"Traum des europäischen Hauses ist gescheitert"

Seite 3: Klingbeil: Russland-Passus im SPD-Programm überholt

Bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang auch eine Wortmeldung des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, der anlässlich der beiden Gedenktage eine neue Ostpolitik angekündigt hat. Im Interview mit der Tageszeitung Welt am Sonntag sagte er:

Wir haben uns zu stark auf Russland konzentriert. Künftig müssen wir viel stärker mit den osteuropäischen Staaten kooperieren.

Klingbeil nahm damit ausdrücklich Abstand von einem Satz im Grundsatzprogramm der SPD. Dort heißt es bislang:

Die strategische Partnerschaft mit Russland ist für Deutschland und die Europäische Union unverzichtbar. Die Öffnung Russlands sichert Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent.

Dies stimme angesichts des Kriegsausbruchs nicht mehr, so Klingbeil, der eine Auseinandersetzung über die SPD-Ostpolitik in der Internationalen Kommission der SPD ankündigte.

Unklar scheint nach diesem 8. und 9. Mai, wie der Westen und Russland auch langfristig zu einer friedlichen Koexistenz finden können. Putin jedenfalls machte bei seiner Rede deutlich, dass er die Schuld für Eskalation und Krieg nicht bei sich sieht.

Russland habe trotz aller Meinungsverschiedenheiten in den internationalen Beziehungen "immer die Schaffung eines Systems gleicher und unteilbarer Sicherheit befürwortet, eines Systems, das für die gesamte Weltgemeinschaft von entscheidender Bedeutung ist", sagte der russische Präsident in seiner Rede.

Im vergangenen Dezember habe seine Regierung vorgeschlagen, einen Vertrag über kollektive Sicherheit abzuschließen. Russland forderte den Westen zu einem fairen Dialog auf, nach vernünftigen Kompromisslösungen zu suchen und die Interessen des anderen zu berücksichtigen. "Alles ist umsonst. Die Nato-Länder wollten uns nicht hören, was bedeutet, dass sie tatsächlich völlig andere Pläne hatten. Und wir haben es gesehen", so Putin.