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Wie sicher sind die in der EU zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?

Eine aktuelle Übersicht über die sehr seltenen, aber schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach elf Monaten Impfkampagne

Der kürzlich vorgelegte 16. Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts [1] (PEI) gibt Auskunft über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach der Impfung zum Schutz vor Covid-19 mit den in Deutschland zugelassen Vakzinen seit Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021.

Es handelt es sich um die beiden mRNA-Vakzine Comirnaty von Biontech-Pfizer und Spikevax von Moderna und die beiden Vektor-Impfstoffe Vaxzevria von Astrazeneca und Covid-19-Vaccine Janssen des Pharmakonzerns Johnson & Johnson.

Neben diesen vier genetischen Vakzinen hat am 21. Dezember 2021 mit Nuvaxovid (Handelsname) auch ein proteinbasierter Impfstoff eine bedingte Zulassung in der EU erhalten, sodass künftige Sicherheitsberichte auch über mögliche Nebenwirkungen und Impfkomplikationen dieser Vakzine berichten werden.

Der folgende Text ist eine gekürzte Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte des 43-seitigen Sicherheitsberichts mit vielen Tabellen und Abbildungen und zugleich die notwendige Aktualisierung meines in Telepolis am 5. November 2021 erschienenen Artikels zu dieser Thematik [2].

Zur Methodik des Sicherheitsberichts

Die regelmäßigen Sicherheitsberichte des PEI beruhen auf dem in Deutschland etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen. Diese Meldungen erhalten die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes.1 [3]

Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Impfkomplikationen, d.h. gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht evident auf andere Ursachen zurückzuführen sind, namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, das diese wiederum unverzüglich und in anonymisierter Form an das PEI weiterleitet.

Zusätzlich erhält das PEI Meldungen der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und der Ärzte in Deutschland, der Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie direkt von Ärztinnen und Ärzten sowie Impflingen bzw. deren Angehörigen.

Das PEI fasst alle Meldungen zusammen, unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung.

Im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen ist es wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind.

Die Meldungen sind also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden.

Dazu führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend sogenannte "Observed-versus-Expected"-(O/E)-Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren, nicht geimpften Bevölkerung verglichen.

Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus. Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich ist.

Das PEI führt zudem eine aktive Befragung zur Verträglichkeit der Covid-19-Impfstoffe mit der SafeVac 2.0-App durch.

Freiwillige Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden darin im Zeitraum von jeweils drei bzw. vier Wochen nach jeder Impfung bezüglich der Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen bzw. sechs und zwölf Monate nach den Impfungen im Hinblick auf den Schutz vor der Erkrankung befragt.

Meldeergebnisse bis Ende November 2021

In ihrem 16. Sicherheitsbericht berichtet das PEI über 196.974 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit den mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax und den Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen vom Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021.

In diesem Zeitraum wurden 123.347.849 Impfungen durchgeführt, davon 96.606.131 mit Comirnaty, 10.576.131 mit Spikevax, 12.703.030 mit Vaxzevria und 3.462.557 Impfungen mit der Covid-19-Vaccine Janssen.

Im Vergleich zu den Angaben im vorherigen Bericht2 [4] ist in den letzten 2 Monaten die Anzahl der mit Comirnaty geimpften Personen um rund 14 Millionen und der mit Spikevax Geimpften um ca. 1 Million angestiegen, während bei den Vektor-Impfstoffen nur ein unwesentlicher Anstieg zu verzeichnen ist.

113.792 Verdachtsfälle wurden zur Impfung mit Comirnaty gemeldet, 28.289 zu Spikevax, 46.325 zu Vaxzevria und 7.758 Meldungen zum Covid-19-Impfstoff Janssen. Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,6 pro 1.000 Impfdosen und für Meldungen über schwerwiegende Reaktionen insgesamt 0,2 pro 1.000 Impfdosen.

Die Melderate von schwerwiegenden Reaktionen umfasst für alle vier Impfstoffe zusammen insgesamt 26.196 Meldungen entsprechend 23,3 Prozent aller gemeldeten Verdachtsfälle (Tab. 1; S. 8 [5]).

Wie in den bisherigen Artikeln zum Thema3 [6] werden in der folgenden Darstellung nur die Verdachtsfälle von schwerwiegenden Reaktionen nach der Impfung näher besprochen.

Dabei handelt es sich um Impfkomplikationen, die mit einer langfristigen erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit einhergehen und zu einer Krankenhauseinweisung oder zum Tode führen können. Diese kommen sehr selten vor.

