Wir müssen Angriffskriege endlich verurteilen

Seite 2: Unsere seltsame Wahrnehmung von Angriffskriegen

Seit dem Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine am 24. Februar dieses Jahres werden die politische Debatte und die mediale Berichterstattung von ungeschriebenen Regeln bestimmt. Eine davon lautet, dass der andauernde Krieg als Angriffskrieg bezeichnet werden soll.

Das ist nicht falsch, juristisch stimmt es, aber der Begriff ist zugleich ein ideologischer Marker. Wer ihn benutzt, macht seine Positionierung gegen Russland und wohl für die Ukraine deutlich. Wer ihn nicht benutzt, könnte sich verdächtig machen. Denn soll dies dann heißen, dass Russland keinen Angriffskrieg führt?

Der Nachrichtenchef der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Froben Homburger, sagte dazu im Interview mit der Frankfurter Rundschau, die Agentur verwende "meist präzisere Formulierungen wie ‚Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine‘. Das Kurzwort ‚Ukraine-Krieg‘ setzen wir eher mal in knappen Überschriften ein oder aber erst in der Zweit- oder Drittnennung nach der ausführlicheren Bezeichnung."

Seine Ausführungen zur Berichterstattung flankierte der Agentur-Journalist mit einem moralischen Statement: "Wer bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg eine ‚neutrale Haltung‘ für sich beansprucht, setzt sich dem Vorwurf der Gleichgültigkeit gegenüber einem kaum fassbaren Verbrechen aus."

Am 19. März dieses Jahres nun jährt sich der Angriff der USA auf den Irak zum zwanzigsten Mal. 50 Tage vor Kriegsbeginn 2003 sagte der damalige US-Präsident George W. Bush: "Die britische Regierung hat erfahren, dass Saddam Hussein kürzlich große Mengen Uran aus Afrika beschafft hat."

Doch die Dokumente, nach denen der Irak angeblich Uran aus Niger beziehen wollte, stammten aus dem Jahr 2001 und waren gefälscht.

Heute kennen wir die Hintergründe. Ein geheimes Memo über ein zweistündiges Treffen Bushs mit dem britischen Premierminister Tony Blair ist an die Öffentlichkeit gelangt. Das Dokument zeigt, wie Bush und Blair eine geheime Abmachung trafen, den Irak anzugreifen – egal ob Massenvernichtungswaffen gefunden werden oder nicht.

Und nun wird es spannend: Weder deutsche Onlinequellen noch die dpa ordnen das so ein. Hier ein rasches Suchergebnis:

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Natürlich ist der Angriff der russischen Streitkräfte auf die Ukraine völkerrechtswidrig und als Angriffskrieg zu werten. Das Beharren auf dem Terminus "Angriffskrieg" aber zeigt, wie unterschiedlich das Geschehen hierzulande wahrgenommen und bewertet wird. Anders in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Auch das ist ein Grund, warum die westlichen Sanktionen gegen Russland global keine weitreichende Unterstützung finden. Olaf Scholz hat das unlängst in Brasilia zu spüren bekommen.

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Noam Chomsky, C.J. Polychroniou: Chomsky zu Irak-Krieg: Warum die USA mit Völkerrechtsbrüchen davonkommen