina, doch ein Großteil der aktuellen Lithiumproduktion stammt aus "Solebetrieben". Dabei handelt es sich um die Gewinnung aus Salzlösungen wie Meerwasser oder Salzseen, die teurer sein kann als der Abbau von Hartgestein.
Der globale Wandel hin zu grüner Energie und Elektromobilität beschleunigt sich, und Mineralien stehen im Mittelpunkt dieses Wandels. Rund 80 Prozent des weltweit produzierten Lithiums wird für die Batterieproduktion verwendet. Große Autohersteller investieren Milliarden in die Produktion von Elektrofahrzeugen und treiben damit eine beispiellose Nachfrage nach den Mineralien an, die diese Technologie antreiben.
Der Mineralreichtum der Ukraine positioniert das Land als potenziellen Vorreiter der Energiewende. Sobald die Stabilität wiederhergestellt ist, wird die Ukraine die einmalige Gelegenheit haben, die globale Lieferkette für kritische Mineralien neu zu gestalten. Selbst bei einer 50-prozentigen Zuteilung an die USA wäre die Ukraine noch in der Lage, die heimische Infrastruktur, das Wachstum der Industrie, Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Erholung zu finanzieren.
Munira Raji ist Forschungsstipendiatin für Geologie an der Universität Plymouth.
Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Lesen Sie den Originalartikel. Übersetzer: Bernd Müller