Nicht dazu gehören die typischen und nach einer Impfung häufig bis sehr häufig auftretende Nebenwirkungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Impfstelle und auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein, die auch die große Mehrzahl der oben gemeldeten Verdachtsfälle ausmachen.

Bei den Häufigkeitsangaben der Nebenwirkungen und Impfkomplikationen werden folgende Kategorien unterschieden, wobei sich die Angabe jeweils auf die Anzahl der Ereignisse pro Zahl der geimpften Personen bezieht4 [7]:

Somit bedeutet "sehr selten", dass eine Nebenwirkung oder Impfkomplikation bei weniger als einer Person bei 10.000 Geimpften beobachtet wird.

Anaphylaktische Reaktionen

Darunter versteht man eine akute, allergische Reaktion des Immunsystems auf wiederholte Zufuhr körperfremder Eiweißstoffe, die den gesamten Organismus betreffen können. Das Bild anaphylaktischer Reaktionen reicht von leichten Hautreaktionen über Störungen von Organfunktionen bis zum anaphylaktischen Schock (Kreislaufschock mit möglichem Organversagen bis zum tödlichen Kreislaufversagen).

Anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten beobachtete Komplikationen aller vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe. Die Ergebnisse erster retrospektiver Studien weisen darauf hin, dass diese mehrheitlich vermutlich nicht auf Immunglobulin-E-vermittelte allergische Sofortreaktionen zurückzuführen sind und betroffene Patienten nach allergologischer Testung zumeist risikoarm erneut geimpft werden können.

Bis zum 30. November 2021 wurden 452 Meldungen einer anaphylaktischen Reaktion berichtet, die vom PEI hinsichtlich der diagnostischen Sicherheit nach der international akzeptierten Definition der Brighton Collaboration (BC) Level 1 bis 4 bewertet wurden. Level 1 entspricht dem höchsten, Level 2 und 3 geringeren Graden der diagnostischen Sicherheit, Level 4 sind Meldungen eines Verdachts auf Anaphylaxie mit unvollständigen Angaben zur klinischen Symptomatik.

Die Melderate einer Anaphylaxie (Brighton Collaboration BC Level 1 bis 4) ist für die vier in Deutschland zugelassenen Impfstoffe mit Stand 30.11.2021 weniger als ein Fall pro 100.000 Impfungen. Sie ist bei Frauen etwas höher als bei Männern und auch bei der ersten Impfdosis höher als bei den Folgeimpfungen.

Myokarditis und Perikarditis

Zu den bekannten, sehr seltenen Nebenwirkungen und Impfkomplikationen der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax zählen Myokarditis und Perikarditis.

Myokarditis ist eine Entzündung des Herzmuskels, die sich als Brustschmerzen, Herzklopfen und/oder Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzversagen äußern kann. Sie kann bei Kindern und Erwachsenen auftreten und ist bei jungen Männern häufiger als bei jungen Frauen.

Perikarditis ist eine Entzündung des Herzbeutels. Männer zwischen 20 und 50 Jahren scheinen das höchste Risiko für eine Perikarditis zu haben. Die Myo-/Perikarditis ist eine Kombination aus Myokarditis und Perikarditis.

Die Daten aus vielen Ländern einschließlich Deutschland haben ein erhöhtes Risiko insbesondere bei jungen Männern nach der zweiten Dosis gezeigt, wohingegen eine dänische Studie ein leicht erhöhtes Risiko bei jüngeren Frauen gefunden hat.

Typischerweise treten erste Beschwerden innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Die publizierten Daten zeigen sehr konsistent, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Patienten mit einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen gut auf Behandlung und Ruhe ansprechen und sich schnell besser fühlen, auch wenn im Einzelfall schwerwiegendere Verläufe beobachtet wurden.

Vorläufige Sicherheitsdaten nach der Markteinführung in Deutschland und anderen Ländern deuten darauf hin, dass das Risiko einer Myo-/Perikarditis bei jüngeren Menschen nach Spikevax sehr selten, aber möglicherweise höher als nach Comirnaty ist, weshalb die Ständige Impfkommission (Stiko) vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahre empfiehlt.

Die Melderate einer Myo-/Perikarditis ist für Comirnaty bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern (18 bis 29 Jahre) nach der zweiten Impfung mit 8,97 bzw. 8,68 Fällen pro 100.000 Impfdosen am höchsten.

Im Vergleich dazu ist die Melderate für weibliche Jugendliche und junge Frauen nach Comirnaty in der gleichen Altersgruppe mit 0,76 bzw. 1,53 Fälle pro 100.000 Impfdosen deutlich geringer.

