Sicherheitskonferenz 2018: Gabriel, May, Juncker, Morawiecki und Kurz

Sigmar Gabriel. Bildquelle: MSC / Mueller

Der deutsche Noch-Außenminister will die Russlandsanktionen nur "schrittweise" abbauen und der österreichische Kanzler präsentiert dem Brüsseler Kommissar sein Gegenmodell einer Entwicklung der EU

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Erster Redner auf der Münchner Sicherheitskonferenz war heute der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel. Der SPD-Politiker ist derzeit nur mehr geschäftsführend im Amt. In einer neuen Koalition will ihn die SPD Medienberichten nach durch Katarina Barley ersetzen, weil er sich undiplomatisch äußerte, nachdem ihm Martin Schulz seinen Ministerposten wegnehmen wollte. Die Bild-Zeitung meinte zu seiner heutigen Ansprache: "Fast ist es so, als wolle er […] zeigen, wie wichtig es wäre, dass er die Zukunft mitgestaltet und nicht in den politischen Vorruhestand geht."

Tatsächlich versuchte Gabriel, sich etwas diplomatischer zu äußern als letzte Woche. Den amerikanischen Präsidenten Donald Trump kritisierte er nicht etwa mit einem seiner Tochter in den Mund gelegten Zitat als "Mann mit den verpflanzten Haaren auf dem Kopf", sondern nur indirekt mit Verweisen auf einen Mangel an "Berechenbarkeit" und "Verlässlichkeit". "Wir", so Gabriel, "sind uns nicht mehr sicher, ob wir unser Amerika noch wiedererkennen. Sind es Taten, sind es Worte, sind es Tweets, an denen wir Amerika messen müssen?"

In Syrien sieht Gabriel - ohne die USA und die Türkei namentlich zu nennen - eine "akute Kriegsgefahr selbst für unsere engen Partner", in Ostasien hat ein olympischer Frieden seiner Ansicht nach einer "brandgefährlichen Eskalation" nur eine Atempause verschafft. Dem chinesischen Seidenstraßenprojekt will er "eigene [europäische] Ideen entgegensetzen". Auch Russland hält der deutsche Außenminister für eine Bedrohung, weshalb er die Sanktionen gegen das Land, die der deutschen und europäischen Wirtschaft massiv schaden, nur "schrittweise" abbauen möchte.

Brexit nur dem Namen nach?

Theresa May hat in ihrer Partei (noch) einen etwas besseren Stand als Gabriel in der SPD. Sie konzentrierte sich in ihrer Rede erwartungsgemäß auf Fragen rund um den Brexit und wies anschließend Forderungen nach einer Wiederholung des Brexit-Referendums "bis es passt" zurück. Dafür will sie sich nicht nur im Bereich Sicherheit, sondern auch in anderen Bereichen eng an die EU koppeln. Eine Art formaler, aber nicht wirklich inhaltlicher Brexit, wie ihre Kritiker bei den Tories mutmaßen, die Jacob Rees Mogg als ihren Nachfolger propagieren.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte mit seiner Begrüßung "Grüß Gott und Guten Tag", dass er die kulturdiplomatisch richtige Reihenfolge in München beherrscht. Er wirkte äußerlich nüchtern - inhaltlich gab er sich wie gewohnt als EU-Euphoriker, der Verteidigungsausgaben europäisieren und Einstimmigkeitsanforderungen abschaffen will, um die EU "weltpolitikfähig" zu machen. Die NATO lobte er als Projekt, "an dem wir auch wegen der Interessenslage künftiger Generationen, strikt festhalten müssen."

Juncker vs. Kurz

Danach sprachen zwei von Junckers wichtigsten Kritiker in der EU: Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki konzentrierte sich in seiner Ansprache allerdings weniger auf Brüssel als auf das von ihm als größere Bedrohung empfundene Moskau, während der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sein bereits bekanntes Gegenmodell zu Junckers EU-Plänen präsentierte: Eine Konzentration auf die Sicherung der Außengrenzen bei gleichzeitigem Abbau der Regulierung von Fragen, die dem Subsidiaritätsprinzip nach bei den Nationalstaaten und Regionen bürgernäher aufgehoben sind (vgl. EU-Reform: Juncker vs. Kurz). Gehe man den bisherigen Weg weiter, so Kurz, würden die Fliehkräfte in der Union noch stärker werden als sie jetzt schon sind.