Wie die USA mit Ukraine-Krieg und Chinas Aufstieg Europa knackten

US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz beim G20-Treffen auf Bali am 15. November 2022. Bild: Adam Schultz, Weißen Hauses / Public Domain

Europa leidet und macht mit. Deutschland ist Haupt-Verlierer der US-Kollision mit Russland und China. Wie Diskurse trickreich gekapert worden sind. Teil 2 und Schluss.

Das ist der zweite Teil des Essays von Thomas Palley. Den ersten finden Sie hier.

Thomas Palley ist US-Ökonom und war als solcher tätig in Regierungsbehörden.

Der Diskurs über den Ukraine-Krieg ist der am umfassendsten gehackte und daher am schwierigsten zu enträtselnde. Der beste Ausgangspunkt ist die Frage, wer durch den Krieg wirtschaftlich gewonnen und verloren hat.

3. Der Ukraine-Krieg

Hier ist die Bilanz eindeutig. Die USA sind der große Gewinner, während Westeuropa (und insbesondere Deutschland) der große Verlierer ist. Die deutschen Arbeitnehmer sind von allen am stärksten betroffen.

Die USA haben gewonnen, indem sie die Abhängigkeit Deutschlands und Westeuropas von russischer Energie unterbrochen haben. Außerdem wurde die russische Energie durch teure, von den USA gelieferte ersetzt.

Das ist ein dreifacher Vorteil für die USA: Es hat Russland geschwächt, die Abhängigkeit Westeuropas von den USA erhöht und die US-Produzenten begünstigt. Die USA sind auch deshalb ein großer Gewinner, weil die gestiegene Rüstungsproduktion der US-Industrie wichtige Konjunkturimpulse gegeben hat.

Diese Gesamtkonstellation erklärt, warum die USA eine Rezession vermieden haben. Der einzige große Nachteil war der vorübergehende Anstieg der Inflation, der durch den Ausbruch des Krieges verursacht wurde.

Deutschland als großer Verlierer

Westeuropa, insbesondere Deutschland, ist der große Verlierer. Billige russische Energie wurde durch teure aus den USA ersetzt. Das hat die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen verarbeitenden Gewerbes untergraben und zu einer noch höheren europäischen Inflation beigetragen.

Europa hat auch Russlands riesigen Markt verloren, auf dem es Industriegüter verkaufte. Außerdem hat es die verschwenderischen Ausgaben der russischen Elite verloren.

Diese Kombination erklärt Europas geschwächte Wirtschaft. Ferner ist die wirtschaftliche Zukunft Europas ernsthaft gefährdet, da die Veränderungen dauerhaft zu sein scheinen.

Die deutschen Arbeitnehmer sind durch den Massenzustrom ukrainischer Flüchtlinge noch stärker in Mitleidenschaft gezogen worden. Es hat den Lohnwettbewerb nach unten verschärft und zu einer Wohnungsknappheit geführt, die die Mieten in die Höhe getrieben hat.

Es hat auch zu einer Überlastung der Schulen und Sozialdienste geführt. In geringerem Maße gilt dies auch für alle europäischen Arbeitnehmer.

Gehackte Grüne: Krieg trotz massiver Umwelt- und Klimaschäden

Und schließlich war die Umstellung der Energieversorgung für die Umwelt katastrophal. Das in den USA (Texas) geförderte Fracking-Gas gehört zu den schmutzigsten der Welt, und dazu kommt noch die Verschmutzung durch die Schifffahrt.

Auch der Krieg war eine direkte Ursache für massive Umwelt- und Klimaschäden. Das belegt das Hacking der deutschen Grünen Partei.

Die Begründung des europäischen Establishments für die Ablehnung eines Kompromisses ist, dass Russland eine existenzielle Bedrohung für Europa darstelle. Das ist die Argumentation, die von Neocon-Autoren wie Anne Applebaum und Timothy Garten Ash vom Hoover Institut an der Standford University verbreitet wird.

Das Argument der Neokonservativen schließt an alte Vorurteile aus dem Kalten Krieg an, ist lückenhaft und entbehrt jeglicher Substanz. Es ignoriert die Realität der Nato-Osterweiterung, die damit verbundene Sicherheitsbedrohung für Russland und die Konflikte innerhalb der ukrainischen Zivilgesellschaft, zu denen auch die Unterdrückung von ethnischen Russen gehört.

Bedrohung durch Russland eine Fata Morgana

Vor allem aber ist die Behauptung einer russischen Bedrohung für Europa nicht stichhaltig.

Russland befindet sich im demografischen Niedergang und verfügt nicht über die Ressourcen, um die Hegemonie in Mitteleuropa wiederherzustellen. Seine Schwäche hat sich auf dem Schlachtfeld gezeigt, wo die Ukraine Russland nur mit bescheidener Waffenhilfe der Nato in Schach halten konnte.

Diese Schwäche spricht in der Tat für die Legitimität des russischen Bedürfnisses nach einer entmilitarisierten Ukraine als Schutzpuffer. In Wirklichkeit profitiert das neokonservative Projekt der USA von der Fortsetzung des Krieges, der Russland zermürbt und sein internationales Ansehen schwächt.

UK torpedierte Friedensverhandlungen

Alles in allem hat Europa durch den Krieg wirtschaftlich verloren, während die USA davon profitiert haben. Auch geopolitisch nützt der Krieg den USA, nicht aber Europa.

Trotzdem hat das europäische Establishment den Krieg begrüßt. Im Jahr 2022 torpedierte Großbritannien ein kurz nach Kriegsbeginn ausgehandeltes Friedensabkommen.

Darüber hinaus forderte der britische Premierminister Boris Johnson in seiner Rücktrittsrede 2023 offen dazu auf, das Vereinigte Königreich "in die Nähe der USA zu bringen". Auch hier sind die Fingerabdrücke des Hackings deutlich sichtbar.

4. China

Schließlich ist da noch die europäische Politik gegenüber China, ein aufkommendes Thema, das die US-Neocons zu hacken hoffen. Sie sehen China als die größte Bedrohung für die globale Hegemonie der USA.

Diese Bedrohung ist wirtschaftlicher, geopolitischer und militärischer Natur. Chinas Wirtschaft droht, die Größe der USA deutlich zu übertreffen, was das Land in die Lage versetzt, die globale Softpower der USA herauszufordern und die militärische Hegemonie der USA in Ostasien infrage zu stellen.

Europa sieht sich keiner solchen Herausforderung gegenüber und hat eine solide Wirtschaftspartnerschaft mit China. Europäische Unternehmen profitieren von Investitionen in China und vom Export von Investitionsgütern nach China, die China mit Konsumgütern zurückzahlt.

In der Welt der US-Denkfabriken wird China als Feind Europas dargestellt. Ein Teil des Arguments ist, dass China Russland unterstützt, und Russland ist Europas Feind.