Paraguay-Putschist sorgt in Berlin für Furore

Opposition protestiert gegen Einladung des Außenministers von Paraguay. FDP steht der De-facto-Regierung nicht das erste Mal bei

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Die Einladung des Außenministers von Paraguay nach Berlin hat heute für massive Proteste gesorgt. In seltener Einigkeit veröffentlichten Parlamentarier von SPD, Grünen und Linkspartei eine Protesterklärung gegen den Besuch José Felix Fernández Estigarribias von der liberalen Partei PLRA. Die Oppositionspolitiker warfen der Bundesregierung und vor allem dem FDP-geführten Außenministerium vor, die international isolierte De-facto-Regierung Paraguays legitimieren zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass entsprechende Vorwürfe gegen die Lateinamerika-Politik der deutschen Liberalen erhoben werden.

Die aktuelle Regierung Paraguays unter Führung des liberalen Politikers Federico Franco hatte die Macht ergriffen, nachdem Präsident Fernando Lugo am 22. Juni vergangenen Jahres von einer rechtsgerichteten Parlamentsmehrheit binnen weniger Stunden abgesetzt worden war ( Linker Präsident in Paraguay abgesetzt). Paraguay wurde daraufhin aus allen relevanten Staatenbündnissen der Region ausgeschlossen.

"Die Umstände der Absetzung desdemokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugoim vergangenen Jahr widersprachen jeglichen demokratischen Standards", schreiben nun die gut ein Dutzend Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken. Innerhalb von nur 24 Stunden sei das Amtsenthebungsverfahren durchgesetzt worden, Präsident Lugo selbst habe es als "Express-Staatsstreich" bezeichnet, heißt es in der Bundestagserklärung. Zudem wiesen die Unterzeichner darauf hin, dass Außenminister Fernández Estigarribia Landnahme zugunsten seiner Familie vorgeworfen wird.

Der so Gescholtene trat den Vorwürfen bestmöglich entgegen. "Wir sind nur von einigen wenigen (Staaten) isoliert, nicht von allen, nur von sieben oder acht Staaten", sagte er im Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur EFE. Er selbst habe ein "hervorragendes" Gespräch mit seinem Amtskollegen Westerwelle über die Lage in Lateinamerika und über die in Paraguay bevorstehenden Wahlen geführt, so Fernández Estigarribia weiter.

An der Kritik der Opposition änderte das wenig. Sie forderte die Bundesregierung auf, "öffentlich deutlich zu machen, dass Deutschland die De-facto-Regierung nicht als demokratisch anerkannte Regierung, sondern einzig als Übergangsverwalter bis zu den Wahlen anerkennt". Die Bundesregierung wäre die erste europäische Regierung, die nach dem institutionellen Staatsstreich von 2012einen Vertreter der illegitimen Regierung Paraguays empfangen würde. Sie müsse daher deutlich machen, dass es sich nicht um eine rückwirkende Anerkennung handele.

Nach Ansicht von Vertretern der Oppositionsparteien im Bundestag steht vor allem die FDP hinter der Einladung des Politikers der PLRA, die - ebenso wie die FDP --Mitglied in der "Liberalen Internationale" ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass die FDP ihren umstrittenen Parteifreunden im fernen Paraguay Schützenhilfe bietet. Nur zwei Tage nach dem Sturz von Präsident Lugo hatte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) das Geschehen in Paraguay im vergangenen Juni als rechtmäßig bezeichnet ( Paraguay: "Bedenklich und moralisch korrupt"). "Ich bin kein Experte für Verfassungsrecht dieses Landes, aber als Politiker weiß ich, dass das Ergebnis der Abstimmung in der Abgeordnetenkammer eine klare politische Botschaft ist", hatte die Tageszeitung La Nación Niebel zitiert. Der FDP-Mann hatte das Land unmittelbar nach dem Sturz Lugos besucht und war mit dessen Nachfolger Franco zusammengekommen.