Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine: Fortsetzung folgt, geschossen wird weiter

Ein ausgebrannter Schützenpanzer nach Kampfhandlungen in der nordostukrainischen Stadt Konotop am 25. Februar. Foto: Vyacheslav (В’ячеслав) / CC-BY-SA-4.0

Die Positionen von Moskau und Kiew liegen weit auseinander. Während weitere Gespräche vereinbart sind, schreitet auch die Eskalation voran

In der Ukraine wird weiter gekämpft – und nur ein Waffenstillstand könnte die für die Zivilbevölkerung furchtbare Situation beenden. Hoffnungen lagen aus diesem Grund auf Verhandlungen, die es gestern zwischen der russischen und der ukrainischen Seite in der Region Gomel an der ukrainisch-belorussischen Grenze gab.

Beide Verhandlungsdelegationen waren hochrangig besetzt: Von russischer Seiten kamen ein Berater Putins mit dem stellvertretenden Außen- und Verteidigungsminister, von ukrainischer Seite ebenso ein Präsidentenberater und der Verteidigungsminister mit weiteren Offiziellen.

Über das Ergebnis der mehrstündigen Verhandlungen waren dann "externe Beobachter zufriedener als die Konfliktparteien selbst", wie es die Moskauer Zeitung Nesawisimaja Gaseta es ausdrückt. Die Positionen der Verhandlungspartner lagen äußerst weit auseinander. Die Ukrainer verlangen einen sofortigen Abzug aller russischer Truppen, auch von der Halbinsel Krim und aus dem Donbass.

Was will Russland?

Die russische Position, die die Nachrichtenagentur RIA Nowosti darlegt, ist genau entgegengesetzt. Eine Verpflichtung zur "Entmilitarisierung" der Ukraine und zeitgleich "Neutralität" ist hier die Forderung an die Gegenseite, wobei die Kombination aus beiden die Ukraine dem russischen Wohlwollen ohne Möglichkeit der Gegenwehr ausliefern würde. Weiterhin fordert Russland von der Ukraine die Anerkennung der Krim als russisches Territorium.

Über detaillierte Kriegsziele Russlands schreibt die Nesawisimaja Gaseta. Sie hält Forderungen an die Ukraine nach einer Föderalisierung des aktuell zentralistisch organisierten Staates für wahrscheinlich. Bei einem längeren Kriegsverlauf würden darüber hinaus Forderungen nach einer generellen Teilung der Ukraine absehbar – die Zeitung verwies dabei auf Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und offenere Worte des Vorsitzenden des Staatsrates der Krim, Wladimir Konstantinow, wonach "die Ukraine als ein einheitlicher Staat, wie es scheint, aus dieser Situation nicht herauskommen wird".

Selenskyj von Verhandlungen enttäuscht

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer Videobotschaft über das Zwischenergebnis der Verhandlungen allgemein, dass Signale ausgetauscht worden seien, dass die Delegationen nun zurückkehrten und dann entschieden werde, wie eine zweite Verhandlungsrunde angegangen werden könne. Russland habe durch verstärkten Beschuss Druck auf die Verhandlungen ausgeübt, was nicht akzeptabel sei. Bisher habe man noch nicht das Ergebnis, das man gerne hätte.

Die positivsten Bewertungen der Verhandlungen kommen, wie die Nesawisimaja Gaseta feststellte, von außerhalb. UN-Generalsekretär António Guterres äußerte die Hoffnung, dass der Dialog beider Seiten zu einer diplomatischen Lösung führen werde. Der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun nannte die Verhandlungen den letzten Weg für eine Lösung der Situation.

Weitere Verhandlungsrunden geplant

Insgesamt gegen also die Verhandlungen nur mit dem Ergebnis zu Ende, dass es nicht die letzten sein werden. Sie werden nach Konsultationen der Delegationen in ihren jeweiligen Hauptstädten in einigen Tagen fortgesetzt. Neben den sehr weit auseinander liegenden Positionen werden sie erschwert von weiteren Kämpfen und einem völlig fehlenden, wirklich neutralen Vermittler.

Während der Verhandlungen meldete die russische Seite Eroberungen im Donbass und Angriffe auf die südukrainische Großstadt Cherson. Berichtet wird von einem US-Satellitenbetreiber von großen russischen Militärkolonnen kurz vor Kiew. Die Meldungen beider Seiten sind dabei mit Vorsicht zu genießen, ebenso wie ausschließlich auf einer Seite basierende Pressemeldungen.

Für Schlagzeilen hatte bereits am Sonntag die russische Alarmierung sogenannter Eindämmungsstreitkräfte gesorgt. Zu diesen gehören auch strategische Nukleartruppen, daneben die Einheiten, die die neuen Hyperschallraketen bedienen, gegen die es bei Abschuss kaum Abwehrmöglichkeiten gibt.

In Russland setzen sich unterdessen die Protestaktionen von Kriegsgegnern fort, es kam allein gestern zu über 400 Festnahmen, was deren Anzahl laut der oppositionellen Webseite OVD-Info auf 6.440 Personen erhöhte.