Für Spikevax war die Melderate bei jungen Männern (18 bis 29 Jahre) nach der zweiten Dosis mit 25,60 Fällen pro 100.000 Impfungen am höchsten. Wegen der kleinen Fallzahl (n=3) war eine Berechnung der Melderate für 12 bis 17 Jahre alte Kinder und Jugendliche nicht sinnvoll. Für junge Frauen (18 bis 29 Jahre) betrug die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach zweiter Impfung 5,77 Fälle pro 100.000 Impfdosen. Nach der ersten Dosis wurde kein Fall bei weiblichen Jugendlichen berichtet.

Die Melderate sinkt für beide Impfstoffe und beide Geschlechter mit steigendem Alter. Daraus ließ sich eine Gesamtmelderate für alle Altersgruppen und alle Impfungen für Comirnaty mit 0,79 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Frauen und 1,5 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Männern kalkulieren.

Für Spikevax wurde eine Melderate von 1,28 Fällen pro 100.000 für Frauen bzw. 4,60 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Männern kalkuliert. Die höhere Gesamtmelderate nach Spikevax beruht dabei vor allem auf der höheren Melderate bei jungen Erwachsenen.

Bislang sind sehr wenige Meldungen einer Myo-/Perikarditis nach dritter mRNA-Impfung (Booster-Impfung, Auffrischimpfung) berichtet worden. Hier sind die derzeitigen Melderaten deutlich niedriger als nach erster oder zweiter Impfung. Für Spikevax sind bisher lediglich zwei Fälle nach Booster-Impfung gemeldet worden.

Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Impfstoff Vaxzevria wurden 69 Fälle einer Myo-/Perikarditis berichtet und nach Covid-19-Impfstoff Janssen 35 Fälle gemeldet, ohne dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung angenommen wird.

Ausgang der Meldungen

In Abb. 9 (S. 27) [8] ist in einem Tortendiagramm der Ausgang der Meldungen einer Myo-/Perikarditis nach der Covid-19-Impfstoffgabe dargestellt. Danach hat sich bei 12 Prozent der Allgemeinzustand verbessert, 13 Prozent waren wiederhergestellt, bei 18 Prozent ist der Ausgang unbekannt, zwei Prozent haben einen bleibenden Schaden davongetragen, ein Prozent sind verstorben und 54 Prozent waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wiederhergestellt.

Es wurden 15 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung gemeldet: acht Meldungen bezogen sich auf Comirnaty, fünf Meldungen auf Spikevax und jeweils eine Meldung auf Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen.

In drei Fällen (zweimal Comirnaty nach der zweiten Impfung, einmal Vakzevria nach der ersten Impfung) wurde aufgrund des Autopsieberichtes der Zusammenhang mit der Impfung als möglich bewertet.

In allen anderen Fällen sieht das PEI auf der Basis der derzeitigen Datenlage keinen ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung, da entweder in der Gesamtschau aller Befunde alternative Ursachen als wahrscheinlicher angesehen wurden oder wichtige klinische Befunde ausstehen.

Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS)

Als schwerwiegende, in einigen wenigen Fällen auch tödliche Nebenwirkung der Vektor-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen wurde sehr selten ein neues Krankheitsbild berichtet, das durch venöse und/oder arterielle Thrombosen in Kombination mit einer Thrombozytopenie (Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom, TTS) charakterisiert ist.

Die Thrombosen treten hierbei oftmals an ungewöhnlichen Lokalisationen auf, wie beispielsweise in zerebralen Hirnvenen, Milz-, Leber- oder Mesenterialvenen (Venen des Darms).

Bei mehreren der betroffenen Patienten wurden hohe Konzentrationen von Antikörpern gegen Plättchenfaktor 4 (Anti-PF4-Antikörper) sowie eine starke Aktivierung von Thrombozyten in entsprechenden Gerinnungstests nachgewiesen.

Dieses Muster ähnelt der "atypischen" oder "autoimmunen" Heparin-induzierten Thrombozytopenie (aHIT). Dabei scheint es sich ersten Ergebnissen zufolge um transiente (flüchtige) Antikörper zu handeln, die bei den untersuchten Personen, die zuvor ein TTS entwickelt hatten, zumeist innerhalb von zwölf Wochen nicht mehr nachweisbar waren.

Dies ist möglicherweise auch der Grund, warum sehr viel seltener nach der zweiten als nach der ersten Impfung mit Vaxzevria ein TTS in Deutschland berichtet wurde.

Ganz besonders wichtig ist die frühzeitige Diagnose und Behandlung des TTS. Verschiedenste Fachgesellschaften haben Empfehlungen zur Behandlung und Therapie des neuen Syndroms publiziert, darunter die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH).

