Weizenexporte aus ukrainischen Häfen: Enger Korridor

Verhandelt wird über ein Koordinierungszentrum unter der Schirmherrschaft der UN. Die Kontrolle der Ein- und Ausgänge der Schwarzmeer-Häfen soll von russischer und ukrainischer Seite gemeinsam erfolgen.

Die Verhandlungen zu einem Korridor, der Weizenexporte von ukrainischen Häfen im Schwarzen Meer ermöglicht, werden nächste Woche, wahrscheinlich am 21. Und 22. Juli fortgesetzt. Das geht aus einer ungenannten Quelle aus Ankara hervor, über die die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet. Verhandelt werde über ein Koordinierungszentrum unter der Schirmherrschaft der UN.

Den Angaben zufolge hat man immerhin schon ein Dokument erarbeitet. Die Schwierigkeit liegt wie stets in den Details, die noch ausgehandelt werden müssen. Offen sind demnach Fragen "zur Aufsicht, besonders über die Weizen- und Nahrungsmittel-Transporte".

Welche Rolle das Koordinierungszentrums unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen genau einnehmen wird, ist nach vorliegender Nachrichtenlage noch vage. Geplant ist laut Tass-Meldung, dass dort Vertreter des Militärs und des Zolls sowohl von ukrainischer wie auch von russischer Seite beteiligt sein sollen.

Die Zusammenarbeit wird angesichts des Krieges keine einfache Sache sein, zumal es heißt, dass die "Kontrolle der Ein- und Ausgänge von Häfen und die Gewährleistung der Sicherheit von Lebensmitteltransportwegen" gemeinsam erfolge.

Die erste Gesprächsrunde fand am Mittwoch, den 13. Juli, in Istanbul statt. Teilnehmer warn Militärdelegationen aus der Ukraine, Russland und der Türkei sowie UN-Vertreter, darunter UN- Generalsekretär António Guterres.

"Hoffnungsschimmer in einer von Krisen verdunkelten Zeit"

Der frühere portugiesische Premierminister und ehemalige UN-Flüchtlingskommissar gab sich nach dem Treffen über optimistisch und twitterte von einem "Hoffnungsschimmer in einer von Krisen verdunkelten Welt".

Man habe in Istanbul "einen großen Schritt nach vorne gemacht", um die Ausfuhr ukrainischer Lebensmittel durch das Schwarze Meer zu gewährleisten, so der UN-Generalsekretär. Geht es nach Informationen des türkische Journalisten Ragıp Soylu, Leiter des Türkei-Büros von Middle East Eye, der in der Vergangenheit öfter seinen engen Draht zur Regierung in Ankara unter Beweis stellte, so muss am Boden für den großen Schritt noch einiges gearbeitet werden.

Bislang gebe es nur ein "technisches Abkommen", so Soylu, der sich auf Angaben des türkischen Verteidigungsministers bezieht. Das kann man dahingehend verstehen, dass am politischen Konsens noch einiges zu tun ist. Dies ist im Kontext des Kampfgeschehens, der begleitenden "politischen Kommunikation" (Informationskrieg) und des Sanktionen gegen Russland sowie der russischen Reaktionen darauf, nicht die leichteste Hürde.

Ankara ist optimistisch

Dennoch, so berichtet Reuters, gibt es auch innerhalb der türkischen Regierung, die sich immer wieder als wichtige Adresse oder Player im politischen Orbit des Ukraine-Kriegs herauszustellen sucht, Optimismus: Aus Ankara kommt die Botschaft, dass es vom nächsten Treffen Unterschriftsreifes zu berichten gäbe.

Dass Ankara selbst eine relevante Rolle einnehmen will, spielt da mit hinein:

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar erklärte, dass die Vereinbarung, die nächste Woche unterzeichnet werden soll, gemeinsame Kontrollen der Lieferungen in den Häfen und die Gewährleistung der Sicherheit der Exportrouten über das Schwarze Meer durch die Türkei vorsieht. Die Türkei würde auch ein Koordinierungszentrum mit der Ukraine, Russland und den Vereinten Nationen für Getreideexporte einrichten.

Reuters

Sollte tatsächlich eine Vereinbarung zustande kommen, auf die sich die Kriegsparteien Russland und Ukraine einigen können, so wäre das nicht nur angesichts der globalen und dramatischen Ernährungsprobleme eine gute Nachricht, auf die viele warten, sondern auch ein großer Schritt, der eine weitere militärische Eskalation verhindert.

Im Hintergrund: Humanitärer Einsatz der US-Marine

Wie der US-Think-Tank Responsible Statecraft Anfang Juli darlegte, gibt es Forderungen unter dem Label einer "humanitären Operation", die auf eine Entsendung von Schiffen der US-Marine in das Schwarze Meer hinauslaufen würden, damit diese den Weizen- und Nahrungsmittelexport aus ukrainischen Häfen eskortieren.