Wie Mikroplastik die globale Nahrungsmittelversorgung bedroht

Eine Frau berührt landwirtschaftlichen Boden

Mikroplastik könnte negative Folgen auch für die Nahrungsmittelproduktion haben

(Bild: maxbelchenko/Shutterstock.com)

Mikroplastik reduziert die Fotosynthese von Pflanzen. Eine neue Studie zeigt, dass dadurch Ernten zurückgehen. Was das für die Ernährung der Menschheit bedeutet.

Die Verschmutzung der Erde durch Mikroplastik könnte die globale Nahrungsmittelproduktion erheblich beeinträchtigen und die Zahl der hungergefährdeten Menschen um bis zu 400 Millionen erhöhen, so eine neue Studie.

Die winzigen Plastikpartikel, die mittlerweile überall zu finden sind, reduzieren demnach die Fähigkeit von Pflanzen zur Fotosynthese und damit ihr Wachstum.

Bedrohung für Weizen, Reis und Mais

Laut der im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichten Untersuchung gehen derzeit zwischen vier und 14 Prozent der weltweiten Ernten an Weizen, Reis und Mais aufgrund von Mikroplastik verloren.

Die Partikel behindern die Pflanzen auf vielfältige Weise dabei, Sonnenlicht zur Energiegewinnung zu nutzen – von der Schädigung des Bodens bis hin zum Transport giftiger Chemikalien.

Das Forscherteam um Professor Huan Zhong von der Universität Nanjing in China warnt, dass sich die Situation in Zukunft noch verschlimmern könnte, wenn mehr Mikroplastik in die Umwelt gelangt.

"Die Menschheit hat sich bemüht, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern, um eine ständig wachsende Bevölkerung zu ernähren", sagte Zhong gegenüber dem Guardian. "Diese Bemühungen werden nun durch die Plastikverschmutzung gefährdet."

Bis zu 24 Millionen Tonnen weniger Fisch und Meeresfrüchte

Neben den Auswirkungen auf Nutzpflanzen schätzen die Forscher, dass auch die Produktion von Fisch und Meeresfrüchten um bis zu 24 Millionen Tonnen pro Jahr zurückgehen könnte. Grund dafür ist, dass Mikroplastik auch Algen schädigt, die die Basis der Nahrungskette in den Ozeanen bilden.

Die Studie kombinierte mehr als 3000 Beobachtungen aus 157 Einzeluntersuchungen zum Einfluss von Mikroplastik auf Pflanzen. Die Wissenschaftler ermittelten dabei, dass die Fotosyntheseleistung von Landpflanzen im Schnitt um etwa zwölf Prozent und die von Meeresalgen um rund sieben Prozent reduziert wird.

Daraus berechneten sie die Folgen für die Ernteerträge und die Fischproduktion.

Asien am stärksten betroffen

Regional ist Asien mit geschätzten Ernteeinbußen von 54 bis 177 Millionen Tonnen pro Jahr bei allen drei Hauptnahrungspflanzen am stärksten betroffen. Auch der Weizenanbau in Europa und der Maisanbau in den USA leiden erheblich unter Mikroplastik. Für Südamerika und Afrika, wo weniger dieser Pflanzen angebaut werden, gibt es bislang nur wenige Daten zur Belastung.

Die jährlichen Ernteverluste durch Mikroplastik könnten laut den Forschern ähnlich hoch sein wie die durch die Klimakrise in den letzten Jahrzehnten. Angesichts des erwarteten Anstiegs der Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen bis 2058 stehe die Welt bereits vor der Herausforderung, nachhaltig ausreichend Nahrung zu produzieren.

Aufruf zu schnellem Handeln

Andere Wissenschaftler bezeichneten die Studie als nützlich und aktuell, wiesen aber darauf hin, dass dieser erste Versuch einer Quantifizierung der Folgen von Mikroplastik für die Nahrungsmittelproduktion durch weitere Datenerhebungen und Forschungen bestätigt und verfeinert werden müsse.

"Die Studie ist wertvoll und erinnert uns rechtzeitig an die potenziellen Gefahren der Mikroplastikverschmutzung und die Dringlichkeit, das Problem anzugehen", sagte Professor Denis Murphy von der Universität von Südwales. Einige der wichtigsten Zahlen bedürften jedoch weiterer Untersuchungen, bevor sie als robuste Vorhersagen akzeptiert werden könnten.

Richard Thompson, Meeresbiologe an der Universität Plymouth, betonte, die Arbeit unterstreiche die Notwendigkeit von Maßnahmen. "Es ist klar, dass wir Lösungen finden müssen. Sicherzustellen, dass der Vertrag die Mikroplastikverschmutzung angeht, ist von zentraler Bedeutung", sagte er mit Blick auf die laufenden UN-Verhandlungen über ein globales Plastikabkommen.

Die Verhandlungen über einen UN-Vertrag zur Eindämmung der Plastikverschmutzung waren im Dezember gescheitert, sollen aber im August wieder aufgenommen werden. Die Forscher bezeichneten ihre Studie als "wichtig und zeitgemäß für die laufenden Verhandlungen und die Entwicklung von Aktionsplänen und Zielen".