mRNA-Vakzine gegen Covid-19: Das Risiko bleibt jung und männlich

Jüngster Sicherheitsbericht des PEI nach einem Jahr Impfkampagne: Herzmuskelentzündung ist schwerwiegende, aber sehr seltene Nebenwirkung. Betroffen ist eine schon bekannte Gruppe

Eine aktuelle Übersicht über die Nebenwirkungen der vier bisher zugelassenen genetischen Impfstoffe nach zwölf Monaten Dauer der Impfkampagne hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 7.2.2022 in seinem 17. Sicherheitsbericht vorgelegt.

Dieser zeigt im Vergleich zum vorherigen Bericht des PEI, dass schwerwiegende Nebenwirkungen und Impfkomplikationen weiterhin sehr selten auftreten. Das gilt insbesondere auch für die Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und die Herzbeutelentzündung (Perikarditis) nach Impfung mit den beiden mRNA-Vakzinen Comirnaty von Biontech-Pfizer und Spikevax von Moderna.

Verdachtsmeldungen bis Ende Dezember 2021

Das PEI berichtet über knapp 245.000 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vom Beginn der Impfkampagne am 27. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2021.

In diesem Zeitraum wurden etwa 149 Millionen Impfungen durchgeführt, davon knapp 111 Millionen mit Comirnaty, etwa 22 Millionen mit Spikevax, knapp 13 Millionen mit Vaxzevria von Astrazeneca und rund 3,6 Millionen mit der Covid-19-Vaccine Janssen von Johnson & Johnson.

Somit ist im Monat Dezember 2021 die Anzahl der mit Comirnaty durchgeführten Impfungen um rund 14 Millionen und der mit Spikevax um rund elf Millionen angestiegen, während bei den beiden Vektor-Impfstoffen nur noch ein ganz geringer Anstieg zu verzeichnen ist.

Seit einer Reihe von Monaten dominieren demnach die beiden mRNA-Impfstoffe das Impfgeschehen in Deutschland, wobei der Impfstoff von Biontech-Pfizer mit großem Abstand an der Spitze steht.

Der am 21.12.2021 in der EU neu zugelassene Proteinimpfstoff Nuvaxovid taucht in der Statistik noch nicht auf, weil er erst in einigen Wochen verfügbar sein wird.

Zur Methodik der Sicherheitsberichte

Die regelmäßigen Sicherheitsberichte des PEI beruhen auf dem in Deutschland etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen.

Diese Meldungen erhalten die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes von Ärztinnen und Ärzten, aber auch anderen Organisationen, wie etwa den Arzneimittelkommissionen der Apotheker bzw. der Ärzte in Deutschland, aber auch von Impflingen und deren Angehörigen.

Das PEI fasst alle Meldungen zusammen, unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung.

Im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen ist es wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind.

Die Meldungen sind also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden.

Dazu führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend sogenannte "Observed-versus-Expected"-Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren, nicht geimpften Bevölkerung verglichen.

Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus. Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich ist.

Zusammenfassung und Überblick

Die Melderate von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen nach Impfung mit den beiden derzeit in Deutschland überwiegend verimpften mRNA-Impfstoffen bis 31.12.2021 beträgt 1,3 pro 1.000 Impfungen für Comirnaty und 1,9 pro 1.000 Impfungen für Spikevax.

Die Gesamtmelderate der als schwerwiegend klassifizierten Fallmeldungen wurde mit 0,2 bzw. 0,1 pro 1.000 Impfungen nach Comirnaty bzw. Spikevax errechnet. Die Auswertung der Meldungen mit Angabe der Impfdosis weist auf eine im Vergleich zur Grundimmunisierung niedrigere Melderate der Booster-Impfungen hin.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass in meiner Darstellung der Sicherheitsberichte des PEI nur die Verdachtsfälle von schwerwiegenden Reaktionen nach der Impfung näher besprochen werden. Dabei handelt es sich um Impfkomplikationen, die mit einer langfristigen erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit einhergehen und zu einer Krankenhauseinweisung oder zum Tode führen können. Diese kommen sehr selten vor.

Als schwerwiegendes, aber sehr seltenes Risiko von Comirnaty und Spikevax sind Myokarditis und/oder Perikarditis zu nennen (weniger als 1 Fall pro 10.000 geimpfte Personen).

