Corona-Todesfälle: Steigende Übersterblichkeit
In Deutschland sterben inzwischen Woche für Woche rund 25 Prozent mehr Menschen als in Zeiten ohne Pandemie
Noch in der ersten Corona-Welle hatte man aus Deutschland mit wohligem Gruseln auf die Berge von Särgen in Italien oder den USA geschaut und sich dabei selbstgefällig auf die Schulter geklopft. Irgendwie, meinte man, sei man doch ganz glimpflich davon gekommen.
Davon kann inzwischen seit langem keine Rede mehr sein. Seit vielen Wochen rangiert Deutschland im internationalen Vergleich sowohl bei der Zahl der täglich Neuinfizierten als auch bei der der Todesfälle unter den ersten zehn Staaten, übertroffen meist nur von den USA und Brasilien, zuletzt bei den Infektionen auch von Großbritannien, Spanien und Russland.
Über 1.000 Menschen sterben hierzulande (weltweit knapp 15.000) derzeit täglich an dem Virus, und das Ausmaß wird inzwischen auch in den Zahlen der Statistiker mehr als deutlich. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik (destatis) vom Freitag starben in der 51. Kalenderwoche zwischen dem 14. und 20 Dezember 2020 in Deutschland insgesamt 23.600 Menschen.
Das waren 24 Prozent oder 4.568 mehr als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Die Zahl deckt sich gut mit der der gemeldeten Covid-Todesfälle, die destatis mit 4.484 und ein Rechercheprojekt der Funke-Medien-Gruppe mit 4.291 angibt.
Damit ist die Übersterblichkeit in Deutschland inzwischen in der Größenordnung der viel zitierten Grippewelle im März 2019, allerdings mit einem großen Unterschied. Im März 2019 wurde dieses Niveau lediglich in einer, nämlich der 10. Kalenderwoche erreicht.
Die Corona bedingte Übersterblichkeit nimmt hingegen von Woche zu Woche zu, wie eine Grafik in der oben verlinkten destatis-Pressemitteilung zeigt. Zwischenzeitlich ist zudem die Zahl der gemeldeten Corona-Todesfälle weiter gestiegen. In der ersten Kalenderwoche 2021 (4. bis 10. Januar) lag sie bereits bei 6.146.
Und die Tendenz ist weiter zunehmend. Bis Samstagmorgen lag die Zahl aller bundesweit gemeldeten Todesfälle bereits bei 46.223, dem Zehnfachen der chinesischen Corona-Opfer. Die Bilder von Särgen, die in den Krematorien kaum noch Platz finden, kommen inzwischen aus Deutschland.
Auch lässt sich aus den Angaben des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung Maybritt Illner schließen, dass es inzwischen eine stille Triage gibt.
Auf den meist am Limit arbeitenden Intensivstationen lägen inzwischen hauptsächlich Babyboomer aus Risikogruppen, also Menschen um die 60. Die in den Pflegeheimen Erkrankenden würden hingegen in der Regel dort sterben. In der ersten Welle habe es sich gezeigt, dass sie auch mit der besten intensiv-medizinischen Betreuung meist nicht zu retten seien.
Nun könnte man meinen, dass der Ansatz des destatis, einfach den Durchschnitt der vier Vorjahre zum Maßstab zu nehmen, einen falschen Eindruck ergibt. Immerhin nimmt die Zahl der Todesfälle aufgrund der Alterung der Gesellschaft zu. Von 2000 bis 2019 um rund 100.000, wie die entsprechenden Tabellen der Bundesstatistiker zeigen. Das wäre ein Anstieg um durchschnittlich 5.000 pro Jahr.
Oder mit anderen Worten: Dieser Langzeittrend ist viel zu klein, als dass er die Übersterblichkeit durch die Covid-19-Pandemie verdecken könnte. Die Übersterblichkeit ist sehr real und bestätigt die Zahl der gemeldeten Todesfälle.
Das verharmlosende "gestorben an oder mit Corona", das inzwischen auch seinen Weg in die Nachrichten der öffentlich-rechtlicher Sender gefunden hat, entbehrt also jeder Grundlage. Die Menschen wären ohne den Virus offensichtlich nicht gestorben.