Zweierlei Maß? Union kritisiert NGOs, fördert eigene Stiftungen
Die Union stellt kritische Fragen zu NGOs und deren staatlicher Förderung. Gleichzeitig ist sie mit eigenen Stiftungen weltweit aktiv. Warum dieser Widerspruch die Glaubwürdigkeit der Partei gefährdet.
Die von Friedrich Merz, Alexander Dobrindt und ihren Fraktionen am 21. Februar gestellte Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU zum Thema "Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen", die als Drucksache 20/15035 veröffentlicht wurde, hat mit ihren 551 meist suggestiven Fragen zu NGOs das politische Klima im Vorfeld der Sondierungsgespräche mit der SPD sichtbar belastet.
Anlass für die Kleine Anfrage waren die Aufrufe zu Demonstrationen, etwa der Omas gegen Rechts.
Im gleichen Atemzug hat man den Fokus jedoch auch auf andere unbequeme Organisationen ausgeweitet, darunter Greenpeace, Foodwatch, Peta, die Amadeu Antonio Stiftung, die Deutsche Umwelthilfe, Animal Rights Watch, den BUND, Correctiv, Campact, Attac, Dezernat Zukunft, Agora Agrar und Agora Enrgiewende sowie das Netzwerk Recherche.
All diese Organisationen der Zivilgesellschaft werden damit dem Verdacht ausgesetzt, dass sie für die Demonstrationsaufrufe Steuergelder eingesetzt hätten, dabei veröffentlichen die gemeinnützigen Vereine seit Jahren schon, woher ihre Mittel stammen und da sind in der Regel keine Staatsgelder dabei.
Aufgrund des Diskontinuitätsprinzips des Bundestags werden mit der Konstituierung des neuen Parlaments im März sämtliche bis dahin unbeantworteten Anfragen hinfällig und somit ist klar, dass man auf die Kleine Anfrage gar keine Antwort erwarten kann.
Die Organisation foodwatch erklärt beispielsweise, dass sie kein Geld vom Staat nehme und das auch in der Vergangenheit nicht gemacht habe. Sie beteiligt sich an der Initiative Transparente Zivilgesellschaft, der sich bislang 1974 Organisationen angeschlossen haben, und legt die Herkunft ihrer Mittel offen. Auch die Deutsche Umwelthilfe legt die Herkunft ihrer Mittel offen.
Auch die mehrfach adressierten Agora Thinktanks versichern, dass sie unabhängig von wirtschaftlichen und parteipolitischen Interessen arbeiten und ihre Finanzierung transparent auf ihren Webseiten kommunizieren. Auch Correctiv nahm der aktuellen Bundesregierung die Arbeit ab und beantwortete die Fragen zu ihrer Finanzierung selbst.
Besonders angegriffen wurde in der Kleinen Anfrage das Bundesprogramm Demokratie leben! des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das 2014 von der schwarz-roten Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel initiiert wurde. Die Bundesregierung will damit ein zivilgesellschaftliches Engagement auf allen Ebenen des Staates für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander sowie die Arbeit gegen Radikalisierungen und Polarisierungen in der Gesellschaft fördern.
Der Tagesspiegel meldet in diesem Zusammenhang:
Die Umweltschutzorganisation BUND erhält aus dem Programm "Demokratie leben!" dieses Jahr 249.820 Euro, Correctiv 140.000 Euro. Campact erhält zwar selbst keine staatlichen Gelder. Allerdings ist sie an HateAid beteiligt, das Opfer digitaler Gewalt unterstützt. HateAid erhält im laufenden Jahr 420.000 Euro.
Andere gelistete Organisationen wie die "Omas gegen Rechts" erhalten keine institutionellen Fördermittel, jedoch können einzelne Ortsgruppen für konkrete Projekte Gelder ihrer Kommune beantragen: Im niedersächsischen Buxtehude etwa bekam die dortige Ortsgruppe von 'Omas gegen Rechts' für ihr Modellprojekt "Stark gegen Rassismus" über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 5.000 Euro.
Wo finden sich die Vorbilder für die CDU/CSU-Anfrage?
In den Vereinigten Staaten geht man noch heftiger gegen die Zivilgesellschaft vor, indem man beispielsweise Greenpeace wegen ihrer Proteste gegen den Bau einer Pipeline im Jahr 2017 in North Dakota zu einer Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 286 Millionen Euro verurteilt wird. Und auch die EU legte bei der Verfolgung von NGOs schon mal vor. Obwohl man dort glaubt, sich vom einschlägigen Modell in Osteuropa deutlich zu unterscheiden.
Wenn sich die Stiftungsorganisationen der deutschen Christenparteien in anderen Ländern engagieren, um dort die Zivilgesellschaft im Interesse ihrer deutschen Ideale zu formen, gilt das natürlich nicht als Einflussnahme, weil in deutschem Interesse.
Die CSU-nahe Hanns Seidel Stiftung ist auch im Ausland aktiv
Die Hanns Seidel Stiftung sucht mit ihren lokalen Partnern in mehr als 60 Ländern den Kontakt zur Zivilgesellschaft in diesen Ländern und will beispielsweise in Thailand eine bürgernahe und in die Gesellschaft integrierte Polizei fördern und greift damit unmittelbar in das politische Machtgefüge des Landes ein, wo bislang ein wohlausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Polizei und Militär herrscht. In Afrika will man u. a. Libyen wieder an deutsche Vorstellungen von politischer Partizipation heranführen.
Ein Schwerpunkt der Arbeit der Hanns Seidel Stiftung ist inzwischen die Unterstützung der Ukraine, der man eine Zukunft in Nato und EU bieten will. Damit gleicht sie in ihrer Arbeit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, die beispielsweise am 11. März 2025 zur dritten Auflage des Cafe Kyiv einlädt.
Übergreifend betont man die Geschichte der Christlichen Demokratie, wobei das christliche Element in vielen Ländern mangels Bekanntheit kaum greift. Grundsätzlich ist sie heute noch auf die europäische und transatlantische Sicherheitspolitik ausgerüstet, will aber die amerikanischen Partner durch die stärkere Formierung Europas entlasten.
Anders als die Schwester-Stiftung in München legt sie einen Schwerpunkt ihrer Arbeit jedoch auf eine Abschreckung Russlands.