Böser kleiner Satellit

Die RIAA verklagt Audiogalaxy

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Die Recording Industry Association of America (RIAA) hat am Freitag eine Klage gegen die Musik-Tauschbörse Audiogalaxy eingereicht. Damit landet nun auch der letzte große Napster-Konkurrent vor Gericht. Freunde obskurer Musik werden sich wohl bald auf kleine, Genre-spezifische Tauschbörsen verlassen müssen.

Rare Bootlegs? Seltene DJ-Sets? Obskure Bastard Pop-Tracks? (Verbotene Musik) Wer im Netz Musik abseits des Mainstreams sucht, stößt dabei früher oder später automatisch auf Audiogalaxy. Begonnen hat diese Site als Webhoster für unbekannte Bands, berühmt geworden ist sie jedoch erst durch die Audiogalaxy Satellite genannte Tauschbörse. Dieser Ruhm könnte der Firma nun zum Verhängnis werden. Am Freitag reichte die RIAA in New York eine Klage gegen die texanischen Betreiber des Tauschangebots ein. In der Klageschrift heißt es, Audiogalaxy betreibe wie Napster ein System, das "wissentlich, vorsätzlich und absichtlich" dazu entworfen worden sei, Millionen von Nutzern den Download Copyright-geschützter Musik zu ermöglichen.

Audiogalaxy ist eine der letzten verbliebenen Tauschbörsen der ersten Generation, die noch wie Napster auf einen zentralen Server zur Beantwortung der Suchabfragen setzen. Besonders beliebt ist der Service deshalb, weil sich der Index nicht nur auf die Songs beschränkt, die online verfügbar sind. Statt dessen wird jeder Song, der jemals über das System zum Tausch freigegeben wurde, in einer großen Datenbank erfasst. Mittlerweile umfasst diese Datenbank rund 300 Millionen einzelne Titel - Doppelnennungen unter verschiedenen Namen mit eingeschlossen.

RIAA klagt trotz Filtern

Audiogalaxy war der Musikindustrie bereits zu Napster-Zeiten aufgefallen. Doch anders als Napster versuchte die Tauschbörse nie, sich zum Gegner der Musikindustrie zu stilisieren. Statt dessen bemühte man sich um Understatement und kooperierte, wo es ging. Als die RIAA im Frühjahr 2001 eine Liste mit zu sperrenden Songs an diverse Tauschbörsen verschickte, reagierte Audiogalaxy prompt. Zu zahlreichen Titeln heißt es seitdem nur noch: "Dieser Song ist wegen Copyright-Beschränkungen nicht abrufbar."

In den Folgemonaten wurde die Liste der gefilterten Songs mehrmals aktualisiert. Doch Audiogalaxy-Nutzer haben sich immer wieder neue Tricks einfallen lassen, um diese Sperren zu umgehen. Dazu gehörten sowohl ungewöhnliche Umbenennungen als auch der Tausch ganzer Alben als Zip-Datei. Bereits im Herbst vergangenen Jahres tauchte deshalb das Gerücht auf, Audiogalaxy habe bald mit einer Klage zu rechnen (Nächstes Ziel: Audiogalaxy). Die Firma verschärfte daraufhin ihre Filtermaßnahmen noch einmal erheblich.

Doch offenbar hatte die RIAA damals genug mit ihren Klagen gegen Morpheus und KaZaA zu tun, um mit Audiogalaxy noch eine neue Front aufzumachen. Nun scheint die KaZaA-Klage vor dem Scheitern zu stehen, da die ursprünglichen Besitzer der Tauschbörse zahlungsunfähig sind (Fasttracks wundersame Wandlungen). Morpheus-Betreiber Streamcast hat offenbar ebenfalls akute Geldsorgen. Zwar wirft die Tauschbörse nach neuesten Schätzungen rund 450.000 Dollar Werbeeinnahmen pro Monat ab. Doch letzte Woche trennte sich Streamcast aus Kostengründen von seinem bisherigen Anwalt.

Audiogalaxy könnte bald vor ähnlichen Problemen stehen. Lange Zeit setzte die Firma auf den Werbemarkt, mittlerweile verdient sie ihr Geld hauptsächlich durch die Kombination des eigenen Clients mit als Spyware verschriener Software wie Gator. Immerhin hat sich Audiogalaxy als einzige Tauschbörse einen Stamm von Abonnenten sichern können. Branchenkennern zufolge zahlen rund 75.000 Nutzer 3 Dollar pro Monat für das Spyware-freie Audiogalaxy-Gold-Angebot.