Abschiebung von Kindern: UN kritisieren Polen, Baerbock schweigt

Kind in Lager von Geflüchteten in Belarus. Bild: rbc.ru

Experten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte waren weder von Polen noch Belarus in die Grenzregion vorgelassen worden. Das Team trug dennoch besorgniserregende Aussagen zusammen

Eine Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) hat in einer Erklärung kritisiert, dass polnische Sicherheitskräfte einem UN-Team den Zugang zur Grenzregion verwehrt haben. Auch die belarussischen Behörden hätten den UN-Experten den Zugang zum Grenzgebiet von ihrer Seite aus verwehrt, so Elizabeth Throssell über die Mission, die vom 29. November bis zum 3. Dezember dauerte.

Offenbar ist beiden Seiten eine unabhängige Berichterstattung über die Situation der Migranten lästig. In aller Klarheit machte OHCHR-Sprecherin Throssell auf die Menschenrechtsverletzungen beider Seiten aufmerksam. Auch forderte sie die EU und die übrigen EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, auf die Einhaltung der Menschenrechte an den Außengrenzen zu achten.

Auf meine Frage, warum die OHCHR erst jetzt davon berichtet, dass ein Team weder in Polen noch in Belarus Zugang zum Grenzgebiet und damit zu den Flüchtlingen und Migranten ermöglicht wurde, antwortete Throssell:

Unser Team arbeitet seit seiner Rückkehr daran, die Informationen zu analysieren und zu katalogisieren. Das regelmäßige Pressebriefing heute in Genf war die erste Gelegenheit, diese Informationen den Journalisten zu präsentieren.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet hatte schon am 10. November von beiden Staaten die Einhaltung der Menschenrechte und freien Zugang zum Grenzgebiet für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Anwälten und Journalisten gefordert.

Wiederholt haben dies auch die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) gefordert, ohne in Polen und Belarus Gehör zu finden.

Polen hatte den Grenzkonflikt als "hybriden Krieg" seitens Belarus zu einem militärischen Konflikt hochgespielt, bei dem die Migranten als Waffen des Gegners betrachtet und entsprechend behandelt werden. Die EU duldet dies nicht nur, sondern hat das Vorgehen sogar übernommen.

Belarus mimt den unschuldigen Beschützer von Migranten

Belarus gibt sich bislang als unschuldiger Beschützer der Migranten, die aber instrumentalisiert wurden, um Druck auf Polen und Lettland sowie die EU auszuüben. Minsk leugnet, Migranten an die Grenze zu schicken und fordert die EU auf, diese aufzunehmen.

Druck konnte leicht mit schon relativ wenigen Flüchtlingen ausgeübt werden, weil Polen und die baltischen Staaten eine strikte Antimigrationspolitik verfolgen, was sich auch daran erkennen lässt, dass nun die Außengrenzen gegen Flüchtlinge mit Mauern und Stacheldraht "geschützt" werden.

Zwar mischte man als Teil der "Koalition der Willigen" im Irak-Krieg mit – viele der Migranten sind irakische Kurden –, und war auch beteiligt am Afghanistan-Krieg, will nun aber mit den Folgen nichts zu tun haben.

Polen sperrte das Grenzgebiet ab, setzte Militär ein, ließ Hilfsorganisationen nicht zu den Flüchtlingen und Migranten und schickte diese auch mit Gewalt wieder zurück nach Belarus, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, einen Asylantrag zu stellen.

Wer nicht zurückgeschickt wurde, kam in Haft. Wie es scheint, hat dies die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/ Die Grünen) bei ihrem Antrittsbesuch in Polen am 10. Dezember nicht kritisch thematisiert, obgleich sie und die Grünen ansonsten die Menschenrechte hochhalten – etwa mit Blick auf die innenpolitische Situation in Russland und Belarus.

Bei Ihrem Besuch in Großbritannien dann erwähnte sie den Fall des inhaftierten und gesundheitlich massiv angeschlagenen Journalisten und Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht. Beides lässt nichts Gutes von der angekündigten "wertegeleitete Außenpolitik" erwarten, die bislang recht einseitig ausfällt.

Auch wenn das UN-Team nicht in die Grenzregion zwischen Polen und Belarus reisen durfte, um sich über die Lage der Flüchtlinge und Migranten, die sich dort aufhalten, zu informieren, konnten die Experten mit 31 Personen sprechen, aus Weißrussland nach Polen gekommen waren. Sie berichteten, so Throssell, "von schlechten Bedingungen auf beiden Seiten der Grenze, sie hatten keinen Zugang zu Lebensmitteln, sauberem Wasser und Unterkünften bei oft eisigen Temperaturen".

Die meisten hätten gesagt, sie seien in Belarus "von Sicherheitskräften geschlagen oder bedroht worden", manche hätten viel Geld für Wasser und Lebensmittel verlangt. Diese hätten sie auch gezwungen, die Grenze zu überqueren, und befohlen, wann und wo sie dies machen sollten.

Überdies hätten sie Menschen gehindert, die Grenze wieder Richtung Minsk zu verlassen. Das OHCHR hat die Regierung in Minsk nun aufgefordert, die Anschuldigungen über Misshandlungen und Gewalt zu untersuchen und diese Praktiken zu stoppen.