Trump will mit Präsidentenerlass gegen Antisemitismus in Schulen und Universitäten vorgehen

Donald Trump bei Verkündigung der Anordnung. Bild: Weißes Haus

Der US-Präsident stützt sich auf die "Arbeitsdefinition" der IHRA, die auch die Hochschulrektorenkonferenz übernommen hat und auch Kritik an Israel als antisemtisch brandmarkt

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Der Antisemitismus scheint wieder zuzunehmen und mit dem Aufstieg der rechtsnationalen und rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien verbunden zu sein. Am Dienstag hatten ein Mann und eine Frau, die der Black Hebrew Israelite Group nahestehen sollen, zunächst einen Polizisten ermordet und waren dann zu einem koscheren Supermarkt gefahren, wo sie drei Menschen töteten, ein verletzter Kunde konnte entkommen. Anschließend lieferten sie sich eine einstündige Schießerei mit der Polizei, bis sie von dieser erschossen wurde. Es gilt als ein mögliches Hassverbrechen und könnte sich um einen antisemitischen Amoklauf handeln, der sich gegen die wachsende jüdische bzw. chassidische Gemeinde in der Stadt gerichtet haben könnte. Die Black Hebrew Israelites sind Afroamerikaner, die sagen, dass sie direkt von den alten Israeliten abstammen. Vorgeworfen wird ihnen, dass sie einen schwarzen Suprematismus vertreten und antisemitisch seien.

Präsident Donald Trump hat sich zwar als Rassist und als Nationalist geoutet, Antisemitismus kann man ihm aber nicht vorwerfen. Ganz im Gegenteil ist er auch über seinen Schwiegersohn mit Israel und mit Netanjahu eng verbunden. Jetzt hat er zum Beginn des jüdischen Chanukka-Festes eine Anordnung erlassen, mit der der in den USA zunehmende Antisemitismus in Wort und Tat an Schulen und Universitäten bekämpft werden soll. Universitäten sollen Bundesgelder vorenthalten werden, wenn sie nicht entschieden genug gegen Antisemitismus vorgehen. Angewiesen werden auch die anderen Ministerien, gegen den Antisemitismus vorzugehen.

"Das bösartige, von Hass gefüllte Gift des Antisemitismus muss überall und wo es auftaucht verurteilt und bekämpft werden", so Trump im Factsheet des Weißen Hauses zur Initiative. Er werde immer die Juden ehren und den Staat Israel unterstützen, sagte er. Der israelische Außenminister Israel Katz begrüßte das Vorgehen Trumps. Ein Mitarbeiter des Weißen Hauses soll gesagt haben, dass sich Antisemitismus gerne in der Kritik an Israel verberge.

Das Judentum wird von Trump als religiöse Gemeinschaft definiert, weswegen auch Kritik am Staat Israel antisemitisch sein könne. Grundlage ist Arbeitsdefinition des International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), die seit 2010 vom US-Außenministerium und auch von der Bundesregierung und dem deutschen Parlament , zuletzt auch von der Hochschulrektorenkonferenz übernommen wurde, die wie nun Trump vorgeblich den Antisemitismus an den Universitäten bekämpfen will, aber kritisiert wird, weil mit der vagen Arbeitsdefinition womöglich auch Kritik am Staat Israel als jüdischem Kollektiv oder Judentum verpönt und mundtot gemacht werden kann

Gegen BDS, aber auch gegen die Kritik an der Regierung Israels

Es geht Donald Trump dabei offenbar weniger um den rechten Antisemitismus, sondern um die Abwehr von Kritik an der israelischen Regierung und am Staat Israel und vor allem um die Bekämpfung der Boykottbewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS). Die ursprünglich palästinensische Bewegung sagt, sie sei von der Anti-Apartheid-Bewegung gegen Südafrika, inspitiert worden, sie fordert dazu auf, Israel dazu zu bringen, das internationale Recht einzuhalten: "Israel besetzt und kolonisiert palästinensisches Land, diskriminiert palästinensische Bürger Israels und verwehrt palästinensischen Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat." Israel, so der Vorwurf, übe "Kolonialismus, Apartheid und Besetzung" mit internationaler Unterstützung aus. Gefordert werden Boykotte des "Apartheid-Regimes".

