Zum CDU-Parteitag: Was ist konservativ?

Seite 2: Lernen aus der Geschichte

Albert Einstein hat einmal gesagt: "Wir Heutigen nutzen allenfalls zehn Prozent der uns innewohnenden Intelligenz". Wenn wir Heutigen es schaffen, auf vielleicht elf Prozent Intelligenz-Nutzung zu kommen, sind schon viele gegenwärtige Probleme gelöst. Für die hundertprozentige Energiewende zum Beispiel sind bereits alle notwendigen Technologien entwickelt. Wir können sie bis 2030/2035 erreichen.

Franz Josef Strauß war ein konservatives Urgestein der alten Bundesrepublik. Er hat gesagt: "Konservativ heißt, an der Spitze des Fortschritts stehen". Das mag simpel und wahlkämpferisch klingen. Nur: Beim "Bewahren der Schöpfung" gilt dieser Straußsche Imperativ voll umfänglich.

Es ist ein großes Verdienst der CDU/CSU nach 1945, den preußisch-altkonservativen Konservativismus überwunden und sich für einen neuen, liberalen, europäischen, demokratischen und toleranten Konservativismus geöffnet zu haben. Diesem neuen Konservativismus ist gestalten so wichtig wie erhalten. Nur deshalb gelangen Konrad Adenauer und Charles De Gaulle die deutsch-französische Freundschaft und damit die Basis für ein friedliches Europa, das nun auch endlich ein konstruktiveres Verhältnis zum Russland suchen sollte. Vorbild dafür ist die Ostpolitik von Egon Bahr und Willy Brandt.

Wertkonservative lernen aus der Geschichte, dass Nationalismus immer zu Kriegen führte. Sie setzen heute auf friedliche Zusammenarbeit, auf Handel und Wandel, auf Kooperation statt auf Konfrontation. Nationalismus ist nicht konservativ, sondern reaktionär wie "völkisches Denken" oder die Ausgrenzung "der Anderen" oder die Politik von Donald Trump.

Der moderne pragmatische Konservative ist ein Kind des Wandels. Er oder sie verbinden Humanität und Ordnung. In der Liebe gilt die "Ordo amoris" wie es Tomas von Aquin formulierte, aber auch in der Gesellschaft, im Beruf und in der Politik. Diese "Ordo" gilt unabhängig von Geschlecht, Religion, Alter, Hautfarbe. So und nur so wird Demokratie zur Heimat. Und "Law and order" bekommen einen neuen, tieferen Sinn.

Mein Doktorvater Dolf Sternberger nannte diesen neuen Konservativismus "Verfassungspatriotismus". Für ihn war "Frieden der Grund, der Sinn und Zweck der Politik". Also Liebe zum eigenen Land, zu Europa und zu allen Menschen. Die "Anderen" sind dann keine Feinde mehr, sondern Mitmenschen und Mitbürgerinnen. Der Schutz von Ehe und Familie ist schon immer ein konservativer Grundwert. Deren Wesenskern ist Vertrauen und Verlässlichkeit, was selbstverständlich auch für homosexuelle Paare gilt.

Konservativ ist, wer bei wichtigen Entscheidungen auch auf seine Träume achtet und auf sein Gewissen hört. Konservative sind transformationserfahren und arbeiten schon deshalb mit Lust und Freude an einer besseren Zukunft.

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