"Wir zahlen nicht für Eure Kriege": Am Nerv der Zeit und doch kein großer Wurf

Seite 2: Rüstungskonzerne stilllegen – mit russischen Oppositionellen?

Nur sollten linke Gruppen in Deutschland darüber nicht schweigen und mit den russischen Oppositionellen in eine kritische Diskussion treten. Dann könnte sich auch die Frage stellen, von wem dieser Kolonialismus-Diskurs in die russische Opposition getragen wird? Viele dieser Gruppen arbeiteten schließlich auch mit liberalen Nichtregierungsorganisationen.

Vielleicht könnte über solche und weitere Grundsatzfragen am transnationalen antimilitaristischen Camp der Initiative Rheinmetall Entwaffnen diskutiert werden, das vom 30. August bis 4. September in Kassel unter dem programmatischen Titel "Rüstungskonzerne stilllegen" stattfindet.

Dort geht es eben nicht nur um eine Lahmlegung der russischen Kriegsindustrie, sondern auch der in Deutschland und in allen anderen Ländern. Es sollen also keine russischen IT-Kräfte für EU-Rüstungskonzerne abgeworben werden.

Es wäre natürlich erfreulich, wenn eine solche Auseinandersetzung mit der russischen Opposition gelänge, wenn sie also Teil einer weltweiten Antikriegsbewegung würden, die ihren Kampf gegen russische Oligarchen zum Beispiel mit "Rheinmetall Entwaffnen" verbinden.

Dann würde sich auch zeigen, ob dieser Teil der russischen und belorussischen Opposition überhaupt bereit für eine solche Orientierung ist. Wenn nicht, müsste sich die Frage stellen, ob es noch andere Ansprechpartner in der russischen Opposition gibt.

Schließlich haben mehrere der Vertreter gesagt, dass das Angebot der liberalen Opposition eines russischen Kapitalismus im Stil der EU bei einem Großteil der Bevölkerung in Russland auf wenig Zustimmung stößt.

Dass ist auch nach den Erfahrungen großer Teile der russischen Bevölkerung mit der wirtschaftsliberalen Schocktherapie der Jelzin-Ära wenig verwunderlich. Es gab in den letzten Jahren in Russland auch große soziale Kämpfe, beispielsweise um die Renten, es gab Arbeiterstreiks auch von unabhängigen Gewerkschaftern.

Es gibt als noch mehr Gruppen und Initiativen in Russland, die für eine Kooperation in Frage kämen. Dazu müsste allerdings auch die Antikriegsbewegung in Deutschland wieder ein Faktor werden. Die Organisatoren der Demonstration sprachen schließlich von einen Auftakt.

Der Autor gibt mit Clemens Heni und Gerald Greeneklee das Buch "Nie wieder Krieg ohne uns – Deutschland und die Ukraine" heraus, das im August erscheint.