Da Thrombosen mit gleichzeitiger Thrombozytopenie auch bei anderen Erkrankungen vorkommen, sind verschiedene Falldefinitionen des neuen Syndroms publiziert worden. Die US-amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention (CDC) haben eine pragmatische Falldefinition entwickelt, die auch vom PEI genutzt wird.

Danach sind Fälle eines TTS solche, bei denen Thrombosen an ungewöhnlichen Lokalisationen (z.B. Sinusvenen) mit gleichzeitiger Thrombozytopenie (weniger als 150 G/L) auftreten oder Fälle einer Thrombose mit üblicher Lokalisation (z.B. Lungenembolie) plus Nachweis von Antikörpern gegen Plättchenfaktor 4 (Anti-PF4-AK).

In Tab. 8 (S. 29) [9] werden die gemeldeten Fälle einer Thrombose mit gleichzeitiger Thrombozytopenie nach den Covid-19-Impfstoffen dargestellt. Die Melderaten betrugen bei den beiden Vektor-Impfstoffen Vaxzevria 1,574 bzw. nach Covid-19- Vaccine Janssen 0,693 Fälle pro 100.000 Impfungen, während diese Komplikationen nach mRNA-Impfstoffen um etwa um das 50-fache seltener gemeldet worden sind.

Insgesamt verstarben 31 Personen nach Vaxzevria in der Folge der Thrombose mit Thrombozytopenie und sieben Personen nach Impfung mit dem Covid-19-Vaccine Janssen.

Aufgrund der vorliegenden Informationen waren bei 29 der 38 Meldungen einer Thrombose mit Thrombozytopenie mit tödlichem Ausgang die CDC-Kriterien eines TTS erfüllt.

Nach Impfung mit Comirnaty verstarben vier Personen in der Folge einer Thrombose mit Thrombozytopenie. Ein Patient verstarb nach Spikevax, die CDC-Kriterien waren in keiner Meldung, in der ein tödlicher Ausgang nach mRNA-Impfung beschrieben wurde, erfüllt. In keinem Fall wurden Anti-PF4-Antikörper nachgewiesen.

Guillain-Barré-Syndrom (GBS)

Sehr selten können Personen, die mit Vaxzevria oder Covid-19 Vaccine Janssen geimpft wurden, ein Guillain-Barré-Syndrom (GBS) entwickeln.

Das GBS ist eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems und der Nervenwurzeln (Polyradikuloneuritis). In den meisten Fällen bildet sich die Symptomatik zurück. Allerdings kommt es bei manchen Patienten zu einem verlängerten Krankheitsverlauf, neurologischen Restsymptomen oder relevanten bleibenden Schädigungen. Auch Todesfälle können vorkommen.

Das Miller-Fisher-Syndrom (MFS) ist eine seltene Variante des GBS und ist charakterisiert durch Ataxie (Störung der Bewegungskoordination), Augenmuskellähmung und Verlust/Abschwächung der Muskeleigenreflexe.

Insgesamt wurden dem PEI 314 Fälle eines GBS/MFS gemeldet, zur Altersverteilung siehe Tab. 9 (S. 30) [10]. Davon waren zwei Fälle nach Vaxzevria, fünf Fälle nach Comirnaty und ein Fall nach Moderna mit einem tödlichen Verlauf aufgetreten. 24 Patienten mussten intensivmedizinisch behandelt und teils invasiv beatmet werden.

Im Zusammenhang mit der Auffrischungsimpfung wurden fünf Fälle eines GBS nach der 3. Impfung mit Comirnaty gemeldet. Die betroffenen Personen (vier Männer, eine Frau) waren zwischen 51 und 88 Jahre alt.

In Tab. 9 (S. 30) [11] sind auch die Melderaten eines GBS aufgeführt. Diese betragen nach Impfung mit dem Vektor-Impfstoff Vaxzevria ca. 0,88 bzw. nach Covid-19-Vaccine Janssen 1,89 auf 100.000 Impfungen, während nach den mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax um ein Vielfaches niedrigere Werte festzustellen sind.

Thrombozytopenie bzw. Immunthrombozytopenie (ITP)

Die Immunthrombozytopenie (ITP) ist eine Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Blutzellen, sogenannte Blutplättchen, angreift, die für eine normale Blutgerinnung benötigt werden. Eine sehr niedrige Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie) kann zu Blutungen führen und schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.

Einzelfallberichte nach der Zulassung und einzelne Literaturdaten weisen auf einen Zusammenhang zwischen einer Impfung mit Vaxzevria oder Covid-19 Vaccine Janssen und dem Auftreten sehr selten berichteter Fälle von ITP hin.

