100 Millionen weltweit auf der Flucht – die meisten im eigenen Land

Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Geflohenen und Vertriebenen weltweit mehr als verdoppelt – allein in den letzten zwei Jahren stieg sie um 20 Millionen.

Mehr als 100 Millionen Menschen – das entspricht in etwa der Einwohnerzahl Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zusammen – befinden sich nach aktuellen Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR weltweit auf der Flucht.

Die Zahl der geflohenen und vertriebenen Menschen hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt und in diesem Jahr die 100-Millionen-Marke überschritten, wie das UNHCR am Donnerstag mitteilte. 42,5 Millionen hatte es im Jahr 2012 gezählt, knapp 60 Millionen im Jahr 2015. Mitte 2020 waren es 80 Millionen.

Ukrainerinnen und Ukrainer sind in diesem Jahr innerhalb weniger Wochen zur zweitgrößten Flüchtlingsgruppe der Welt geworden, nach Syrerinnen und Syrern, heißt es im UNHCR-Bericht. 4,9 Millionen Menschen flüchteten demnach bislang aus der Ukraine, aus Syrien knapp sieben Millionen.

Laut Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) könnten sich bald noch weit mehr Menschen aus dem Globalen Süden auf den gefährlichen Weg machen, denn es drohe "die schwerste Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg", warnte Schulze laut Agenturberichten am Donnerstag in Berlin. Hintergrund ist der Krieg in der Ukraine, der unter anderem den Export von Getreide verhindert. Eine Katastrophe sei das vor allem für Entwicklungsländer, die selbst von Armut, Trockenheit und Hunger betroffen seien und zudem Millionen Geflüchtete aufgenommen hätten, so Schulze.

Gefährliche Wege aus Drittländern

Medienberichte über Menschen, die auf der Flucht sterben, handeln meist von Bootsunglücken im Mittelmeer, aber auch für Geflohene, die schon wesentlich weiter gekommen sind, kann die Flucht bis zur letzten Minute gefährlich bleiben. So starb vor wenigen Tagen in München die 15-jährige Melike Akbas – rund drei Wochen nach einem Stromschlag aus der Bahn-Oberleitung, den sie erlitten hatte, als sie mit einer Gruppe kurdischer Geflüchteter am Bahnhof Trudering bei München aus einem Güterzug sprang. Zwei Verletzte wurden zunächst in ein künstliches Koma versetzt.

Der Güterzug kam aus Italien, dessen Status als "sicheres Drittland" schon vor Jahren von deutschen Verwaltungsgerichten angezweifelt wurde, weil es keine menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete bereitstellt.

Anders als zum Teil in Deutschland wahrgenommen, findet sich die Mehrheit der Geflüchteten weltweit aber nicht in mittel- oder nordeuropäischen Ländern wieder. Mehr als die Hälfte, nämlich 53,2 Millionen, sind laut UNHCR Binnenflüchtlinge und Binnenvertriebene, die jeweils nur in einem anderen Teil des eigenen Landes unterkommen.

Ihre Zahl stieg im Vergleich zu 2020 um 5,2 Millionen, was laut UNHCR auf die zunehmende Gewalt in mehreren Ländern zurückzuführen ist, darunter, Myanmar, die äthiopischen Region Tigray. Auch Konflikte in der Sahelzone führten demnach zu neuen Binnenvertreibungen, vor allem in Burkina Faso und im Tschad.