Weniger Öffentlichkeit für ZDF-Programmbeschwerden
- Weniger Öffentlichkeit für ZDF-Programmbeschwerden
- "Abhilfe" ist ein Fehlereingeständnis
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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Wie steht es um Transparenz für die demokratische Kontrolle? Ausgerechnet bei Programmkritik hat das zuständige ZDF-Gremium sie zurückgeschraubt. Mitglieder des Fernsehrats finden das in Ordnung.
Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender sind die sogenannten Rundfunkräte. Ihre Zusammensetzung ist in den jeweiligen Landesgesetzen oder – bei der Verantwortlichkeit mehrerer oder wie beim ZDF aller Länder – in Staatsverträgen geregelt.
Das Schema ist überall gleich: Zum einen sind dort Politiker vertreten, weil sie die Medienpolitik bestimmen und damit auch die Rechtsgrundlagen für ARD, ZDF und Deutschlandradio setzen. Intern wird der Politikerblock in den Gremien deshalb "Staatsbank" genannt.
Zum anderen, überwiegenden Teil dürfen einzelne als gesellschaftlich relevant geltende Organisationen Vertreter entsenden. Diese sollen die Allgemeinheit vertreten. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf die "Staatsbank" nicht mehr als ein Drittel der Mitglieder ausmachen.
Zusammensetzung Fernsehrat
Dem Rundfunkrat des ZDF, der dort mangels Radioprogrammen "Fernsehrat" heißt, gehören seit der Umsetzung des Karlsruher Urteils zwei Politiker des Bundes, zwei der Kommunalebene und 16 der einzelnen Bundesländer an. 40 weitere Mitglieder stammen von Kirchen, Gewerkschaften, Unternehmerverbänden, Wohlfahrtsorganisationen, Sport, Naturschutz usw. .
Manche Themenbereiche werden durch Einzelpersonen auf Vorschlag einzelner Bundesländer vertreten. So darf Berlin jeweils eine Person für den "Bereich Internet" benennen, Brandenburg jemanden für "Senioren, Familie, Frauen und Jugend".
Zu den Aufgaben des ZDF-Fernsehrats gehört, "für die Sendungen des ZDF Richtlinien aufzustellen und den Intendanten in Programmfragen zu beraten" sowie die Einhaltung der im Staatsvertrag festgelegten Programmgrundsätze zu überwachen. Auch den Haushalt muss er genehmigen.
In das Programm der Sender direkt eingreifen darf der Fernsehrat hingegen nicht, hier gilt die redaktionelle Unabhängigkeit. Allerdings hat er auf Beschwerden von Zuschauern zu reagieren.
Nach dem vorgesehenen Verfahren müssen Programmbeschwerden aber immer zunächst dem Intendanten vorgelegt werden, der darauf innerhalb eines Monats antworten soll. Ist der Beschwerdeführer mit der Antwort nicht zufrieden, kann er die Behandlung seines Anliegens im Fernsehrat verlangen.
Dort beschäftigt sich dann zunächst sein Programmausschuss mit der Beschwerde und macht für den Fernsehrat als Plenum einen Beschlussvorschlag.
Neuer Beschwerdebericht
Bisher legte die Vorsitzende des Fernsehrats, Marlehn Thieme, zu jeder Sitzung einen Beschwerdebericht vor, in dem die von Zuschauern vorgetragene Kritik und die Antwort des Intendanten kurz zusammengefasst waren. So hieß es dann beispielsweise:
Unser Lehrer Dr. Specht – Erste Hilfe vom 17.12.2021
Behaupteter Verstoß: Der Petent sieht in der 1998 produzierten Folge der Fernsehserie durch die Verwendung rassistischer Begriffe wie das "N-Wort" einen Verstoß gegen verschiedene Programmrichtlinien, u. a. das Gebot, ethnische Minderheiten zu achten und die Förderung der gegenseitigen Achtung zwischen Menschen und Gruppen ohne Rücksicht auf ihre Abstammung.
Auszug aus dem Beschwerdebericht zur Fernsehrats-Sitzung am 9. Dezember 2022
Seit der Sitzung am 10. März 2023 gibt es diese inhaltliche Darstellung nicht mehr, sondern eine "neue, kompaktere Form für eine bessere Übersicht", wie es einleitend heißt.
Die Beschwerden werden nun nur noch tabellarisch mit betroffener Sendung, Eingangsdatum und Status aufgelistet. Diese Kurzform liest sich dann bspw. so:
Sendung/ Anliegen: "heute-show präsentiert – Till to Go – Kirche" vom 22.07.2022, Eingabedatum: 27.10.2022, Status: beantwortet/Abhilfe
Auszug aus dem Beschwerdebericht zur Fernsehrats-Sitzung am 10. März 2023