Diese traten zumeist innerhalb von vier Wochen nach Impfung auf. Wenn eine Person eine ITP in der Vorgeschichte hat, sollte vor der Impfung das Risiko der Entwicklung niedriger Blutplättchenwerte bedacht werden. Nach der Impfung mit einem dieser Impfstoffe wird eine Überwachung der Blutplättchenzahl empfohlen.

Eine Übersicht über die Meldungen einer Thrombozytopenie/ Immunthrombozytopenie mit und ohne Blutungen mit den derzeit verfügbaren Covid-19-Impfstoffen zeigt Tab. 11 (S. 32) [12]. Bei den gemeldeten Blutungen handelte es sich zumeist um Petechien, d. h. um stecknadelkopfgroße Blutungen aus den Kapillaren in die Haut. Einzelne Patienten verstarben jedoch an einer Hirnblutung.

Eine O/E-Analyse der Meldungen einer Thrombozytopenie/ Immunthrombozytopenie innerhalb von 30 Tagen nach Impfung und unter Berücksichtigung einer in England ermittelten Hintergrundinzidenz ergab, dass für Vaxzevria mehr Fälle innerhalb von 30 Tagen berichtet wurden, als auf Basis der verwendeten Hintergrundrate zu erwarten gewesen wären. Für Covid-19 Vaccine Janssen wurde ein leicht erhöhter nicht signifikant erhöhter Schätzwert ermittelt.

Für beide mRNA-Impfstoffe ergab sich kein Risikosignal.

Thrombosen

In mehreren Studien wurde das potenzielle Thromboserisiko der Covid-19-Impfstoffe (zumeist Comirnaty und Vaxzevria) untersucht. Allerdings waren die Ergebnisse der verschiedenen Studien nicht konsistent, sodass es schwierig ist, aus den Studien eine eindeutige Aussage im Hinblick auf ein potenzielles Thromboserisiko nach Covid-19-Impfstoffen abzuleiten.

Sofern in den Studien auch Sars-CoV-2-Infektionen und das Risiko für Thrombosen untersucht worden sind, war das Risiko nach Virusinfektion stets höher als nach Impfung.

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (Ema) hat auf seltene Fälle von venösen Thromboembolien (VTE) nach Covid-19 Vaccine Janssen hingewiesen.

VTE waren bereits im Rahmen der Zulassung des Impfstoffs als potenzielles, weiter zu untersuchendes Signal aufgefallen, da in der großen klinischen Prüfung, die zur Zulassung von Covid-19 Vaccine Janssen führte, in der geimpften Gruppe ein höherer Anteil an VTE-Fällen beobachtet wurde als in der Placebogruppe.

In einer weiteren großen klinischen Prüfung war allerdings kein Anstieg venöser thromboembolischer Ereignisse bei geimpften Personen festgestellt worden.

Ein Risikosignal wurde ebenfalls für sehr seltene Sinusvenenthrombosen ohne Thrombozytopenie nach Vaxzevria festgestellt, wobei allerdings nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne Fälle wegen fehlender Angaben der Thrombozytenzahl in Wirklichkeit einem TTS entsprechen.

Hepatitis/Autoimmunhepatitis

In der Literatur wurden Einzelfälle einer Autoimmunhepatitis oder einer Hepatitis in zeitlichem Zusammenhang mit der Verabreichung verschiedener Covid-19-Impfstoffe berichtet, darunter auch ein Fall nach Spikevax aus England mit positiver Re-Exposition.

Eine Auswertung der gemeldeten Fälle einer Hepatitis oder Autoimmunhepatitis nach den in Deutschland verfügbaren Covid-19-Impfstoffen ist in Tab. 13 (S. 34) [13] dargestellt.

Die dort dargestellten Melderaten sind sehr niedrig und betragen für die vier zugelassenen Impfstoffe zwischen 0,4 und 1 Fall pro 1 Million Impfungen. Das PEI wird Hepatitis bzw. Autoimmunhepatitis im zeitlichen Zusammenhang mit den Covid-19-Impfstoffen weiter beobachten und bewerten.

Bewertungen der Meldungen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

Wie oben schon angeführt, wurden in 26.196 Verdachtsfällen schwerwiegende unerwünschte Reaktionen bis zum 30. November 2021 gemeldet.

Dabei traten 16.874 Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen nach Impfung mit Comirnaty, 1.924 nach Impfung mit Spikevax, 6.147 nach Impfung mit Vaxzevria und 925 nach Impfung mit dem Covid-19 Vaccine Janssen auf. In 326 Verdachtsfällen wurde der Name des Impfstoffs nicht angegeben.

