Wie die Waffenlobby den US-Diskurs über den Ukraine-Krieg beeinflusst
- Wie die Waffenlobby den US-Diskurs über den Ukraine-Krieg beeinflusst
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Große US-Denkfabriken empfehlen in den Medien mehr Waffenlieferungen. Was verschwiegen wird: Ihre Verbindung zu Rüstungskonzernen. Über gesponserte Experten und eine gefährliche Schlagseite.
Die Stimme von Experten spielt in den Medien eine wichtige Rolle, um die Meinung über schwierige Themen zu formen. Sie bringen Daten und Analysen ein, die helfen sollen, komplexe Zusammenhänge zu verstehen.
Idealerweise sind diese Experten in einer Demokratie entweder unabhängig, oder es wird klargestellt, wenn sie bestimmte Interessen vertreten, damit Leser und Zuschauer ihre Aussagen entsprechend einordnen können.
Im Fall des Ukraine-Kriegs und des Hauptunterstützers des angegriffenen Lands, die Vereinigten Staaten, sind Experten aber oft befangen, wie eine Studie des Quincy Institutes herausfand. Unter der Leitung des Politikwissenschaftlers Ben Freeman ergab die Untersuchung, dass …
die große Mehrheit der Zitate in den Medien zu US-Waffenlieferungen und dem Ukraine-Krieg von Denkfabriken stammt, deren Finanziers von den US-Militärausgaben profitieren.
Aber wie können Experten das Engagement der US-Regierung für die Ukraine als Antwort auf die russische Invasion angemessen beurteilen, wenn sie im Hintergrund zahlungskräftige Geldgeber haben, die an weiteren Waffenlieferungen interessiert sind? Diese Frage sollte in der Untersuchung, die Anfang Juni veröffentlicht wurde, beantwortet werden.
Seit Putins illegalem und desaströsem Entschluss, eine großangelegte Invasion der Ukraine zu führen, haben die USA Zahlungen in Höhe von 48,7 Milliarden Dollar genehmigt,
… stellt die Studie fest. Seitdem sind etliche weitere Gelder sowie mehr militärisches Material hinzugekommen.
Nun werden Vertreter von Denkfabriken, die von den Medien zitiert werden, nach Angaben der Studie überproportional von Rüstungskonzernen oder dem Verteidigungsministerium finanziert. Die Daten sprechen für sich: Von den 1.247 medialen Erwähnungen von Think-Tanks, die im Zusammenhang mit US-Waffenlieferungen und dem Krieg in der Ukraine stehen, beziehen sich 1.064 (85 Prozent) auf Organisationen, die vom sogenannten militärisch-industriellen Komplex finanziert werden.
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Das sind siebenmal so viele Nennungen im Vergleich zu Institutionen, die unabhängig von solchen Einflüssen sind. Bei der Untersuchung sind öffentlich zugängliche Informationen benutzt worden. Das bedeutet, dass die Dunkelziffer noch höher sein könnte.
Denn ein Drittel der "Top Ten" der Denkfabriken geben nicht an, woher ihre Finanzierung stammt. Bei 27 Instituten konnten die Einnahmequellen identifiziert werden. 21 von ihnen erhielten Gelder aus dem militärischen Bereich. Das entspricht 77 Prozent der meistzitierten Institute für den analysierten Zeitraum.
85 Prozent aller Artikel, die über das militärische Engagement der USA in der Ukraine berichten, zitieren Denkfabriken, die Rüstungsgelder erhalten hatten. Und diese Finanzierung ist großzügig. Allein das "Center for Strategic and International Studies", der "Atlantic Council" und das "Center for a New American Security" erhielten in den letzten zwei Jahren mehr als eine Million Dollar pro Jahr aus dem Militärsektor.
Die Autoren der Studien betonen, dass es ein erster Schritt wäre, die Finanzquellen offenzulegen, um Vertrauen in die Arbeit und Unabhängigkeit solcher Denkfabriken zu stärken, potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden und die Integrität ihrer Forschung und Analysen zu gewährleisten.
Das "Quincy Institute for Responsible Statecraft", das die Studie durchgeführt hat, lebt vor, was Transparenz im Hinblick auf Finanzierung bedeuten könnte. Unter ihren Geldgebern, die sie auf ihrer Webseite auflisten, befinden sich die Carnegie Corporation of New York, die Ford Foundation, der Rockefeller Brothers Fund, das Open Society Policy Center sowie andere Organisationen und Privatpersonen.