Braunkohle: Vorerst kein Abriss

Kohlebagger vor Lützerath Mitte Oktober 2021. Bild: Wolfgang Pomrehn

RWE macht taktischen Rückzug und räumt Galgenfrist ein. Am Tagebau Garzweiler 2 soll es in diesem Jahr keine Enteignung vor der Enteignung mehr geben

Erleichterung am Tagebau Garzweiler 2 im Rheinland. Der Braunkohlekonzern RWE verzichtet vorerst auf den Abriss eines umkämpften Bauernhofes in Lützerath, nordöstlich von Aachen. Das berichtet das Bündnis "Alle Dörfer bleiben", in dem sich Anwohner der Tagebau im Rheinland, in der Lausitz und im Leipziger Land zusammengeschlossen haben.

Wie berichtet (Braunkohle: Enteignung vor der Enteignung?) wehrt sich in Lützerath, einem Dorf unmittelbar an der Tagebau-Kante, der Landwirt Eckardt Heukamp gegen die Enteignung seines Landes und seines in der vierten Generation bewirtschafteten Hofes. Nachdem er sich geweigert hat, an RWE zu verkaufen, ist er nun im Enteignungsverfahren.

Der Konzern hat allerdings eine sogenannte vorzeitige Besitzeinweisung beantragt. Er würde gerne den Hof noch in diesem Winter abreißen, noch bevor das Enteignungsverfahren abgeschlossen ist.
Heukamp hatte dagegen Widerspruch eingelegt, war kürzlich in der ersten Instanz abgewiesen worden und hat dagegen vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster Beschwerde eingelegt.

RWE hat nun zugesichert, die Entscheidung der zweiten Instanz – allerdings nicht den Abschluss des eigentlichen Enteignungsverfahrens – abzuwarten. In Münster wird voraussichtlich Anfang Januar entschieden.

Offenbar stichelt der Konzern dennoch weiter. Die Häuser einiger Nachbarn wurden bereits letzten Winter abgerissen. Bewohner eines Protestcamps in Lützerath berichten, dass Vorkehrungen für den Abriss weiterer Häuser in Heukamps unmittelbarer Nachbarschaft getroffen werden.

Das Bündnis "Alle Dörfer bleiben" ruft derweil die in Berlin verhandelnden Parteien auf, die gewonnene Zeit zu nutzen und einen schnelleren Kohleausstieg zu beschließen. Damit könne das Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten und zugleich Lützerath gerettet werden.

"Alle drei Koalitionsparteien haben in ihrem Wahlkampf versprochen, die 1,5°-Grenze einzuhalten. Der Tagebau Garzweiler muss dafür laut Wissenschaft 2026 stillstehen und Lützerath erhalten werden. Durch den gerichtlichen Aufschub besteht nun ein ausreichendes Zeitfenster, um genau das politisch zu beschließen. Wir erwarten von SPD, FDP und insbesondere von den Grünen, dass sie den Hof von Eckardt Heukamp retten und das Zeitalter endlich beenden, in dem Menschen für den Abbau klimaschädlicher Braunkohle enteignet werden."
Alexandra Brüne, "Alle Dörfer bleiben"

In Lützerath kommen derzeit jeden Sonntag Hunderte Menschen zu Dorfspaziergängen. Für den kommenden Sonntag ist eine größere Demonstration "zum Schutz des Dorfes und der 1,5 Grad-Grenze" geplant, wie es bei "Alle Dörfer bleiben" heißt. Neben dem Bündnis rufen auch die Jugend-Klimaschutzbewegung Fridays for Future und viele andere Gruppen auf.