Arktis: Zeitbombe Meereis
Dickes Eis wird im hohen Norden zur Rarität und der Eisdeckel auf dem Polarmeer damit immer instabiler
Um das Eis auf dem Arktischen Ozean ist es schlecht bestellt. Nicht nur, dass es sich im Sommer tendenziell immer weiter zurückzieht. Auch seine Dicke nimmt seit mehreren Jahrzehnten immer weiter ab.
Die Auswertung von Satellitendaten zeigt, dass das Eis im Jahresdurchschnitt 2021 nur noch 13.308 Kubikkilometer betrug. Anfang der 1980er-Jahre lag dieser Wert noch bei über 20.000, manchmal sogar bei über 22.000 Kubikkilometern.
In der Abnahme des Volumens spiegelt sich zum einen die geringere Ausdehnung des Sommereises wider, aber vor allem auch die Abnahme des mehrjährigen Eises, wie es sich in der Eisdicke ausdrückt.
Übersteht das Eis den Sommer, so wächst es im nachfolgenden Winter weiter. Einjähriges Eis ist zu Beginn des Sommers meistens maximal einen Meter dick.
Auch Stürme spielen eine Rolle, die Eisschollen zusammenschieben und übereinander türmen. Generell gilt: Je älter das Eis, desto dicker ist es. Besonders dramatisch ist der Rückgang in der Region, wo bisher das dickste Eis zu finden ist, und zwar nördlich Grönlands und nördlich der benachbarten kanadischen Inselwelt.
Auf der Internetseite von Zachary Labe, der am Institut für Atmosphärenwissenschaften der Universität von Colorado arbeitet, zeigen verschiedene Grafiken und Gifs den zunehmenden Niedergang des arktischen Eispanzers.
Pro Sommersaison kann etwa ein Meter Eis abtauen
Eisvolumen und Eisdicke sind wichtige Indikatoren für die Stabilität des Eises. Pro Sommersaison kann etwa ein Meter Eis abtauen. Je mehr sich die Eisdicke diesem Wert nähert, desto wahrscheinlicher wird es, dass das Meereis im Sommer gänzlich verschwindet.
Noch in den 1970er-Jahren hatte das Eis eine durchschnittliche Dicke von rund fünf Metern, heute ist fünf Meter dickes Eis auf dem Polarmeer eine große Seltenheit, wie unter anderem dänische Daten zeigen.
Verlässliche Satellitendaten gibt es seit Ende der 1970er-Jahre und bereits in den 1980er-Jahren zeigte sich in den Daten ein Trend zur Abnahme der Eisdicke.
Aus den Messungen sowohl der sowjetischen als auch der US-Marine ist jedoch bekannt, dass das Eis in den 1960er-Jahren noch dicker war, als zehn oder 15 Jahre später. Die Daten wurden von Atom-U-Booten aufgenommen, mit denen die beiden Supermächte sich einst unter dem Eis belauerten.
Das Meereis hat keinen Einfluss auf den Meeresspiegel, weil es genau so viel Wasser verdrängt, wie es bindet. Aber sein Verschwinden hätte weitreichende Konsequenzen für das Klima der Nordhalbkugel.
Das Nordmeer würde sich, vom reflektierenden Eis befreit, in den Sommermonaten erheblich durch die rund um die Uhr scheinende Sonne erwärmen und damit die Klimazonen der gemäßigten und nördlichen Breiten massiv durcheinander würfeln.
Unter anderem würden die hohen Breiten mit ihrem dauerhaft gefrorenen Boden erwärmt und dieser Permafrost aufgetaut. Tatsächlich ist diese Entwicklung bereits im Gang und wird von einem Teil der Wissenschaftler mit großer Sorge beobachtet.