Besonders betroffen sind junge Männer und männliche Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren nach der zweiten Dosis. Im Literaturverzeichnis sind 18 wissenschaftliche Arbeiten aufgeführt, die dazu wissenschaftliche Daten liefern.

Bei einer Myokarditis treten erste Beschwerden typischerweise innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Die publizierten Daten weisen auf einen überwiegend blanden Verlauf hin, d.h., die Mehrheit der Patienten mit einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen spricht gut auf Behandlung und Ruhe an und erholt sich rasch, auch wenn im Einzelfall schwerwiegendere und auch tödliche Verläufe beobachtet wurden.

Daten aus mehreren Ländern, u. a. aus Deutschland, deuten darauf hin, dass das Risiko einer Myo-/Perikarditis bei jüngeren Menschen nach Spikevax höher ist als nach Comirnaty, weshalb die Ständige Impfkommission (Stiko) vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahre empfiehlt.

Einzelne Meldungen einer Myo-/Perikarditis wurden dem PEI nach dritter mRNA-Impfung (Boosterimpfung) berichtet, wobei die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach Boosterimpfung geringer ist als nach der Grundimmunisierung. Junge Männer im Alter von 18 bis 29 Jahren könnten aber etwas häufiger betroffen sein als ältere Personen.

Anaphylaktische Reaktionen sind sehr selten beobachtete Nebenwirkungen aller vier zugelassenen Covid-19-Impfstoffe. Dabei ist die Melderate bei Frauen, insbesondere nach der ersten Impfung, mit ca. einem Fall pro 100.000 Impfungen insgesamt höher als bei Männern.

Der Vergleich der Anzahl der dem PEI gemeldeten Fälle eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls nach Impfung mit der in der geimpften Population statistisch zufällig zu erwartenden Anzahl von Herzinfarkten oder Schlaganfällen ergab für die vier Impfstoffe kein Risikosignal, da die gemeldete Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle niedriger war als der statistisch zufällige Erwartungswert. Das Gleiche gilt für Meldungen einer Lungenembolie.

Thrombosen im Sinne eines Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndroms (TTS), zum Beispiel in Form von Sinusvenenthrombosen, sind für Vaxzevria in der Fachinformation als anerkannte, sehr seltene Nebenwirkungen aufgeführt.

Ein Risikosignal wurde, wie auch schon in vorhergehenden Auswertungen, für sehr seltene Sinusvenenthrombosen (ohne gleichzeitige Thrombozytopenie) nach Vaxzevria, nicht aber nach den beiden mRNA-Impfstoffen gefunden.

Die Immunthrombozytopenie (ITP) ist eine Erkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Blutzellen, sogenannte Blutplättchen, angreift, die für eine normale Blutgerinnung benötigt werden. Eine sehr niedrige Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie) kann zu Blutungen führen und schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Die sehr seltenen Meldungen lassen einen Zusammenhang zwischen Immunthrombozytopenie und der Impfung mit Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen vermuten.

Weiterhin wird auf seltene Fälle von venösen Thromboembolien (VTE) nach Covid-19 Vaccine Janssen hingewiesen. In einer von zwei großen klinischen Prüfungen war in der geimpften Gruppe ein höherer Anteil an VTE-Fällen beobachtet worden als in der Placebogruppe.

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine akute Entzündung des peripheren Nervensystems und der Nervenwurzeln (Polyradikuloneuritis). Diese schwerwiegende Erkrankung kann als eine sehr seltene Nebenwirkung der beiden Vektor-basierten Covid-19-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen auftreten und ist in der jeweiligen Fachinformation genannt. Ein Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen konnte bisher nicht hergestellt werden.

Da in den kommenden Monaten in Deutschland angesichts des faktischen Stopps der Verimpfung der beiden Vektor-Impfstoffe Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen (siehe oben) die beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe wahrscheinlich ganz das Feld übernehmen werden, wollen wir uns im Folgenden ansehen, was der neue Sicherheitsbericht des PEI zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen der mRNA-Impfstoffe Comirnaty bzw. Spikevax im Einzelnen herausgefunden hat. Dabei sollen die Ergebnisse bei jungen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.