Wohnungskrise in Deutschland: Parteien drücken sich im Wahlkampf vor Lösungen
So müsste es in deutschen Großstädten aussehen, wenn in ihnen der Mangel an bezahlbarem Wohnraum beseitigt werden soll.
(Bild: Maksim Safaniuk / Shutterstock.com)
Trotz eklatantem Mangel an bezahlbarem Wohnraum spielt das Thema Wohnen im Wahlkampf kaum eine Rolle. Die Parteien scheuen klare Ansagen. Doch der Druck wächst.
Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist von einem knappen Angebot in den Ballungszentren und von explodierenden Mieten geprägt. Dennoch spielt das Thema Wohnen im Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle. Und das verwundert, es handelt sich doch um ein Problem, das für erheblichen Unmut in der Bevölkerung sorgt.
Das Thema drängt, dessen ist sich Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) sicher. "Die Mieten- und Wohnungskrise spitzt sich 2025 weiter zu", erklärte er kürzlich. Steigende Mietpreise würden immer mehr Haushalte an ihre Belastungsgrenze bringen und schon jetzt sei "jeder dritte der 21 Mieterhaushalte durch seine Wohnkosten überlastet". In den Großstädten hätte die Hälfte der Mieter Angst, dass sie ihre Mieten künftig nicht mehr bezahlen könnten.
550.000 Wohnungen fehlen – primär im sozialen Segment
Das Verbändebündnis "Soziales Wohnen" hat kürzlich Zahlen veröffentlicht, welche die Dimension des Wohnungsmangels deutlich machen. Demnach fehlen in Deutschland 550.000 Wohnungen. Allein in Berlin fehlen 35.000 bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen.
Besonders dramatisch ist die Lage im sozialen Segment: Seit Jahren schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen, weil mehr Wohnungen aus der Bindung fallen, als neue entstehen. "Der Bestand an Sozialwohnungen lag 2023 bereits rund 1,2 Millionen Einheiten unter dem Niveau von 2002", erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, in einer Mitteilung.
Hauptprobleme am Wohnungsmarkt
Die Gründe für die angespannte Lage am Wohnungsmarkt sind vielfältig. Zu den wichtigsten zählen:
- Zu wenig Neubau: Bis 2030 werden fast eine Million zusätzliche Sozialwohnungen benötigt. Die scheidende Bundesregierung hatte auch zum Ziel erklärt, jährlich 400.000 Wohnungen bauen zu wollen. Doch die Zahl der Baugenehmigungen ist rückläufig: Bis November 2024 wurden nur knapp 194.000 Baugenehmigungen erteilt, was rund 19 Prozent weniger war als im Vorjahreszeitraum.
- Steigende Mieten: In Großstädten stiegen die Mieten für Neuverträge teils um über 20 Prozent. Viele Gehälter halten nicht Schritt. Und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass die Mieten 2025 weiter steigen werden.
- Mangelnde Investitionen: Es fehlt an Investitionen in den Wohnungsbau, vorwiegend in Wachstumsregionen. Höhere Zinsen und Inflation dämpfen die Bautätigkeit. Das IW geht davon aus, dass in einigen Städten das Interesse der Investoren zwar wieder stärker sein wird – aber nur, weil dort höhere Mieten verlangt und damit auch höhere Renditen erzielt werden können.
- Soziale Spannungen: Der Wohnungsmangel verschärft Konflikte, etwa wenn Flüchtlingsunterkünfte eröffnet werden. Die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlinge stieg 2023 laut Bloomberg um 75 Prozent. Aber auch die Zahl der Straftaten, bei denen Ausländer unter Verdacht standen, sei um 13,5 Prozent gestiegen, nachdem rund eine Million Ukrainer Schutz in Deutschland gesucht haben.
- Leerstand trotz Wohnungsnot: Trotz des Mangels an bezahlbarem Wohnraum standen im Jahr 2022 rund 1,9 Millionen Wohnungen leer. Besonders betroffen sind ländliche Regionen in Ostdeutschland, wo es teilweise Leerstandsquoten von über zehn Prozent gibt. In Großstädten wie Berlin (40.000) und München (20.000) blieben viele Wohnungen ungenutzt. Die Gründe sind vielfältig: Erbfälle, Sanierungsstau oder auch Spekulation auf steigende Preise.
Positionen der Parteien
Zwar erkennen alle Parteien die Notwendigkeit, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch konkrete Vorschläge bleiben rar:
- Die CDU/CSU bekennt sich zum bestehenden Mietrecht, will aber durch Bürokratieabbau und Steuererleichterungen den Wohnungsbau ankurbeln. Im 15-Punkte-Sofortprogramm von Friedrich Merz wird das Thema Wohnen allerdings mit keinem Wort erwähnt.
- SPD, Grüne, Linke und BSW fordern umfassende mietrechtliche Reformen und eine Offensive für bezahlbares Wohnen.
- AfD und FDP planen den Mieterschutz abzuschwächen. Die AfD schlägt vor, Tausende Migranten abzuschieben, um "Platz für Einheimische zu schaffen".
Experten warnen unterdessen vor den Folgen der Wohnungskrise. "Die einzige politische Maßnahme, um dieses Feuer zu löschen, insbesondere in Städten, ist die Investition in Sozialwohnungen", sagt Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) laut Bloomberg. Anhaltende Wohnungsknappheit sei eine "soziale Zeitbombe". Es bleibt abzuwarten, ob dieser Weckruf die Parteien aufrüttelt. Die Wähler werden es ihnen danken.