Energiewende: Noch viel zu tun
Erstmals Rückgang bei der Grünstromerzeugung in 2021. Ausbau müsste massiv beschleunigt werden, auch um die AKW zeitnah zu ersetzen
In Deutschland war 2021 kein gutes Jahr für die erneuerbaren Energieträger. Die Stromerzeugung aus Windkraftanlagen ging erstmals seit 2016 zurück. 2020 war die Rekordmenge von 129,6 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) ins Netz eingespeist worden, 2021 waren es nur 113,21 Terawattstunden, wie die Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zeigen.
Der Rückgang lag hauptsächlich an den Wetterverhältnissen. 2021 gab es weniger Wind. Für die Branche kommt das nicht unbedingt überraschend, denn dass die Erträge witterungsbedingt von Jahr zu Jahr variieren, ist seit Längerem bekannt. Ebenso war klar, dass 2020 überdurchschnittlich windreich war und ein so gutes Ergebnis nicht so schnell wieder zu erwarten ist, wenn nicht deutlich mehr Anlagen installiert werden.
Ausbau lahmt
Und daran hat es 2021 wiederum stark gehapert. Aus einer anderen Aufstellung des besagten Fraunhofer-Instituts geht hervor, dass 2021 auf See keinerlei neue Windkraftanlagen ans Netz angeschlossen wurden. An Land wuchs die Leistung ebenfalls eher geringfügig um 1,6 Gigawatt.
Zuvor waren in einigen guten Jahren an Land schon bis zu fünf Gigawatt hinzugekommen. Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht vor, dass künftig jährlich an Land Anlagen mit einer Leistung von vier und auf See von 2,5 Gigawatt errichtet werden.
Kritiker merken allerdings an, dass das zu wenig ist. In verschiedenen Szenarien geht die Energy Watch Group davon aus, dass drei bis fünf Gigawatt jährlich nötig sind, um bis 2030 eine klimaneutrale Stromproduktion aufzubauen. Allerdings geht sie dabei von einem extrem hohen Zubau bei der Solarenergie aus. (Die Studie beschreibt außerdem, welcher Ausbau von Übertragungsleitungen und Speichern notwendig wäre.)
Volker Quaschning von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft hat in einer anderen Studie untersucht, wie bis 2035 Klimaneutralität der Stromerzeugung zu erreichen wäre. Er setzt ein deutlich geringeres Tempo beim Solarausbau an, das allerdings immer noch eine Versiebenfachung des derzeitigen jährlichen Zubaus bedeuten würde. Beim Windausbau wären nach seiner Rechnung zehn Gigawatt jährlich an Land und weitere 4,4 Gigawatt auf See nötig.
Nach der Atomkraft
Aber zurück zu den Erzeugungsdaten aus dem zurückliegenden Jahr. Im Gegensatz zur Windenergie hat die Solarstromerzeugung etwas zugenommen. Insgesamt ist aber der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Nettostromerzeugung im öffentlichen Netz erstmalig zurückgegangen. 2020 hatten Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse 50 Prozent geliefert, 2021 waren es hingegen nur gut 45 Prozent.
Das liegt allerdings neben dem Rückgang beim Windstrom auch daran, dass 2020 aufgrund des Einbruchs durch die Corona-Pandemie die Nachfrage nach Strom deutlich zurückging. Entsprechend konnten die Kohlekraftwerke weniger Strom absetzen, da der saubere Strom Vorrang im Netz hat.
2021 haben die Kohlekraftwerke wieder mehr Strom geliefert und damit auch mehr Treibhausgase emittiert, lagen allerdings knapp unter dem – im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren niedrigen – Niveau von 2019. Oder mit anderen Worten: Der Trend zeigt weiter nach unten, wenn man 2020 als Ausnahme ansieht.
Wie sich die Emissionen der Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren entwickeln, bleibt abzuwarten. Am 31. Dezember wurden drei Atomkraftwerke abgeschaltet und Ende 2022 werden die letzten drei folgen.
Die Frage wird dann sein, wie der Atomstrom ersetzt wird. Wird beim Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen durchgestartet, springen Kohlekraftwerke als Lückenbüßer ein, oder sorgen CO₂-Preis und staatliche Regulierung dafür, dass Gaskraftwerke vermehrt zum Zuge kommen.