In 1.919 Verdachtsfallmeldungen wurde über einen tödlichen Ausgang in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Impfung (0 Tage bis 289 Tage) berichtet. Das entspricht einer Melderate für Todesfälle von 0,02 pro 1.000 Impfungen (Tab. 2; S. 10 [14]).

In 78 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfrisiken wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im zeitlich plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet.

Eine aufwendige O/E-Analyse, bei der die gemeldeten Todesfälle im Abstand von einem Tag bis sechs Wochen nach einer Covid-19-Impfung mit der im gleichen Zeitraum statistisch zufällig zu erwartenden Anzahl der Todesfälle (Daten des Statistischen Bundesamtes) verglichen wurde, ergab für keinen der vier bisher in Deutschland eingesetzten Covid-19-Impfstoffe ein Risikosignal. Dies gilt für die Booster-Impfung und für plötzliche, unerwartete Todesfälle (siehe Tab. 3 und 4 auf S. 11 und 12 [15]).

Impfungen bei Kindern und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren

Seit dem 31. Mai des vergangenen Jahres 2021 sind Comirnaty für die Impfung von 12- bis 15-Jährigen (Comirnaty war schon vorher ab 16 Jahre zugelassen) und seit dem 23. Juli2021 Spikevax für die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen zugelassen.

Seit Kurzem ist auch eine entsprechende Darreichungsform (mit einem Drittel der Dosis des Impfstoffs ab 12 Jahre) von Comirnaty für die Impfung von Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren zugelassen.

Dem PEI sind seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 insgesamt 2.777 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung berichtet worden, in denen bei Kindern und Jugendlichen nach Impfung mit Covid-19-Impfstoffen mindestens eine Impfreaktion gemeldet wurde. Bei 2.661 Fällen wurde der Impfstoff Comirnaty und in 62 Fällen wurde der Impfstoff Spikevax verimpft.

Obwohl bis 30. November 2021 (Datum der Analyse der Meldungen) aktuell nur die beiden mRNA-Impfstoffe für Kinder und Jugendliche ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen waren, wurden dem PEI 55 Verdachtsfälle berichtet, in denen ein mRNA-Impfstoff bei Kindern jünger als zwölf Jahre alt verimpft wurde sowie 40 Verdachtsfälle zu Vektor-Impfstoffen. Bei 14 Verdachtsmeldungen war der Covid-19-Impfstoff nicht spezifiziert.

Bezogen auf die extrapolierten Impfdosen wurden 0,62 Verdachtsfallmeldungen (schwerwiegende und nicht schwerwiegende Meldungen) auf 1.000 Impfdosen gemeldet. Für Comirnaty als dem in der Altersgruppe am häufigsten angewendeten Impfstoff beträgt die Melderate 0,60 auf 1.000 Impfdosen.

Am häufigsten wurden Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Ermüdung und Fieber berichtet. Schwerwiegende unerwünschte Reaktionen wurden in 22,9 Prozent der Meldungen beschrieben.

Unerwünschte Impfreaktionen von besonderem Interesse (AESIs)

Die Melderate von unerwünschten Impfreaktionen von besonderem Interesse (Adverse Event of Special Interests, AESIs) bezogen auf 1.000 Impfungen mit Comirnaty, die mehr als zweimal berichtet wurden, ist in Abb. 3 (S. 15) [16] dargestellt. Unter diesen AESIs wurden Meldungen einer Myo-/Perikarditis am häufigsten berichtet.

Eine Analyse von 18 Meldungen einer Fazialisparese (Gesichtslähmung) innerhalb von sechs Wochen nach Impfung mit Comirnaty ergab, dass weniger Fälle gemeldet wurden, als statistisch zufällig in der Altersgruppe zu erwarten gewesen wären (Hintergrundrate). Ein Risikosignal wurde nicht identifiziert.

Bei vier Jugendlichen (eine männliche Person und drei weibliche Personen, alle 17 Jahre alt) wurde ein Pädiatrisches Inflammatorisches Multiorgansyndrom (PIMS, auch als multisystemisches Entzündungssyndrom bei Kindern bezeichnet) im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gegen Covid-19 berichtet.

Der Beginn der Symptomatik wurde mit einem zeitlichen Abstand zwischen 20 und 78 Tagen nach der letzten Impfung angeben. Bei drei der vier Jugendlichen wurde eine vorausgegangene Sars-CoV-2-Infektion festgestellt, im vierten Fall fehlen wichtige klinische Informationen, sodass der Zusammenhang mit der Impfung nicht beurteilbar ist.

