Hochwasser: Wo wiederaufbauen?
Soforthilfe beschlossen, aber Milliarden schweres Aufbauprogramm nötig. Aktienkurse der Versicherer steigen.
Nun hat die Bundesregierung ein erstes Paket für Soforthilfen verabschiedet. 400 Millionen Euro soll es geben, je zur Hälfte von Bund und Ländern, hieß es in der Tagesschau. Aber zunächst ist das wenig mehr als eine – nicht unwichtige – Geste. Für jeden betroffenen Haushalt soll es etwa 3.500 Euro geben, wird erwartet. Der Bundesinnenminister verspricht unbürokratische Auszahlung. Man wird sehen.
Eine erste Schadensabschätzung wird für Ende des Monats erwartet. Der Deutsche Gemeinde und Städtetag schätzt, dass allein zwei Milliarden Euro für den Wiederaufbau von Brücken ausgegeben werden muss. Darüber hinaus sind Straßen und mehrere Hundert Kilometer Bahnnetz beschädigt.
Eine besonders schwere Last haben viele Privathaushalte zu tragen. Die Versicherungsbranche geht davon aus, dass sie bis zu fünf Milliarden Euro wird auszahlen müssen. Dabei haben nicht einmal die Hälfte aller Hausbesitzer eine Elementarschadensversicherung, die hier greifen würde, meint Klaus Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
An der Börse legten derweil die Kurse der Versicherer kräftig zu, da mit einem Preisanstieg bei den Policen gerechnet wird. Der Markt regelt es mal wieder auf seine besondere Weise: Des einen Leid ist dem anderen seine Freud.
Umsiedeln?
Fragt sich, wie und was wieder aufgebaut wird. Die Klimareporter haben den Risikoforscher Ortwin Renn dazu interviewt. Renn plädiert in Einzelfällen, dort, wo mit wiederkehrenden Hochwassern zu rechnen ist, für eine Verlagerung von Siedlungen. Ansonsten ist er aber eher für Polder, also Flächen, in die Hochwasser im Notfall abgeleitet wird.
In beiden Fällen wäre es sicherlich sinnvoll, wenn die Kommunen oder Länder Geld in die Hand nehmen, um Umsiedlungen finanziell zu unterstützen, und die Besitzer von potenziellen Polder-Flächen entweder entschädigen oder ihnen das Land abkaufen.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert beim Wiederaufbau, den Hochwasserschutz nicht zu vergessen und ihn ökologisch zu gestalten. Die zerstörten Gebäude an Ort und Stelle wieder aufzubauen, sei in manchen Fällen ein fataler und für die Menschen gefährlicher Irrweg. Wichtig sei unter anderem, den Flüssen mehr Raum zu geben.
"Den in den Regionen betroffenen Menschen muss jetzt schnellstmöglich dabei geholfen werden, wieder ein Dach über dem Kopf zu bekommen. Wichtig ist dabei aber: Damit die Menschen beim nächsten Hochwasser nicht wieder alles verlieren, dürfen manche Gebäude nicht wieder am gleichen Ort errichtet werden. Wir können es uns angesichts der Klimakrise nicht mehr erlauben, in natürlichen Überschwemmungsgebieten Häuser zu bauen und müssen landwirtschaftlich genutzte Flächen in Flussnähe der Natur wieder zurückgeben.“
Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer