Afghanistan: Die Zurückgelassenen
"Wertebasierte" Außenpolitik der neuen Berliner Regierung?
Wer Näheres über die neue "wertebasierte" deutsche Außenpolitik wissen will, braucht eigentlich nur einen Blick auf die unglaublichen barbarischen Zustände an der polnisch-weißrussischen Grenze zu werfen. Ein leichtes wäre es, die Menschen nach Deutschland zu holen. Dutzende Städte haben ihre Bereitschaft zur Aufnahme signalisiert und bräuchten lediglich grünes Licht aus Berlin.
Auch der Umgang mit jenen Menschen, die in Afghanistan für die deutschen Truppen oder andere deutsche Institutionen gearbeitet haben und nun Verfolgung durch die neuen Machthaber fürchten müssen oder bereits zu spüren bekommen, spricht Bände.
Verschiedene Privatinitiativen versuchen, die große Lücke zu füllen, die die Untätigkeit des Auswärtigen Amtes und des Innenministeriums hinterlassen hat. Spendengelder haben einigen wenigen die Flucht ermöglichen können, organisiert zum Beispiel von Mission Lifeline, die ansonsten Seenotrettung im Mittelmeer organisiert.
Auf Twitter berichtet einige Helfer über die Situation der von den deutschen Behörden schmählich in Stich gelassenen. Da ist zum Beispiel ein verzweifelter Mann, der evakuiert werden konnte, aber zwei Schwestern zurückließ, die von den Taliban ermordet wurden. Trotz allem lässt man seine Mutter nicht nach Deutschland einreisen.
Offensichtlich ein Schicksal von Zehntausenden. Betroffen sind zum Beispiel ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Welle oder auch des Alphabetisierungsprogramms der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die dem deutschen Entwicklungshilfeministerium untersteht. 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei die Aufnahmezusage verweigert worden, schreibt einer der Koordinatoren der privaten Hilfe auf Twitter.
Erst am vergangenen Dienstag berichteten Betroffene von der Ermordung von vier ehemaligen GIZ-Mitarbeitern. Aus den Botschaften spricht tiefe Verbitterung der Zurückgelassenen und man muss sich wirklich fragen, wie die neue Regierung noch das Wort Menschenrechte in den Mund nehmen und andere Regierungen darüber belehren kann.