Ein multisystemisches Entzündungssyndrom ist eine schwerwiegende entzündliche Erkrankung, die viele Teile des Körpers betrifft und Symptome wie Müdigkeit, anhaltendes hohes Fieber, Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Brustschmerzen und Atembeschwerden hervorrufen kann. Das Syndrom ist in der Folge einer Covid-19-Erkrankung sehr selten berichtet worden.

55,4 Prozent der Impflinge, bei denen unerwünschte Reaktionen berichtet wurden, waren zum Zeitpunkt der Meldung vollständig wiederhergestellt oder auf dem Weg der Besserung, 30,1 Prozent waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht wiederhergestellt und bei 13,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen war der Ausgang unbekannt.

Todesfälle

Sechs Verdachtsfallmeldungen (eine weibliche, fünf männliche Jugendliche) beziehen sich auf einen tödlichen Ausgang innerhalb von zwei Tagen bis fünf Monaten nach Impfung mit Comirnaty.

Ein Todesfall betrifft eine Jugendliche, die im Zusammenhang mit einer Arrhythmie bei einer angeborenen Herzrhythmusstörung fünf Monate nach der Impfung verstarb. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung bestand nicht.

Bei einem Jugendlichen bestand eine besonders schwere, impfunabhängige Vorerkrankung des Herzens. Unter Berücksichtigung der umfangreichen medizinischen Befunde ist die Impfung mit Comirnaty nicht als alleiniger Auslöser des tödlichen Ausgangs zu sehen.

In den vier weiteren Fällen ist der ursächliche Zusammenhang mit der Impfung nicht abschließend beurteilbar, Beschwerden und der Verlauf der zum Tode führenden Erkrankung waren jedoch unterschiedlich und weisen keine klinischen Gemeinsamkeiten auf.

Weitere gemeldete Impfkomplikationen

Bei insgesamt neun Jugendlichen (fünf männliche und vier weibliche Jugendliche) im Alter von 13 bis 17 Jahren wurden Impfkomplikationen im zeitlichen Abstand zur Impfung von drei Tagen bis elf Wochen berichtet, die als bleibender Schaden beschrieben wurden.

In einem Fall wurde eine durch die Injektion verursachte Hautnarbe gemeldet.

Bei einer Jugendlichen wurde 40 Tage nach der Comirnaty Impfung ein Hodgkin-Lymphom (bösartiger Tumor des Lymphsystems) diagnostiziert, das nicht im Kontext der Impfung zu sehen ist.

Bei einem männlichen Jugendlichen wurde ein über mehrere Monate anhaltender Durchfall berichtet, dessen Ursache unklar blieb.

In fünf Fällen wurde ein Diabetes mellitus Typ 1 (zwei weibliche und drei männliche Jugendliche) nach Impfung diagnostiziert. Bei einer Inzidenz für Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen von 24 auf 100.000 Kinder/Jugendlichen pro Jahr ist die gemeldete Anzahl nach Comirnaty deutlich geringer als erwartet und weist nicht auf ein Risikosignal hin.

Eine weitere Meldung, in der ein bleibender Schaden angegeben wurde, bezieht sich auf eine Myokarditis.

Mehr als die Hälfte der 12- bis 17-Jährigen wenigstens einmal geimpft

Nach Angaben des RKI waren zum Zeitpunkt der Auswertung 52,9 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren mindestens einmal und 46,4 Prozent vollständig geimpft.

Die Daten der Spontanerfassung mit der SafeVac 2.0-App zeigen, dass vorübergehende und kurzfristig andauernde Lokal- und Allgemeinreaktionen am häufigsten gemeldet werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe sind sehr selten berichtete Fälle von Myo-/Perikarditis.

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist der Verlauf der Erkrankungen zumeist milde. Die Symptome klingen bei der überwiegenden Mehrzahl der betroffenen Patienten innerhalb kurzer Zeit vollständig ab.

Um den weiteren Verlauf einer Myokarditis bei Kindern und Jugendlichen nach Covid-19-Impfung zu untersuchen, führt das PEI gemeinsam mit dem MYKKE-Kindermyokarditisregister [17] eine Langzeitstudie durch.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen:

1. Die im aktuellen Sicherheitsbericht des PEI beschriebenen schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen nach Impfung mit den vier in Deutschland zugelassenen genetischen Vakzinen, den beiden mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax und den beiden Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen, sind zum Zeitpunkt der bedingten Zulassung Ende Dezember 2020 noch nicht aufgefallen, sondern erst im Laufe der anschließenden Impfkampagne.

