ZDF-"Schlagabtausch": Öffentlich-rechtlicher Sender als Wahlhelfer?
Bild: © ZDF und Brand New Media.
Neutralität? ZDF-Wahlsendung mit links-grünem Publikum – Einladungspolitik des Senders stellt Fragen. Antworten des Senders lassen einiges offen. Kommentar.
In Deutschland wird in zwei Wochen gewählt. Die Zahl der noch unentschlossenen Wähler ist hoch. Je nach Befragung bis zu 41 Prozent. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hilft Ihnen gern bei der Willensbildung.
Zum Beispiel mit Runden der Spitzenpolitiker der Parteien. Den Anfang machte am vergangenen Donnerstagabend das ZDF. Es hatte Vertreter der kleinen Parteien zum sogenannten "Schlagabtausch" eingeladen.
Schon bei der Vorstellung der Kandidaten konnten erste Zweifel an der Objektivität des Senders kommen: Während sich bei FDP, BSW, AfD und CSU keine Hand im Publikum rührte, wurde bei Grünen und Linken geklatscht.
Und das sollte während der gesamten 90 Minuten so bleiben. Während Aussagen von Lindner, wie "Die AfD macht man nicht klein mit Lichterketten", oder von Wagenknecht, Chrupalla und Dobrindt stumm hingenommen wurden, gab es Beifall für die Aussagen von Banaszak (Grüne) und van Aken (Linke). Beispielsweise als der Bundesvorsitzenden der Grünen meinte:
Die AfD macht man vor allem nicht klein, indem man die Geschichten und die Narrative übernimmt, die diese Partei seit Jahren durchs Land treibt.
Felix Banaszak
Und als der Parteivorsitzende der Linken, van Aken, in Richtung des AfD-Vorsitzenden Chrupalla polterte: "Nun halten Sie doch mal ihren rechten Rand!", da johlten die Zuschauer.
Falscher Eindruck über Ausschnitte
Ausschnitte der Sendung wurden als Originaltöne auch in verschiedenen Rundfunkbeiträgen verwendet. Wer nur diese, zum Beispiel im Deutschlandfunk, hörte, bekam unbewusst den Eindruck vermittelt, dass Grüne und Linke sich besonders gut geschlagen hätten.
Die Zwischenschnitte der Sendung offenbarten: Es handelte sich um ein sehr junges Publikum, das in einem linken Szeneviertel engagiert worden sein könnte. FDP-Chef ätzte denn auch schon in der laufenden Sendung: "Grüne Jugend". Grünen-Chef Banaszak hielt dagegen:
Ich glaube, das sind mündige Menschen, die sich selbst ihre Meinung bilden können.
"Nicht wirklich repräsentativ"
Doch in der Auswertung der Sendung offenbarte Dominik Rzepka, der Hauptstadtkorrespondent des ZDF seiner Moderatorin: Im Studio in Berlin seien viele Studierende der Freien Universität und der Humboldt-Universität gewesen. Und wörtlich:
Das sind zwei eher linke Universitäten. Es war so gesehen nicht wirklich repräsentativ.
Die Entrüstung folgt
Auf den Sozialen Plattformen brach daraufhin ein Sturm der Entrüstung los. So schrieb Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Bundestages von der FDP:
Das ZDF hat nach der gestrigen Sendung Schlagabtausch einiges zu erklären. Denn der Vorwurf, es betätige sich als Wahlhelfer für linke Parteien, lässt sich mit der Auswahl des Studiopublikums leicht erheben.
Es kann nicht sein, dass sich der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk in einer derart sensiblen Phase dieses Wahlkampfgeschehens auf eine solch unanständige Weise einschaltet. Ich erwarte zügig eine Erklärung vom Intendanten des ZDF, denn solche Vorkommnisse ergeben mittlerweile ein ziemlich klares Bild, das mit dem Auftrag dieses Senders nicht ansatzweise in Einklang zu bringen ist.
Wolfgang Kubicki
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Das ZDF antwortet
Das ZDF erklärte daraufhin schriftlich:
Für die ZDF-Sendung "Schlagabtausch" am Donnerstag, 6. Februar 2025, wurde kein Publikum gecastet. Um interessierte Menschen für einen Besuch der Sendung zu gewinnen, wurden im Vorfeld unter anderem auch verschiedene Berliner Institutionen kontaktiert.
Das ist ein übliches Verfahren und erfolgt auch mit Blick auf die Möglichkeit einer kurzen Anreise des Publikums. Kontaktiert wurden unter anderem das J.F.K.-Institut für Nordamerikastudien, Politik- und Kommunikationswissenschaften der Freien Universität, die Hertie School of Governance, die Humboldt-Universität, der Tönissteiner Kreis und die Familienunternehmen e. V.
Pressemitteilung, ZDF
Wer schon einmal bei ARD oder ZDF gearbeitet hat, weiß: Wahlsendungen sind Chefsache. Ein Chef vom Dienst wird Monate vorher für diese Sonderaufgabe freigestellt und bereitet die Sendung mit einem Team akribisch vor.
Nichts wird dem Zufall überlassen
Nichts wird dem Zufall überlassen. Im Zweifel hält man Rücksprache mit der Chefredaktion und dem Informationsdirektor.
Es dürfte auch viele Gebührenzahler wenig beruhigen, dass es beim ÖRR "üblich" ist, Gäste vor allem an Unis zu gewinnen. Und die Pannen nehmen kein Ende. In der ersten Version seiner Verteidigung behauptete das ZDF auch Vertreter der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung eingeladen zu haben.
Doch die liberalen Stiftung erklärte prompt dies sei eine "falsche Behauptung". Das ZDF zog seine Behauptung daraufhin zurück und "bedauerte die falsche Darstellung".
Am heutigen Sonntag produziert nun das ZDF gemeinsam mit der ARD das Duell des Kanzlers Scholz von der SPD gegen seinen Herausforderer Merz von der CDU. In der Vorankündigung heißt es:
"Zuschauerinnen und Zuschauer können im Duell die von beiden vorgetragenen Positionen und Lösungsansätze direkt miteinander vergleichen."
Man darf gespannt sein.