Trump ist im Wahlkampfmodus, er verweist darauf, dass 18 demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus eine Resolution in Unterstützung der BDS-Bewegung eingebracht haben, die antisemitisch sei. Sie hätten die Unterstützung von Israel mit der des Nazideutschlands verglichen. Tatsächlich hatten die Abgeordneten am 16. Juli eine Resolution von Ilhan Omar eingebracht, mit der das Recht eingefordert wurde, an Boykotten zu Bürger- und Menschenrechtsverletzungen teilnehmen zu können. Der von Trump behauptete Vergleich wurde nicht gezogen, vielmehr wurde auf eine Tradition solcher Bewegungen hingewiesen, darunter gegen die "japanische Aggression" 1937 und 1938, gegen Nazi-Deutschland 1933-1941 in Reaktion "auf die Entmenschlichung der Juden bis zum Holocaust", der Boykott der Olympischen Spiele 1980 und der Boykott südafrikanischer Güter in Opposition zur herrschenden Apartheid in den 1980er Jahren.

Dagegen wurde am 23. Juli eine Resolution mit nur 17 Gegenstimmen verabschiedet, nach der die BDS-Bewegung verurteilt wurde, die die Legitimität "des Landes und seiner Bevölkerung" untergrabe und "Kollektivschuld, Massenbestrafung und Gruppenisolation" befürworte.

Trump beruft sich auf das Bürgerrechtsgesetz (Civil Rights Act) von 1964, nachdem das Bildungsministerium Gelder für Hochschulen oder Bildungsprogramme nach Artikel VI blockieren kann, wenn dort Diskriminierung auf der Grundlage der Rasse, der Hautfarbe, der Religion oder der nationalen Herkunft geschieht. Das Gesetz bezieht sich auf die Diskriminierung von Personen. Jetzt soll auch die religiöse Gemeinschaft einbezogen werden.

Der Anstoß dazu kam, wie die New York Times berichtet, von Kenneth L. Marcus, dem Leiter des Büros für Bürgerrechte im Bildungsministerium, der schon seit Jahren das Ziel verfolge, das Judentum als "nationale Herkunft" wie Italienisch oder Polnisch zu bezeichnen, um gegen Antisemitismus in den Hochschulen vorgehen zu können. Marcus versucht bereits mit Prozessen gegen mutmaßliche antisemitische Diskriminierungen an Hochschulen vorzugehen, aber kam unter Kritik, die Meinungsfreiheit und die Rechte anderer Minderheiten zu begrenzen sowie das Verständnis von Antisemitismus zu überdehnen.

Meinungsfreiheit und Meinungsfreiheit

Auch bei den amerikanischen Juden stieß Trumps Initiative nicht unbedingt auf Zustimmung. So sagte Halie Soifer vom Jewish Democratic Council of America: "It is the height of hypocrisy for President Trump to sign an executive order that he claims will combat antisemitism … The timing of this signing reveals this is a PR stunt, plain and simple. If President Trump truly wanted to address the scourge of antisemitism he helped to create, he would accept responsibility for his role emboldening white nationalism, perpetuating antisemitic conspiracy theories, and repeating stereotypes that have led to violence targeting Jews."

Im März hatte Trump eine Anordnung erlassen, nach der Universitäten die Redefreiheit und den offenen Dialog wahren wollten. Auch hier wird mit dem Entzug von Bundesgeldern gedroht. Damals ging es allerdings vor allem darum, unter dem Deckmantel des Schutzes der Meinungsfreiheit gegen Universitäten vorzugehen, die Auftritte von Rechten untersagt haben, die sich gegen die "rigide, linksextreme Ideologie" wenden. Universitäten würden speech codes" "safe spaces" und "trigger warnings" benutzen, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken: "If a college or university does not allow you to speak, we will not give them money. It's that simple."