2. Die angegebenen Häufigkeiten beruhen vorwiegend auf relativ "weichen" wissenschaftlichen Daten, den Melderaten der etablierten Meldesysteme in Deutschland und anderen Ländern. Dabei besteht ein systemisches "underreporting", wobei ich zur Problematik der Dunkelziffern bei Nebenwirkungen auf meine Ausführungen im Telepolis-Artikel "Wie sicher sind die vier in der EU zugelassenen genetischen Covid-19-Impfstoffe? [18]" verweise. Außerdem handelt es sich um retrospektive Daten, die in der Hierarchie der wissenschaftlichen Evidenz eine geringere Beweiskraft aufweisen als prospektive Daten, z.B. aus randomisierten kontrollierten Studien.

3. Anaphylaktische Reaktionen sind sehr seltene akute Komplikationen aller vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe mit einer Melderate von weniger als 1 Fall pro 100.000 Impfungen.

4. Das Auftreten einer Myokarditis bzw. Perikarditis ist eine sehr seltene ernste Nebenwirkung der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax. Die Daten zeigen ein erhöhtes Risiko bei jungen Männern nach der zweiten Dosis an, wobei die Melderate bei 18- bis 29-jährigen Männern bei Spikevax (ca. 26 Fälle bei 100.000 Impfungen) höher zu sein scheint als nach Comirnaty (ca. 10 Fälle pro 100.000 Impfungen). Deshalb empfiehlt die Stiko vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahren.

5. Das Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) ist eine schwerwiegende, sehr seltene und in einigen Fällen auch tödliche Impfkomplikation der Vektor-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen. Die Melderaten pro 100.000 Impfungen betragen 1,6 Fälle für Vaxzevria bzw. 0,7 Fälle für Covid-19-Vaccine Janssen.

6. Sehr selten können Personen, die mit Vaxzeria bzw. Covid-19-Vaccine Janssen geimpft werden, eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems, ein Guillain-Barre'-Syndrom, entwickeln. Die Melderaten betragen 0,88 bzw. 1,89 Fälle pro 100.000 Impfungen.

7. Als eine weitere schwerwiegende sehr seltene mögliche Nebenwirkung von Vaxzevria wird eine Thrombozytopenie (Immunthrombozytopenie) aufgeführt, die zu lebensbedrohlichen Blutungen Anlass geben kann.

8. Der 16. Sicherheitsbericht des PEI führt auch 1.919 Verdachtsfallmeldungen über einen tödlichen Ausgang in unterschiedlichen zeitlichen Abstand zur Impfung auf. In 78 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfkomplikationen wie den oben genannten in plausiblem Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich angenommen.

9. Bei den seit Ende Mai 2021 durchgeführten Impfungen von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren mit dem Impfstoff Comirnaty sind bei den unerwünschten Impfreaktionen von besonderem Interesse vor allem die Meldungen über Myo- und Perikarditis am bedeutsamsten, wobei auch einzelne Todesfälle in Betracht zu ziehen sind.

10. Wenn ich unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des 16. Sicherheitsberichts eine Nutzen-Risiko-Abwägung der Impfung mit den derzeitig verfügbaren Covid-19-Vakzinen durchführe, komme ich zu dem Ergebnis, dass diese bei älteren Personen bzw. Erwachsenen und solchen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf eindeutig positiv ausfällt. Angesichts des Auftauchens der Omikron-Variante wäre es deshalb wünschenswert, wenn sich die vielen Millionen noch nicht-geimpfter Erwachsener aufgrund einer rationalen Nutzen-Risiko-Abwägung möglichst bald zu einer Impfung entschließen würden.

11. Die Impfempfehlung für gesunde Kinder und Jugendliche bleibt für mich aber weiterhin fragwürdig.5 [19]

12. Falls die neue Omikron-Variante zu schwereren Krankheitsverläufen bei Kindern und Jugendlichen führen sollte, müsste diese Einschätzung jedoch überdacht werden. Drei deutsche Kinderärzteverbände haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme vor einigen Tagen zu dieser Frage geäußert und schreiben, wobei diese Feststellung zum jetzigen Zeitpunkt jedoch mit Vorsicht zu betrachten ist6 [20]:

Die Erkrankungsschwere liegt nach neuen Erkenntnissen allerdings in allen Altersgruppen deutlich unter der der Delta-Variante.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.


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[17] https://bonn.kinderherzen.de/wp-content/uploads/2020/06/Web_kinderherzen_FG_Projektskizze_MYKKE_final.pdf
[18] https://www.heise.de/tp/features/Wie-sicher-sind-die-vier-in-der-EU-zugelassenen-genetischen-Covid-19-Impfstoffe-6251961.html
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