Wer verdient in der Ukraine den Friedensnobelpreis?

Eine Friedensflagge, aufgenommen während der nationalen Demonstrationen in Italien gegen den Ukraine-Krieg im März. Bild: Francesca Magurno / Unsplash Licence

Das Center for Civil Liberties in der Ukraine erhielt den Friedensnobelpreis. Das wird von der Friedensbewegung dort kritisiert. Denn CCL unterstütze Eskalation, Nato-Beitritt und Diplomatie-Boykott. Was ist mit den Kriegsdienstverweigerern in der Ukraine und Russland?

Der Friedensnobelpreis 2022 wurde an die ukrainische Menschenrechtsorganisation "Center for Civil Liberties", den weißrussischen Menschenrechtsverteidiger Ales Bialiatski und die russische Menschenrechtsorganisation "Memorial" verliehen, was als scharfe Ermahnung Richtung Russland bezeichnet wird. Während das ukrainische Center for Civil Liberties auf den ersten Blick wie eine Gruppe wirkt, die diese Auszeichnung verdient, hat einer der führenden ukrainischen Friedensaktivisten Yurii Sheliazhenko eine vernichtende Kritik verfasst.

Medea Benjamin ist Mitbegründerin von Global Exchange und Codepink sowie Autorin von zahlreichen Büchern.
Ariel Gold ist Geschäftsführerin des Versöhnungsbundes, der ältesten Organisation für Frieden in den USA.

Sheliazhenko, der die ukrainische pazifistische Bewegung leitet und Vorstandsmitglied des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung ist, warf dem Center for Civil Liberties vor, sich der Agenda so problematischer internationaler Unterstützer wie des US-Außenministeriums und der Organisation National Endowment for Democracy anzuschließen.

Die National Endowment for Democracy unterstützt die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine; besteht darauf, dass keine Verhandlungen mit Russland möglich sind und diffamiert diejenigen, die einen Kompromiss suchen; will, dass der Westen eine gefährliche Flugverbotszone verhängt; sagt, dass nur Putin die Menschenrechte in der Ukraine verletzt; kritisiert nie die ukrainische Regierung für die Unterdrückung von pro-russischen Medien, Parteien und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens; kritisiert ebenfalls nicht die ukrainische Armee für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen und weigert sich, für das völkerrechtlich anerkannte Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen einzutreten.

Die Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen ist Aufgabe von Sheliazhenko und seiner Organisation, der Ukrainischen Pazifistischen Bewegung (UPM). Zwar hört man viel über russische Kriegsverweigerer, doch selbst in der Ukraine, die in den westlichen Medien als ein Land dargestellt wird, das im Krieg gegen Russland völlig geeint ist, gibt es Männer, die nicht kämpfen wollen, wie Sheliazhenko betont.

Die Ukrainische Pazifistische Bewegung wurde 2019 gegründet, als die Kämpfe in der von Separatisten beherrschten Donbass-Region auf dem Höhepunkt waren und die Ukraine ihre Bürger zur Teilnahme am Bürgerkrieg zwang. Laut Sheliazhenko wurden ukrainische Männer "wegen kleinerer Vergehen wie Verkehrsverstößen, Trunkenheit in der Öffentlichkeit oder Unhöflichkeit gegenüber Polizeibeamten von der Straße, aus Nachtclubs und Wohnheimen geholt und zum Militärdienst eingezogen."

Erschwerend kommt hinzu, dass die Ukraine nach dem Einmarsch Russlands im Februar 2022 das Recht ihrer Bürger auf Kriegsdienstverweigerung aussetzte und Männern zwischen 18 und 60 Jahren verbot, das Land zu verlassen. Dennoch gelang es seit Februar mehr als 100.000 von einer Einberufung betroffenen ukrainischen Männern, zu fliehen, anstatt zu kämpfen. Es wird geschätzt, dass mehrere Tausend weitere bei ihrem Fluchtversuch festgenommen wurden.

Die internationalen Menschenrechte garantieren jedem Menschen das Recht, aus prinzipieller Überzeugung die Teilnahme an militärischen Konflikten zu verweigern, und die Verweigerung aus Gewissensgründen hat eine lange und reiche Geschichte. Im Jahr 1914 gründete eine Gruppe von Christen in Europa in der Hoffnung, den drohenden Krieg abzuwenden, den Internationalen Versöhnungsbund zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen. Als die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten, protestierte die Sozialreformerin und Frauenrechtsaktivistin Jane Addams. Damals wurde sie scharf kritisiert, aber 1931 erhielt sie als erste Amerikanerin den Friedensnobelpreis.

In Russland weigern sich Hunderttausende von jungen Männern zu kämpfen. Nach Angaben einer Quelle im Umkreis der nationalen russischen Sicherheitsdienste flohen innerhalb von drei Tagen nach der Ankündigung Russlands, 300.000 weitere Rekruten einzuberufen, 261.000 Männer aus dem Land. Diejenigen, die konnten, buchten Flüge; andere fuhren mit dem Auto, dem Fahrrad oder gingen zu Fuß über die Grenze.

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