Die "Ampel", China und die Menschenrechte
Der Koalitionsvertrag lässt keinen Zweifel: Fest an der Seite der USA soll es gegen China gehen. Schutz der Menschenrechte scheint vorgeschoben. Ein Kommentar
Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, dass der Koalitionsvertrag der "Ampel"-Parteien in Beijing (Peking) auf Unmut gestoßen ist. China habe die sich vermutlich bald bildende Bundesregierung aufgefordert, sich nicht in seine inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen.
Im Vertrag wird eine enge Anbindung an die – nicht gerade freundliche – US-Politik gegenüber China angekündigt und "Erwartung(en) an die chinesische Außenpolitik" formuliert. Den Unmut in Beijing dürfte diese Haltung vordergründig im Kontext der fehlenden Entschuldigung für die deutschen Kolonialverbrechen in China erregen.
Man wolle "klar Chinas Menschenrechtsverletzungen, besonders in Xinjiang" thematisieren, heißt es im Vertrag. Dagegen wäre ja nichts auszusetzen, wenn das künftig auch bei Besuchen in Ankara, im Frontex-Hauptquartier oder beim neuerdings verbündeten kolumbianischen Militär geschähe.
Doch wird es nicht. Zumindest wird es nicht im Koalitionsvertrag erwähnt. Das Wort "Menschenrechtsverletzungen" kommt genau zweimal vor. Einmal an der oben zitierten Stelle und einmal in einem allgemeinen internationalen Zusammenhang.
Naheliegendere Fälle, wie die zahllosen Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen oder beim Nato-Partner Türkei werden nicht erwähnt.
Auffallend ist auch, dass die Ausweitung der Beziehungen zu Japan und Indien betont wird, zwei Frontstaaten, mit denen die USA versuchen, ein Bündnis gegen China zu schmieden.
"Wir haben ein herausragendes Interesse an der Vertiefung unserer strategischen Partnerschaft mit Indien durch die Umsetzung der Agenda für die deutsch-indische Partnerschaft und der EU-Indien Konnektivitätspartnerschaft", heißt es im Koalitionsvertrag.
Indien wird von einer hindunationalistischen Partei mit nationalsozialistischen Traditionen und Verwicklungen in verschiedene antimuslimische Pogrome regiert. Premierminister Narendra Modi war 2002 Regierungschef in seiner Heimatprovinz Gujarat, als dort ein vermutlich organisierter Mob von Hindus nach inoffiziellen Angaben über 1.000 Muslime ermordete.
Die Polizei griff seinerzeit nicht ein, und blieb volle drei Tage untätig. Minister sollen während dieser Zeit im zentralen Kontrollzentrum der Polizei gesessen haben, und die Zurückhaltung geht unter Umständen auf direkte Anweisung Modis zurück, wie Zeugenaussagen nahelegen.
Da stellt sich schon die Frage, weshalb in den Abschnitten des Koalitionsvertrages über Indien das Stichwort "Menschenrechte" fehlt. Womöglich geht es den drei Koalitionären gar nicht um Menschenrechte?